Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 56

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Alle, die hier sitzen – alle, die hier sitzen! –, ob hier im Plenum oder auf den Zuschauerrängen, und alle, die uns heute zusehen, sind Nutznießer und Beitragszahler der österreichischen Sozialversicherung, die auf der Arbeitsleistung seiner Menschen beruht und eine gut funktionierende Sozialversicherung ist. (Abg. Gaugg: Wir kommen alle in Ihr Penthouse auf Besuch! Die Bankkunden müssen Ihre Wohnung zahlen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das stammt nicht von mir, das entnehme ich einem ÖVP-Papier vom Jänner dieses Jahres. Also: Wie schaut es denn jetzt aus mit dem schlecht funktionierenden Sozialversicherungssystem?

Zum Zweiten: Eine starke Selbstverwaltung der Sozialversicherung ist eine wichtige Säule der demokratischen Ordnung (Abg. Großruck: Jawohl!), weil unsere wesentlichen Lebensbereiche wie Kranken- und Altersvorsorge, Unfall und Arbeitslosigkeit die Übernahme der politischen Verantwortung vorsehen. – Was Sie heute machen, ist die Entmachtung dieser Selbstverwaltung. – Das wird zu beweisen sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Stimmt ja nicht! Genau das Gegenteil!)

Sie strapazieren in jedem Ihrer Redebeiträge, dass Sie 104 Mandate haben. – Warum anerkennen Sie selbst nicht Ihre eigenen Gesetze, die Sie im Vorjahr verlangt haben? Bis zur Durchführung von Urwahlen, so haben Sie im Vorjahr festgelegt, "erfolgt die Entsendung von Versicherungsvertretern in die Sozialversicherung durch einen Kammertagsbeschluss beziehungsweise einen Voll- oder Hauptversammlungsbeschluss nach dem D’Hondtschen Verfahren bis zum Ende des Jahres 2000." – Die Ergebnisse haben Ihnen nicht gepasst, daher machen Sie jetzt wieder eine Anlassgesetzgebung, damit Sie das wieder umdrehen können. Das ist der wahre Hintergrund und nicht die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der SPÖ.)

Das wird auch noch untermauert mit dem nächsten Satz in Ihrem Regierungsübereinkommen:

"Damit wird der Entsendung eine eindeutige demokratische Legitimation zugrunde gelegt und in einem abgesicherten Wahlgang abgehandelt."

Das Ergebnis desselben hat Ihnen nicht gepasst, daher: Anlassgesetzgebung. Farbenspiele und Mandats-Geilheit Ihrer Fraktionen stehen dabei im Vordergrund, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich persönlich bin der Überzeugung – und das ist ebenfalls nachweisbar –, dass es Ihnen in Wirklichkeit um etwas ganz anderes geht: um eine Aufbereitung für eine andere Politik. – Und da stehen Ihnen viele im Wege, auch Arbeitgeber stehen Ihnen dabei im Wege; ich werde auch das noch begründen.

Die Aufbereitung für eine andere Politik lässt sich beweisen durch die Einführung einer Ambulanzgebühr, lässt sich beweisen durch die Besteuerung der Unfallrenten, lässt sich beweisen durch den Wegfall der Mitversicherung. (Abg. Großruck: Durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes!) Es ist auch ein Eingriff in die Selbstverwaltung, dass Sie regionale Entscheidungsträger einschränken wollen, wenn sie Leistungen für ihre Versicherten, die sie sich leisten können, verbessert abgeben können. – Ihre Debatte im heurigen und vergangenen Jahr zur Gesundheitspolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Und, meine Damen und Herren: Wer wehrt sich denn gegen das umfassende Nutzen der Sozialversicherungseinrichtungen? – Sie haben hier im Parlament Anträge eingebracht und diskutiert, wonach zum Beispiel die Einrichtungen der sozialen Sicherheit – ich denke hier an die Zahnambulatorien – nicht gleich behandelt werden wie die freien Zahnärzte, die vor ihrer Ordination Plakate aufhängen können: Kommen Sie zu mir!, die vor ihrer Ordination Flugblätter verteilen können: Kommen Sie zu mir! Den Zahnambulatorien, den hervorragenden Zahnambulatorien, gestehen Sie das nicht zu, damit Sie später sagen können, sie wirtschaften nicht gut. – Das ist nicht Marktwirtschaft, wie wir sie verstehen, das ist Einschränkung, die Sie in Wirklichkeit im Auge haben, und die wollen Sie auch hier fortsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)


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