Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 31

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Es werden mehr Frauen als bisher in den Genuss dieser Familienleistung kommen. Wenn die SPÖ bei ihrem Nein bleibt, dann hätte das, hätte sie die Mehrheit, bedeutet, dass 15 000 Mütter nicht in den Genuss des Kindergeldes oder Karenzgeldes oder jedenfalls nicht in den Genuss des ganzen Kindergeldes kämen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eigentlich unerhört, so etwas!)  – Das finden wir eben nicht fair. Alle sind uns gleich viel wert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In diesen Tagen wird viel über Armutsbekämpfung diskutiert, und ich finde das auch notwendig. Was mich immer noch trifft und was ich eigentlich als Schande für eine relativ wohlhabende Gesellschaft wie die unsere empfinde, ist, dass wir immer noch rund 150 000 Kinder haben, die in Armut leben, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Manche werden fragen: Wo sind die Taten? – Meine Damen und Herren! Beim Kindergeld sehen Sie die Taten.

Die unabhängigen Wirtschaftsforscher haben nachgerechnet und festgestellt, dass die Verteilungswirkung des neuen Kinderbetreuungsgeldes besonders wichtig ist. Praktisch die Hälfte dieser zusätzlichen rund 9 Milliarden Schilling kommen dem untersten Einkommensdrittel zugute. Das ist gelebte Armutsbekämpfung. Daher verstehe ich überhaupt nicht, warum Sie von der Linken so spröd und so harsch dagegen auftreten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das ist die eine Sache, die andere ist – und das muss man ganz klar auf den Punkt bringen – die dramatische demographische Entwicklung, die uns natürlich auch Sorgen macht. Beim Europäischen Rat in Stockholm vor wenigen Wochen war dies ja ein nachhaltiges und sehr wichtiges Thema. Es ist nicht nur Österreich davon betroffen, sondern die gesamte europäische Gesellschaft ist von zwei Tendenzen betroffen: Wir leben länger – das ist gut –, aber wir haben auch weniger Kinder – und das ist schlecht, denn damit entsteht eine demographische Lücke, die ein echtes Problem wird.

Wir brauchen ja nur die Zahl der Geburten anzuschauen: Im Jahr 1992 – das ist gar nicht so lange her – hatten wir insgesamt immerhin über 95 000 Geburten. Vor weniger als zehn Jahren hatten wir noch über 95 000 Geburten, jetzt sind wir mit 78 000 Geburten auf dem Tiefststand! Das ist nicht nur ein materielles Problem für die Generationensolidarität, sondern das ist auch ein Problem des Herzlichkeitsgrades einer Gesellschaft. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) Eine Gesellschaft mit weniger Kindern ist eine weniger bunte Gesellschaft, eine weniger fröhliche Gesellschaft und auch eine weniger integrative Gesellschaft, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Unser gesamtes Sozialsystem lebt von der Solidarität und von der Kontinuität der Generationen. Kein Pensionssystem, das auf einem Umlageverfahren beruht, kann seine Stabilität wahren, wenn die Pensionistengeneration von einer zu kleinen Erwerbsgeneration getragen werden soll. Auch kein Gesundheitssystem – noch dazu ein so gutes wie das österreichische – wird seinen hohen Standard halten, wenn jener Altersgruppe, die einen sehr hohen medizinischen Aufwand hat, nicht eine Generation gegenübersteht, die dies durch ihre solidarische Beitragsleistung ausgleicht. (Abg. Sophie Bauer: Aber diese Generation hat es sich vorher auch bezahlt!)

Mit anderen Worten: Wenn die Demographie aus dem Gleichgewicht gerät, dann sind der Generationenvertrag und die Generationensolidarität in Gefahr. Nirgendwo wird die Solidarität der Generationen besser gelebt und besser erfahren als in der Familie, zumal wenn auch die Großeltern-, die Eltern- und die Kinder- oder die Enkelkindergeneration mit dabei ist. Daher ist die Familie der zentrale Ort, an dem diese Solidarität erfahren, gelebt und erprobt wird. Wir sorgen uns um diese Solidarität durch ein wesentlich verbessertes Pensionssystem.

Worauf wir alle, die wir diesen Vorschlag unterbreiten, stolz sein können, ist, dass wir zum ersten Mal in der Geschichte des österreichischen Pensionsversicherungssystems die Kindererziehungszeit – 18 Monate im Moment – als pensionsbegründende Zeit bewerten. Das ist ein Qualitätssprung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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