Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 136

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befunden haben, zu den Vorfällen Stellung zu nehmen und etwas zu sagen bezie­hungsweise klarzustellen. (Abg. Mag. Molterer: Auch wir können lesen!)

Der slowakische Wirtschaftsminister hat bekannt gegeben, dass das Atomkraftwerk Mochovce auf jeden Fall fertig gebaut wird. (Abg. Mag. Molterer: Auch wir lesen Zeitungen!) Die Slowakei, die jetzt schon Stromexporteur ist, müsse jedenfalls diese beiden Blöcke, die im Moment noch unvollständig sind – was eigentlich ein großer Sieg der österreichischen Anti-Atombewegung war –, fertig bauen.

Die Schließung der beiden Reaktoren Bohunice V1, legt der Wirtschaftsminister dann einen Tag später nach, werde noch einmal überdacht, man werde darauf noch einmal zurückkommen, diese Schließung werde noch einmal verhandelt werden müssen.

Auf diese Weise haben wir innerhalb von zwei Tagen zwei zusätzliche riesige Prob­leme: Mochovce soll fertig gebaut werden und Bohunice V1, einer der gefährlichsten Rektoren der Welt, soll nicht, wie vereinbart, abgeschaltet werden! – Sie haben bis jetzt dazu nicht Stellung bezogen!

Warum sind Bohunice V1 und Mochovce ein so großes Problem für die österreichische Bevölkerung? – Ich habe in den vergangenen Tagen Dutzende Anrufe und E-Mails erhalten, und ich möchte es explizit für Sie noch einmal erklären: Mochovce ist ein Kraftwerk, das nicht sehr weit von der österreichischen Grenze entfernt ist, es ist 150 Kilometer von Wien entfernt. Bei einem Unfall in Mochovce wäre die Bundes­hauptstadt Wien nicht evakuierbar. Bei der entsprechenden Wettersituation, also bei Ostwind, wäre Wien nicht evakuierbar, und nur 2 Prozent der Wiener Bevölkerung haben überhaupt die Möglichkeit, in Schutzräume zu gehen. (Abg. Wittauer: Das ist ein Blödsinn!)

Ähnliche Risikofaktoren wie dieser sind in anderen Staaten dezidiert verhindert worden: Ein Reaktor ganz gleichen Typs ist in Deutschland nach der Wieder­vereinigung nicht in Betrieb gegangen. Damals wurde entschieden, dass das bau­gleiche Kraftwerk Greifswald zu gefährlich ist und entsprechende Sicherheitsmaß­nah­men zu aufwändig sind. Deswegen wurde es stillgelegt. Ein ähnliches Risiko befindet sich allerdings vor den Toren Wiens.

Das Risiko, das dieses Kraftwerk mit seinen zwei Reaktoren beinhaltet, soll jetzt schlicht und ergreifend verdoppelt werden. Es kommen noch einige Einzelprobleme dazu: Nicht nur der Typus des Kraftwerks infolge der Vermischung von Ost- und West­technologien ist ein Risikofaktor, sondern auch die Erdbebengefährdung: Mochovce liegt auf einer Erdbebenlinie, die Bebenherde sind relativ nahe an der Oberfläche, und wir kennen die Wirkung solcher Beben. Mochovce ist für Erdbeben dieser Stärke nicht ausgelegt. Die Herde der bisherigen Beben waren nur 40 Kilometer von Mochovce entfernt.

Das Schlimmste ist aber: Mochovce hat kein Containment, das heißt, es hat keine Schutzhülle und ist nicht geschützt gegen terroristische Angriffe von außen. Außerdem ist es auch nicht geschützt gegen den Fallout, der von innen nach außen geht.

Dieses Risiko soll nun verdoppelt werden, und dazu haben Sie bis heute keine Worte gefunden!

Bohunice, das zweite slowakische Kraftwerk, gilt als einer der gefährlichsten Reaktoren der Welt. Das ist nicht eine Einschätzung, die Umweltschützer oder Grüne oder Um­weltbewegungen europaweit teilen, sondern betreffend Bohunice vertritt die gesamte Fachwelt inklusive der Europäischen Kommission und der Internationalen Agentur für Atomsicherheit die einhellige Meinung, dass es eines der gefährlichsten Kraftwerke der Welt ist. Folgerichtig hat auch der Europäische Rat 1998 festgestellt, dass das Kraftwerk unverzüglich und sofort geschlossen werden muss.

 


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