Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 134

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Ein Reaktor gleichen Typs sollte auch in Greifswald/BRD als Block-5 in Betrieb gehen. GRS (Gesellschaft für Reaktorsicherheit/BRD) und IPSN (Institut de Protection et de Sureté Nucléaire/Frankreich) haben eine Sicherheitsbeurteilung für dieses AKW durch­geführt und eine Reihe von Ertüchtigungsmaßnahmen vorgeschlagen. Angesichts der zu erwartenden Kosten für die Nachrüstung auf westlichen Standard hat man in Deutschland auf den Fertigbau des AKW in Greifswald verzichtet. Bei der sicher­heitstechnischen Verbesserung in Mochovce wurden bei weitem nicht alle Maßnah­men, die für Greifswald vorgeschlagen wurden, ausgeführt.

Die zwei Blöcke des AKW Mochovce weisen gravierende Sicherheitsmängel auf. Ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen auf den Großraum Wien ist für die nächsten Jahre nicht auszuschließen. Hauptmängel des AKW sind einerseits die fehlende Schutzhülle, die im Falle eines schweren Unfalles einen massiven Austritt von radioaktiven Materialien zurückhalten sollte, und andererseits die unzureichende Sicherheit des so genannten Reaktordruckbehälters. Auch eine ausreichende Sicherheit gegen Erd­beben oder Flugzeugabstürze ist nicht gegeben. In Mochovce wurde erstmals ein sowjetischer Reaktor mit westlicher Sicherheitstechnologie ausgerüstet. Die Mischung von west- und osteuropäischer Reaktortechnologie ist ein Experiment, das noch nie erprobt wurde. Kommt es in Mochovce aus den oben angeführten Gründen zu einem schweren Unfall, so kann bei entsprechender Wetterlage die österreichische Bundes­hauptstadt Wien und die gesamte Ostregion von radioaktivem Niederschlag betroffen sein, der eine dramatische Gefährdung von Gesundheit und Eigentum zur Folge hat. Das zeigen entsprechende Rechenmodelle.

Mochovce liegt außerdem in einem Gebiet, in dem schwere Erdbeben nicht aus­geschlossen werden können, deshalb ist es besonders bedenklich, dass das AKW nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert ist. In benachbarten Regionen sind Beben bis Stärke 7 MSK aufgetreten. Die Bebenherde liegen relativ nahe der Ober­fläche und die zerstörerische Wirkung solcher Beben kann groß sein. Die Bebenherde lagen in 40 bis 80 km Entfernung zum AKW Mochovce.

Eine Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 würde das Risiko in Mochovce verdoppeln und ist daher im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung entschieden zu bekämpfen.

Gescheiterte Bemühungen für einen europäischen Atomausstieg

Der Euratom-Vertrag schreibt als unbefristetes EU-Primärrecht seit 1957 die Förderung der Atomenergie fest. Eine Reform des Vertrages ist der Schlüssel für einen Euro­päischen Atomausstieg. Alle diesbezüglichen Bemühungen der Bundesregierung sind gescheitert. Auf Grüne Initiative ist es im EU-Konvent gelungen, den Euratomvertrag aus der neuen EU-Verfassung herauszulösen. Ein möglicher Ausstieg einzelner EU-Staaten aus Euratom ohne aus der EU ausstiegen zu müssen, ist dadurch nach Ansicht fachkundiger Rechtsexperten jedenfalls möglich geworden. Derzeit besteht die große Gefahr, dass diese Ausstiegsoption bei der bevorstehenden EU-Regierungs­konferenz am 16. und 17. Juni wieder zunichte gemacht wird. Ziel muss die Auflösung des Euratomvertrages bleiben. Die erhaltenswerten Teile des Vertrages (z.B. Strahlen­schutz und Proliferationskontrolle) sollen dabei in die EU-Verfassung integriert und EU-Umweltrecht unterstellt, die nicht mehr zu rechtfertigenden Förderbestimmungen für die Atomindustrie ersatzlos gestrichen werden. 50 Jahre nach Inkrafttreten, also 2007, soll der Euratom-Vertrag beendet werden. Dazu braucht es einen einstimmigen Be­schluss der EU-25 auf einer Regierungskonferenz (Stichwort: EURATOM-Revisions­konferenz). Diese Euratom-Regierungskonferenz ist zwar erklärtes Ziel der Bundes­regierung, allerdings betreibt die Bundesregierung die Umsetzung dessen nicht mit


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