Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 158

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Meine Damen und Herren! Die Regierung behauptet stur, sie wolle nicht nachgeben und sie ha­be kein Verständnis für politische Streiks. Natürlich sind politische Streiks problematisch, doch die Gewerkschaft veranstaltete am Dienstag keine politischen Streiks, sondern von allen Ge­werk­­schaftsfraktionen abgesegnete und daher legitime Abwehrstreiks gegen Angriffe auf die Le­bens­standardsicherung und das Einkommen der Arbeitnehmerschaft im Alter. Nehmen Sie das doch endlich zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ein Bundeskanzler, ein Finanzminister, die derartige Ziele verfolgen, haben vom wirklichen Arbeitsleben nicht die geringste Ahnung. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.) Ich werde Ihnen das anhand jener Menschen erläutern, die in unserer Gesellschaft die schwerste Arbeit verrichten, nämlich anhand der Schichtarbeiter. Es sind dies meine Kollegen, für die ich heute hier eintrete.

Arbeitsmediziner haben festgestellt, dass pro Jahr geleisteter Schichtarbeit die Lebenserwar­tung im Durchschnitt um drei bis vier Monate sinkt. Das hat zur Folge, dass Schichtarbeiter eine durchschnittliche Lebenserwartung von erschreckend niedrigen 63 Jahren haben, meine Da­men und Herren von den Regierungsparteien! Nach den Pensionsplänen der Regierung bedeu­tet das nichts anderes, als dass Sie die Menschen, die ihr Leben lang härtest und unter schwie­rigsten Bedingungen gearbeitet haben, bis in den Tod hinein schuften lassen wollen, denn die­se Menschen erleben das Pensionsantrittsalter von 65 Jahren im Durchschnitt gar nicht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich lade Sie deshalb ein, an einem Hochofen der VOEST Alpine zu ar­beiten, und zwar unter den gleichen Bedingungen und mit der gleichen Bezahlung wie ein rich­tiger Arbeiter am Hochofen. Dann würden Sie erfahren, was es heißt, wirklich unter schwers­ten Bedingungen Schichtarbeit zu leisten. Sie würden erkennen, dass Sie keine Ah­nung von der wirklichen Arbeitssituation der Menschen in Österreich haben, und Sie würden vielleicht eher von Ihrem hohen Ross heruntersteigen. Als Christlich-Soziale, als welche sich manche in der Bundesregierung ausgeben, müssten Sie sich für Ihren Entwurf schämen und in Reue umkehren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat sich gestern hier im Hohen Haus gegen die Verwendung des Wor­tes „Pensionsraub“ ausgesprochen. – Ich frage Sie: Wie sonst wollen Sie die Tatsache bezeich­nen, wenn ein Schichtarbeiter jahrzehntelang in die Pensionsversicherung einzahlt und dann durch Ihr brutales Hinaufsetzen des Pensionsantrittsalters auf 65 Jahre die Pension gar nicht mehr genießen kann, weil seine Gesundheit durch unglaublich harte Schichtarbeit vorzeitig ruiniert wurde? Das ist und bleibt für diese Menschen Pensionsraub, den Sie hier begehen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Auch Wolfgang Schüssel wird von mir und meinen Kollegen in un­serem Betrieb recht herzlich eingeladen, das Angebot eines Ferialpraktikums am Hochofen anzu­nehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich bin nämlich wie meine Kollegen davon überzeugt, dass er diese kaltschnäuzige und brutale Vorgangsweise nach diesem „Berufsschnuppern“ am Hochofen überdenken wird (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) und stattdessen einer umfassenden und modernen Pen­sions­reform gemeinsam mit den Sozialpartnern und den betroffenen Menschen in den Betrie­ben zustimmen wird. Der Schlüssel zur Bereinigung der Situation liegt bei Schüssel, bei nie­man­dem sonst! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Wittauer: Vorschläge machen!)

19.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Mag. Gaßner. – Bitte.

19.51


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Lieber (in Richtung des auf der Re­gierungsbank sitzenden Staaatssekretärs Dr. Finz) – einsamer – Herr Staatssekretär! (Abg. Wittauer: Der Herr Bürgermeister wird hoffentlich nicht über den Hochofen reden, weil den hat er auch noch nie gesehen!) Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt könnt ihr wieder


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