Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 172

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Gusenbauer war nie Delegierter wie er!) Dann müssen Sie das aber auch anders beurteilen, Herr Klubobmann Khol! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es stecken dahinter offensichtlich wirklich politisches System und politisches Kalkül! (Abg. Ing. Westenthaler: Beim Herrn Edlinger wahrscheinlich! Wo ist der Edlinger?) Es soll hier versucht werden, die Geschichte umzuinterpretieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist der Edlinger auf einem Seminar?) Es soll versucht werden, die Geschichte umzuschreiben.

Dass das Repräsentanten der FPÖ machen, ist eine Sache. Dass diese Partei sich in der Regierung befindet, das ist schon eine andere Sache. (Abg. Ing. Westenthaler: Hat der Edlinger Angst vor einem Zwischenruf?) Dass Herr Stadler, der ein erfahrener Klubobmann war und sehr genau weiß, wann er was sagt, wie es zu bewerten ist und welche Auswirkungen das hat (Abg. Ing. Westenthaler: Sie bewundern ihn ja direkt!), das demonstrativ bei dieser Veranstaltung sagt, soll ausdrücken: Jetzt sind wir an der Regierung, jetzt haben wir die Macht, jetzt schreiben wir die Geschichte um! – Das ist der Skandal, der hier in Wirklichkeit passiert! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Nun komme ich aber zum wirklich entscheidenden Punkt (Abg. Ing. Westenthaler: Von uns war niemand in Russland!), nämlich zum Verhalten der ÖVP. – Das ist der wirklich entscheidende Punkt! Hätte sich nämlich die ÖVP nicht entschlossen, die Haider-FPÖ in die Regierung zu nehmen, dann wäre diese heute nicht in der Regierung. (Abg. Dr. Martin Graf: Wie der Schelm denkt, so ist er! – Abg. Ing. Westenthaler: Dann hätte der Edlinger auch nicht "Sieg heil!" gerufen!) Hätte die ÖVP das nicht beschlossen, dann könnten Sie von den Freiheitlichen heute nicht sagen: Jetzt sind wir mächtig genug, um die Geschichte umzuinterpretieren! (Abg. Ing. Westenthaler: Dann hätte der Edlinger den Zwischenruf auch nicht gemacht!)

Aber das Entscheidende dabei ist die Grundsatzfrage bei der Geschichte dieser Partei. (Abg. Ing. Westenthaler: Keine NS-Wiederbetätigung im Parlament!) Dass viele aus der ÖVP mit vielen Sozialdemokraten, Christen und anderen in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten waren, das ist eine geschichtliche Tatsache (Abg. Ing. Westenthaler: Wer bestreitet das?), und ich bin neugierig, wann Sie die umschreiben wollen.

Wenn das Faktum ist, dann frage ich mich: Wieso konnte die ÖVP, der Parteiobmann der ÖVP, der Bundeskanzler, heute in einer Rede zu den konkreten Aussagen nicht deutlichere Worte finden? (Abg. Ing. Westenthaler: Finden Sie deutlichere Worte zu Edlinger?)  – Nur deshalb, weil er sich mit Ihnen in einer Koalition befindet? Heißt das, dass die Koalitionsräson wichtiger ist als der Grundkonsens der Zweiten Republik? Heißt das, dass der Machterhalt wichtiger ist als dieser Grundkonsens? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. Abg. Ing. Westenthaler: Wieso distanzieren Sie sich nicht von Edlinger?)

Herr Klubobmann Khol! Ich frage Sie jetzt ganz persönlich: Wie kann man zu der Rede von Klubobmann Westenthaler stehend applaudieren, der überhaupt nur über die Gräueltaten in der sowjetischen Besatzungszone gesprochen hat, der uns dauernd vorwerfen wollte, dass wir sie nicht verurteilen – was wir selbstverständlich tun (Abg. Ing. Westenthaler: Der Edlinger schreit "Sieg heil!")  –, der kein Wort zum Wesen des nationalsozialistischen Unterdrückungsregimes gefunden hat (Abg. Ing. Westenthaler: Stimmt ja nicht!), der dauernd den Herrn Stadler verteidigt hat und überhaupt nicht auf die Aussagen Stadlers eingegangen ist? (Abg. Ing. Westenthaler: Ist ja gar nicht wahr!)

Ich verstehe nicht, wie man diese Rede verteidigen und in Bezug auf Stadler nur sagen kann: Hätte er die Rede bloß nicht gehalten, aber das war wahrscheinlich ein menschlicher Fehler; geben wir ihm christlich eine Chance, damit er sich geschichtlich, ideologisch und politisch wieder resozialisieren kann. – Als ob es die vielen anderen Äußerungen aus der FPÖ, die in der Geschichte der FPÖ seit der Haider’schen Machtübernahme Tatsache sind, nicht gegeben hätte!

Sie machen sich etwas vor, und Sie kennen auch die Reaktionen der Diplomaten und der Botschafter der Signatarmächte, die sich die Frage stellen: Wie hat denn die Entnazifizierung in


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