Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 89. Sitzung / Seite 68

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Sie, Frau Außenministerin, waren dazu nicht in der Lage. Wir Abgeordneten haben das getan. Ich danke den Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Einsicht hatten und hier durchaus konstruktiv mit uns zusammengearbeitet haben, und selbstverständlich danke ich den Abgeordneten der Opposition, die es so weit gebracht haben, dass das ursprüngliche Gesetz nicht mehr aufrechtzuerhalten war.

Wo hat es das jemals gegeben, dass in einer Regierungsvorlage sogar der Titel zurückgezogen werden musste, weil nicht einmal der Titel gehalten hat!

Gut, Strich darunter! Mit dem kleinen Gelöbnis: Ich werde das nie wieder tun!, sind wir diesmal – kurz vor Weihnachten – ausnahmsweise zufrieden.

Und jetzt zu den Inhalten: Es ist einiges geblieben, der größte Giftzahn ist gezogen, einige Giftzähnchen befinden sich noch im vorliegenden Entwurf.

Erstens: Warum soll es Freiheitsstrafen geben, wenn ein vertrauliches Dokument weitergegeben wird? Das ist doch völlig unverhältnismäßig! Frau Ministerin, Sie wissen doch ganz genau, wie viele vertrauliche Dokumente es gibt und wie schnell ein Dokument gerade in der Republik Österreich vertraulich wird. Wenn das seinen Amtsweg geht, wenn das irgendwo kurz vom Amtsweg abkommt und einen Umweg macht, dann droht eine Gefängnisstrafe? – Das ist doch maßlos übertrieben und ein Mittel zur Einschüchterung von Beamtinnen und Beamten, um zu verhindern, dass diese in bestimmten Situationen der Öffentlichkeit und auch Abgeordneten Zugang zu Informationen ermöglichen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weiters: Jeder/jede, der/die auch nur an vertraulichen Dokumenten anstreift, sollen sicherheits- und verlässlichkeitsüberprüft werden. Wollen Sie wirklich bei etwa 3 500 EU-Vorlagen mit dem Stempel "vertraulich", "geheim" oder "streng geheim" auf alle, die im Amtsweg damit zu tun haben, eine Abordnung der Staatspolizei oder des Heeres-Abwehramtes loslassen? Sollen wirklich, bevor jemand einen Aktendeckel öffnet, auf dem EU-mäßig "vertraulich" draufsteht, seine Familie, seine Freunde, seine finanziellen Verhältnisse, also alles staatspolizeilich über-prüft werden?! (Abg. Öllinger: Fingerprint!) Wollen Sie wirklich zuerst die Fingerabdrücke und alles andere abnehmen lassen, bevor der Beamte überhaupt den Aktendeckel berühren darf? Ist das die Vorstellung von Informationspolitik in der Zukunft der Republik Österreich?

Frau Bundesminister, Sie haben ja keine Ahnung, was Sie den armen Staatspolizisten zumuten! Die können das ja gar nicht, wir haben keine derart große Staatspolizei. Das wäre in anderen Zeiten und in anderen Staatsformen möglicherweise mit anderen staatspolizeilichen Apparaten gegangen. Aber Sie konnten uns im Ausschuss ja nicht einmal vorrechnen, wie viele zusätzliche Staatspolizisten dafür gebraucht würden.

Nur ein kleines Detail: Auf meine Frage, wie Sie sich eine Sicherheitsüberprüfung vorstellen würden, haben Sie – ich gestehe Ihnen zu, Sie sind keine Expertin für innere Sicherheit und für den Vollzug des Sicherheitspolizeigesetzes – mir und dem Ausschuss erklärt: Ein Herr hat mir versichert, das geht schnell, in drei Minuten. – Es gibt doch keinen "Schnellwaschgang" in der Sicherheitsüberprüfung! Es gibt nur die ganz normale Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz – oder gar keine. Und die Außenministerin hat nicht die Möglichkeit, das sicherheitspolizeiliche Verfahren abzukürzen. Das würde in vielen Fällen auch der Sicherheit der Republik Österreich nicht besonders gut tun.

Damit zum Letzten. Meine Damen und Herren! Ein Versuch der Bundesregierung im Zusammenhang mit vielen anderen Versuchen: Handyüberwachung, E-Mail-Überwachung, Rasterfahndung, alles Mögliche, was um neue Karteien passiert ist – bis hin zum Spitzelring, zum EKIS-Missbrauch und vielem anderen mehr, zur Chipcard in der Sozialversicherung, zum Missbrauch sozialversicherungsrechtlicher Daten. Das ist ein zusätzlicher Baustein zu all dem, was wir unter autoritärer Wende zusammenfassen.

Frau Bundesministerin! Auf diesen "Ziegel" wird die autoritäre Wende dieser Bundesregierung jedoch verzichten müssen.


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