Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 41

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

von Giftgas, durch Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung. Aktuell ist dieses ira­kische Regime daher gegenüber der eigenen Bevölkerung bedeutend schwächer, als das jemals der Fall war.

Daher gibt es meiner Auffassung nach für diesen Krieg keine wirkliche Berechtigung, und daher ist dieser durch das Völkerrecht auch nicht legitimiert, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich kenne niemanden in diesem Saale, der irgendwelche Sympathien für diesen irakischen Dik­tator hegen würde, einen Diktator, der sicherlich zu den schlimmsten gehört, die es auf unserer Welt gibt. – Leider ist er jedoch nicht der einzige; es gibt noch eine Reihe anderer in seiner „Preiskategorie“.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Krieg ist eine ganz ernste Angelegenheit. Und wenn Kriege geführt werden, dann muss ein sehr strenges Maß angelegt werden. Die Wahrheit ist: Diesen Diktator Saddam Hussein gibt es bereits seit mehreren Jahrzehnten. In der Vergan­genheit, als es den USA nützlich war, als es auch Frankreich und anderen nützlich war, wurde intensiv mit ihm zusammengearbeitet, wurden Waffen mit großer Zerstörungskraft an dieses irakische Regime geliefert. Und letztendlich ist erst mit diesen Waffen dieses Regime so stark geworden, dass es seinerzeit Kuwait überfallen konnte. Zu keinem Zeitpunkt in der Vergangen­heit waren der Irak und Saddam Hussein, mit dem kooperiert wurde, besser oder moralisch integrer als heute!

Daher stellt sich natürlich schon die Frage: Was sind die Hintergründe für diese Vorgangs­weise? Was sind die Hintergründe, dass heute zu den Mitteln militärischer Gewalt gegriffen wird – vor allem, nachdem die Waffeninspektoren der Vereinten Nationen erreichen konnten, dass die bisher massivste Abrüstung des Irak gelungen ist? Das natürlich unter Androhung von militärischer Gewalt im Hintergrund, aber: Die Arbeit dieser Waffeninspektoren war höchst erfolgreich.

Mit großem Interesse habe ich ein Interview mit dem deutschen Außenminister Joschka Fischer gelesen, der diese Woche gesagt hat, seit wann ihm schon klar sei, wie sich die Situation zuspitzen werde. Joschka Fischer verweist in diesem Interview darauf, dass ihm der stellvertre­tende amerikanische Verteidigungsminister bereits am 18. und 19. September 2001, also knapp nach dem 11. September, gesagt hat, dass die amerikanische Strategie der jetzigen Regierung darin bestehe, dass die USA eine ganze Reihe von Ländern von ihren „terroristischen Regie­rungen“ notfalls auch mit Gewalt befreien müssten, und am Ende könnte dann eine neue Welt­ordnung stehen: mit Demokratie, Frieden, Stabilität und Sicherheit für die Menschen. – Das heißt also, meine Damen und Herren, diese Strategie ist seit zwei Jahren klar.

Wenn wir uns ernsthaft an die Beantwortung von Fragen heranwagen, so stelle ich Ihnen allen folgende Frage: Mit welchen Mitteln und wo wurde der größte Fortschritt für Frieden und Demo­kratie in den letzten 50 Jahren erzielt? – Die wohl größte Veränderung in der Geschichte der Menschheit hat doch durch die Demokratisierung der mittel- und osteuropäischen Staaten statt­gefunden, die so weit gegangen ist, dass einige von ihnen bereits Mitglieder der Europäischen Union werden.

Diese politische Veränderung hat dort jedoch nicht mit Krieg, nicht mit Waffengewalt von außen oder von innen stattgefunden, sondern diese politische Veränderung hat ausgehend vom sehr wichtigen Helsinki-Prozess 1975 stattgefunden, durch den den Menschenrechten ein gewisser Rahmen eingeräumt wurde. Diese politische Veränderung ist weiters von der Entspan­nungspolitik ausgegangen und davon, dass sich die Bürger in diesen Staaten selbst organisiert und Widerstand, nämlich zivilen Widerstand, entwickelt haben. Dort ist es gelungen, aus dem Inneren heraus, mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, Demokratie und Stabilität zu erzielen.

Ich bin folgender Meinung: So wie man aus den schlechten Erfahrungen der Geschichte die Konsequenzen ziehen muss, sollte man auch aus den positiven Erfahrungen der Geschichte


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite