Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 276

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Hohes Haus! Die bisherige Regelung zum § 1333 ABGB sah so aus, dass von Amts wegen, von Gerichts wegen überprüft werden musste, ob Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Mit dieser neuen Regelung, die Sie, Herr Bundesminister, vorgeschlagen haben, passiert nun Folgendes: Konsumenten müssen, wenn sie einen Zahlungsbefehl erhalten, dagegen Einspruch erheben.

Derzeit ist es so, dass gegen 10 Prozent von Zahlungsbefehlen Einsprüche erhoben werden. Das heißt, wenn die Schuld dem Grunde nach besteht, müsste jetzt jeder Einzelne – bei allem Prozesskostenrisiko – die Kosten eines Inkassobüros, aber auch die Kosten eines Anwaltes bekämpfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Tatsache, dass es in diesem Bereich – ich sage das hier sehr offen – sowohl bei Inkassobüros als auch bei Rechtsanwälten eine Art Raubrittertum gibt, halten wir diese Bestimmung für absolut unangebracht und nicht gerechtfertigt.

Das, Herr Bundesminister, ist der Hauptgrund, warum wir diese Gesetzesvorlage ablehnen.

Die anderen Bestimmungen – und das sage ich auch sehr deutlich; ich bedanke mich hier auch bei den Beamten des Ministeriums –, mit denen die Richtlinie über den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr in die österreichische Rechtsordnung eingearbeitet werden soll, werden von uns ausdrücklich begrüßt. Aber trotzdem, Herr Bundesminister: Auf Grund der Bestimmung des § 1333 Abs. 3 ABGB können wir dieser Vorlage nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

23.56

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

23.56

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Richtlinie 2035/EG zielt darauf ab, die Unterschiede der Mitgliedstaaten im Bereich der Zahlungsbestimmungen und der Zahlungspraktiken zu harmonisieren. Das ist ja auch sehr sinnvoll, denn insbesondere Klein- und Mittelbetriebe als Gläubiger leiden oft darunter, dass in sehr vielen Mitgliedstaaten durch erstens niedrige Verzugszinsen und zweitens auch langsame Betreibungsverfahren vor allem Schuldner profitieren.

Es geht dabei – und da unterscheide ich mich in meinen Ausführungen vom Abgeordneten Maier – natürlich um den Zahlungsverkehr zwischen Unternehmen oder Unternehmern und der öffentlichen Hand. Die EU hätte gerne diese so genannten erhöhten gesetzlichen Zinsen nach Ablauf von 30 Tagen ab Rechnungszugang normiert. Ich halte das für eine sehr sinnvolle Lösung, die hier angestrebt wird, für einen sehr vernünftigen Weg, dass man die Formulierung "ohne unnötigen Aufschub", wie es dem österreichischen Recht entspricht, wählt. Das ist nämlich eine flexible Lösung. Sie entspricht den Grundwertungen des österreichischen Fälligkeitsrechts, sie entspricht vor allem auch der wirtschaftlichen Praxis hier in Österreich.

Es besteht also die Hoffnung, dass durch diese 8 Prozent über dem Basiszinssatz der gesetzlichen Verzugszinsen erstens die Zahlungsverzögerungen zurückgedrängt werden, zweitens dadurch natürlich die Liquidität der Unternehmen verbessert wird.

Zwei Wermutstropfen gibt es allerdings bei diesem Vorhaben: Das eine ist, dass es wahrscheinlich verstärkt zu abweichenden vertraglichen Vereinbarungen kommen wird, denn diese Regelungen gelten ja nur dann, wenn keine abweichenden vertraglichen Vereinbarungen bestehen. Zum Zweiten werden natürlich die anderen europäischen Staaten vermutlich ebenfalls diese Richtlinie vollziehen. Die Praxis im unternehmerischen Geschäftsverkehr – das wissen wir – ist jedoch oft eine wesentlich andere, und deshalb wird es da oder dort den heimischen Unternehmern möglicherweise doch nicht so gut gehen, wie es von der EU und vom Gesetzgeber gewünscht wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.58


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