Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 42

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Konsequenzen ziehen. Ich sage: Der Weg der demokratischen Veränderung in Mittel- und Osteuropa ist viel eher ein Maß zum Weg für Frieden und Stabilität, als Krieg gegen einzelne Staaten zu führen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, dass es große Spannungen zwischen den arabischen Ländern sowie zwischen der arabischen und der westlichen Welt gibt. Das hängt auch ein wenig damit zusammen, dass dort viele Millionen Menschen den Eindruck haben, es werde mit doppelten Standards gemessen. Sie, Herr Bundeskanzler, haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Saddam Hussein es schon längst in der Hand gehabt hätte, die Resolu­tionen des Weltsicherheitsrates und der UNO-Vollversammlung zu erfüllen. Und ich meine, er ist nicht der Einzige in dieser Region, der darin säumig ist.

Ich möchte nur darauf verweisen, wie viele UN-Resolutionen es betreffend das Verhältnis zwischen Israel und den Palästinensern gibt, die ebenfalls bis zum heutigen Tag nicht erfüllt sind. Dass zwar dauernd Beschlüsse gefasst werden, die dann aber nicht eingehalten werden, das ist in Wirklichkeit die offene Wunde des Verhältnisses zwischen der arabischen Welt und dem Westen. Ein Dialog zwischen dem Westen und der arabischen Welt wird nur dann glaub­würdig sein, wenn auch ein ernsthafter Beitrag dazu geleistet wird, dass das Verhältnis zwi­schen Israel und den Palästinensern auf friedliche Art und Weise zu einer Eigenständigkeit der Palästinenser führen wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Es wird sich in der Folge dieses Krieges eine Reihe von Fragen stellen, und zwar eine Reihe von sehr brennenden und auch sehr schwierigen Fragen für alle Beteiligten. Gerade während der letzten Tage habe ich mir gedacht: Wie werden nun einzelne der Staaten reagieren, die von den USA auf die so genannte Schurkenstaatenliste gesetzt wurden? – Diese müssen doch den Eindruck gewinnen, dass sich Nordkorea, das auch ein gespanntes Verhältnis zu den USA hat, weil es Atomwaffen besitzt, in einer sichereren Situation wähnen kann als der Irak, der ein ge­spanntes Verhältnis zu den USA hat, aber über keine Atomwaffen verfügt.

Ich habe die große Angst – und das sage ich ganz offen –, dass viele dieser Staaten ihre An­strengungen verstärken werden, um zu Atomwaffen zu kommen. Und diese Befürchtung wird auch dadurch genährt, dass der stellvertretende Außenminister Russlands gestern angekündigt hat, dass die erste Priorität die Modernisierung des russischen Atomwaffenprogramms sein wird. Ich meine, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Konsequenz eines Krieges darf doch nicht die weltweite Aufrüstung sein, nachdem wir jetzt jahrzehntelang die Welt durch Ab­rüstung sicherer gemacht haben. (Allgemeiner Beifall.)

Etwas Zweites müssen wir auch behandeln, nämlich die Frage: Ist die Welt sicherer, wenn auf Grund der innenpolitischen Lage – wohlgemerkt! – des größten und mächtigsten Landes der Welt letztendlich die gesamte internationale Politik im Alleingang bestimmt wird, oder ist nicht die Sicherheit auf der Welt eine größere, wenn es Kooperation der Staatengemeinschaft, wenn es das Zusammenwirken in gefestigten Institutionen gibt? – Mein Eindruck, wieso so viele Men­schen in Europa heute auf die Straße gehen, nicht nur in Europa, sondern auch in New York, in Washington und in der arabischen Welt, der wirkliche Grund dafür, der neben der Ablehnung des Krieges dahinter steckt, ist ein Bauchgrimmen, das durch unsere Gesellschaften geht. Viele fühlen sich bei dem Gedanken unwohl, dass ein Staat, eine Regierung in erster Linie bestimmt, was auf der Welt vorgehen soll, und alle anderen haben nur die Möglichkeit, entweder zu folgen oder zu widersprechen.

Ich würde mir, offen gesagt, eine amerikanische Regierung wünschen, die zu jener großen Tra­dition amerikanischer Präsidenten zurückkehrt, die ihre Macht und Stärke nicht dafür ver­wendet haben, allein und einseitig vorzugehen, sondern die ihre Macht dafür verwendet haben, um stabile Verhältnisse in der Welt auf Basis der Zusammenarbeit zu schaffen. Das wäre mein Wunsch in dieser Situation! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, dass sich viele Fragen – auch für uns – nach dem Krieg stellen werden: etwa betreffend die leider nicht erfolgreiche Gemeinsame


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