Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 57

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Ein anderes Beispiel – weil Sie mir ja in diesem Bereich nicht folgen werden –: Notstandshilfe. Warum unterwerfen wir die Notstandshilfe nicht einer Sozialverträglichkeitsprüfung? Glauben Sie wirklich, dass 2 000 S oder 3 000 S Notstandshilfe für eine Frau oder einen Mann ausreichend zum Leben sind, wenn man keinen Partner hat? – Da gibt es Tausende davon in Österreich! Glauben Sie wirklich, dass freie Dienstnehmer – ich habe heute einen getroffen, einen Journalisten übrigens, der gekündigt wurde und der überhaupt kein Chance hat, einen Job in seinem Fachbereich zu finden –, die innerhalb von einigen Monaten auf die Straße gestellt werden, manchmal auch innerhalb kürzerer Fristen, die keine soziale Absicherung haben, gut von unserem Sozialstaat versorgt werden? (Abg. Böhacker: Wer hat das eingeführt?)

Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren, dass wir nicht doch eine Grundsicherung bräuchten – sowohl für diese Personengruppen als auch im Alter zumindest dann, wenn jeder in diesem Land, jede Bürgerin und jeder Bürger versteht, dass jeder ältere Mensch ein Recht auf eine eigene Grundversorgung hat? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Glauben Sie nicht, dass es unerträglich ist, dass derzeit 400 000 oder 500 000 Frauen diesen Anspruch auf eine eigenständige Altersversorgung nicht haben?

Glauben Sie nicht, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass es eigentlich eine Zumutung, ein Ausfluss von zynischer Arroganz und Zumutung ist, wenn Frauenförderung – ich erlebe das jetzt gerade im Untersuchungsausschuss – mit dem Hinweis darauf, dass da die Männer nicht gleichbehandelt werden, von Vertretern Ihrer Partei politisch abgelehnt wird, Herr Khol? Wir reden Gott sei Dank darüber, auch in dieser Debatte, dass Frauen lohnmäßig nach wie vor benachteiligt sind, dass sie, was die Bildung betrifft, zwar den Männern gleichgestellt sind, dass sie aber, was die sozialen Rechte und ihr Einkommen betrifft, nach wie vor benachteiligt werden. Und da sagt dann ein ÖVP-Abgeordneter, das ist gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Frauen gefördert werden? – Das ist der Stand der Debatte zum Sozialstaat Österreich, und darum brauchen wir eine ernsthafte Debatte über das Volksbegehren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.31

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

11.31

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte vorerst den Initiatoren des Sozialstaat-Volksbegehrens wirklich dafür danken, dass sie mit ihrem Einsatz auch dafür gesorgt haben, dass wir hier heute diese Grundsatzdebatte führen können. Ich danke auch den über 700 000 Unterzeichnern dieses Volksbegehrens. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Man braucht ja nur einen Blick hier auf die Regierungsbank und auf das Präsidium zu werfen, und man kennt sich schon aus. Wer das Stiftungsrecht kennt, muss sich die Frage stellen, ob Herr Prinzhorn und Herr Bartenstein überhaupt noch Steuer zahlen, während wir gleichzeitig die höchste Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte der Zweiten Republik haben. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Pensionisten werden geschröpft – und jene, die es sich richten können und gerichtet haben, sitzen hier oben, wie Herr Minister Bartenstein und Herr Präsident Prinzhorn! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wo ist die Forderung von Minister Bartenstein, dass endlich die Medikamentenpreise heruntergehen? Damit könnte er nämlich seinem Kollegen Haupt, der neben ihm sitzt, bei der Sanierung der Sozialversicherung helfen. Das wäre einmal eine Forderung, mit der er an Glaubwürdigkeit gewinnen könnte! Da könnte die FPÖ mit darauf einsteigen, wenn sie wirklich die Interessen der so genannten kleinen Leute vertreten möchte. Aber davon hören wir nichts!

Wer war der erste Sprecher der beiden Regierungsparteien, als es hier um das Sozialstaat-Volksbegehren gegangen ist? – Gaugg! Ein Symbol für diese Regierung, ein Symbol dafür, dass diese Regierung nicht für soziale Gerechtigkeit steht, nicht für Chancengleichheit steht, sondern diese Regierung steht dafür, dass ein Protektionskind wie Gaugg, der immer noch Sozialsprecher der FPÖ ist, hier herausgeht, hier zum Sozialstaat-Volksbegehren redet, jetzt


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