Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 101

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Binnenmarkt. In der gegenwärtigen Beschäftigungskrise werden massive strukturelle Probleme des österreichischen Arbeitsmarktes sichtbar.

Das WIFO hat anhand der 14 Strukturindikatoren sowohl das aktuelle Niveau als auch die Entwicklung Österreichs bei Beschäftigung, Wachstum und Bildung analysiert. Die Kernaussage: Österreich hat in einigen Bereichen zwar ein gutes Niveau. Aber: Österreich lebt von seiner Vergangenheit - Gerade bei Beschäftigung, Lebensstandard und Aus- und Weiterbildung ist die Entwicklung Österreichs seit Jahren schlecht.

Die Beschäftigungsquote ist seit 1999 in Österreich nur um 0,7 Prozentpunkte ge­stiegen, im EU-Durchschnitt um 1,8 Prozentpunkte. Die Beschäftigungsquote ist damit von 1999 – 2002 in Österreich durchschnittlich jährlich nur um 0,2 Prozentpunkte gestiegen, in der EU um 0,6 Prozentpunkte.

Sogar dieses geringfügige Steigen der Beschäftigung in Österreich ist geschönt: Die Beschäftigungsquote der Männer ging zwischen 1994 und 2002 von 78 Prozent auf knapp 76 Prozent zurück, jene der Frauen stieg nur infolge der steigenden Zahl von KindergeldbezieherInnen – de facto sinkt die aktive Beschäftigung sogar.

Die Frauenbeschäftigungsquote in Vollzeitäquivalent ist in der EU von 1999 bis 2002 um 2,5 Prozentpunkte gestiegen, in Österreich um 0,4 Prozentpunkte.

Die Beschäftigungsquote Älterer ist in Österreich im gleichen Zeitraum nur um 0,1 Prozentpunkte gestiegen, in der EU um einen Prozentpunkt.

Seit 1999 steigt der Bildungsstand der 20-24jährigen um nur 0,1 Prozentpunkte im Jahresdurchschnitt, in der EU um 0,4 Prozentpunkte.

In dieser Situation hat Minister Bartenstein schließlich noch zu verantworten, dass die Mittel für moderne, aktive Arbeitsmarktpolitik in Relation zur gestiegenen Arbeits­losigkeit gekürzt wurden. Damit wurden und werden die Chancen vieler arbeitsloser Menschen in Österreich verspielt, in den nächsten Aufschwung hinein mit besseren Qualifikationen neue Möglichkeiten am Arbeitsmarkt zu realisieren.

Selbst in seinen eigenen Zuständigkeitsbereichen, wie beispielsweise bei der geplan­ten Novelle des Ökostromgesetzes, nutzt Minister Bartenstein die eigenen Spielräume zur Schaffung österreichischer Arbeitsplätze nicht. Durch die Behinderung des Ausbaus von sauberer heimischer Energie verantwortet er, dass tausende mögliche Arbeitsplätze nicht realisiert werden.

Die Ursachen für die katastrophale Lage am Arbeitsmarkt sind vielfältig: Neben den internationalen Rahmenbedingungen kommen in Österreich auch eine Vielzahl haus­gemachter Faktoren hinzu, insbesondere fehlende private und öffentliche Investitionen, sinkende Realeinkommen und sinkende Kaufkraft der Bevölkerung.

Österreich fällt wegen mangelnder Anreize für private Investitionen und fehlender öffentlicher Investitionen in der EU immer weiter zurück. Österreich ist nach guten Platzierungen in den letzten Jahrzehnten bei den öffentlichen Investitionen mit 1,1% des BIP mittlerweile Schlusslicht in der EU. Österreich investiert damit gerade einmal die Hälfte des EU-Durchschnitts von rund 2,3%.

Dass Minister Bartenstein unter dem Eindruck derartiger Rahmenbedingungen einer Steuerreform zugestimmt hat, die Bezieher kleiner Einkommen kaufkraftwirksam kaum bis gar nicht entlastet, keinerlei Anreize für private Investitionen vorsieht und statt einer Entlastung des Faktors Arbeit Verluste ausländischer Unternehmen subventioniert, rundet das Bild einer völlig verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitk des Ministers für Wirtschaft und Arbeit ab. Denn auch die Klein- und Mittelbetriebe gehen leer aus.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite