Konsequenzen
ziehen. Ich sage: Der Weg der demokratischen Veränderung in Mittel- und
Osteuropa ist viel eher ein Maß zum Weg für Frieden und Stabilität, als Krieg
gegen einzelne Staaten zu führen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Der Herr
Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, dass es große Spannungen zwischen den
arabischen Ländern sowie zwischen der arabischen und der westlichen Welt gibt.
Das hängt auch ein wenig damit zusammen, dass dort viele Millionen Menschen den
Eindruck haben, es werde mit doppelten Standards gemessen. Sie, Herr
Bundeskanzler, haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Saddam Hussein es schon
längst in der Hand gehabt hätte, die Resolutionen des Weltsicherheitsrates und
der UNO-Vollversammlung zu erfüllen. Und ich meine, er ist nicht der Einzige in
dieser Region, der darin säumig ist.
Ich möchte nur
darauf verweisen, wie viele UN-Resolutionen es betreffend das Verhältnis
zwischen Israel und den Palästinensern gibt, die ebenfalls bis zum heutigen Tag
nicht erfüllt sind. Dass zwar dauernd Beschlüsse gefasst werden, die dann aber
nicht eingehalten werden, das ist in Wirklichkeit die offene Wunde des
Verhältnisses zwischen der arabischen Welt und dem Westen. Ein Dialog zwischen
dem Westen und der arabischen Welt wird nur dann glaubwürdig sein, wenn auch
ein ernsthafter Beitrag dazu geleistet wird, dass das Verhältnis zwischen
Israel und den Palästinensern auf friedliche Art und Weise zu einer
Eigenständigkeit der Palästinenser führen wird, meine sehr verehrten Damen und
Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP
und der Freiheitlichen.)
Es wird sich in
der Folge dieses Krieges eine Reihe von Fragen stellen, und zwar eine Reihe von
sehr brennenden und auch sehr schwierigen Fragen für alle Beteiligten. Gerade
während der letzten Tage habe ich mir gedacht: Wie werden nun einzelne der
Staaten reagieren, die von den USA auf die so genannte Schurkenstaatenliste
gesetzt wurden? – Diese müssen doch den Eindruck gewinnen, dass sich
Nordkorea, das auch ein gespanntes Verhältnis zu den USA hat, weil es
Atomwaffen besitzt, in einer sichereren Situation wähnen kann als der Irak, der
ein gespanntes Verhältnis zu den USA hat, aber über keine Atomwaffen verfügt.
Ich habe die große
Angst – und das sage ich ganz offen –, dass viele dieser Staaten ihre
Anstrengungen verstärken werden, um zu Atomwaffen zu kommen. Und diese
Befürchtung wird auch dadurch genährt, dass der stellvertretende Außenminister
Russlands gestern angekündigt hat, dass die erste Priorität die Modernisierung
des russischen Atomwaffenprogramms sein wird. Ich meine, meine sehr verehrten
Damen und Herren, die Konsequenz eines Krieges darf doch nicht die weltweite
Aufrüstung sein, nachdem wir jetzt jahrzehntelang die Welt durch Abrüstung
sicherer gemacht haben. (Allgemeiner Beifall.)
Etwas Zweites
müssen wir auch behandeln, nämlich die Frage: Ist die Welt sicherer, wenn auf
Grund der innenpolitischen Lage – wohlgemerkt! – des größten und
mächtigsten Landes der Welt letztendlich die gesamte internationale Politik im
Alleingang bestimmt wird, oder ist nicht die Sicherheit auf der Welt eine
größere, wenn es Kooperation der Staatengemeinschaft, wenn es das
Zusammenwirken in gefestigten Institutionen gibt? – Mein Eindruck, wieso
so viele Menschen in Europa heute auf die Straße gehen, nicht nur in Europa,
sondern auch in New York, in Washington und in der arabischen Welt, der
wirkliche Grund dafür, der neben der Ablehnung des Krieges dahinter steckt, ist
ein Bauchgrimmen, das durch unsere Gesellschaften geht. Viele fühlen sich bei
dem Gedanken unwohl, dass ein Staat, eine Regierung
in erster Linie bestimmt, was auf der Welt vorgehen soll, und alle anderen
haben nur die Möglichkeit, entweder zu folgen oder zu widersprechen.
Ich würde mir,
offen gesagt, eine amerikanische Regierung wünschen, die zu jener großen Tradition
amerikanischer Präsidenten zurückkehrt, die ihre Macht und Stärke nicht dafür
verwendet haben, allein und einseitig vorzugehen, sondern die ihre Macht dafür
verwendet haben, um stabile Verhältnisse in der Welt auf Basis der
Zusammenarbeit zu schaffen. Das wäre mein Wunsch in dieser Situation! (Beifall
bei der SPÖ und den Grünen.)
Der Herr Bundeskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, dass sich viele Fragen – auch für uns – nach dem Krieg stellen werden: etwa betreffend die leider nicht erfolgreiche Gemeinsame