Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 60

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jetzt zu führen, denn die Beschlüsse über diesen Beitritt beziehungsweise über die Verhandlungen darüber stehen vor der Tür! Und wir haben hier Position zu beziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: ... Haider-Position oder die andere?)

Herr Kollege Van der Bellen und auch Frau Kollegin Hakl haben es richtigerweise erwähnt (Rufe bei der SPÖ: Welche Position haben Sie?): Als vor 40 Jahren damit begonnen wurde, der Türkei Avancen in Bezug auf eine Beitrittsoption zu machen, war die Lage eine ganz andere. Wir hatten es mit der Europäischen Wirtschaftsgemein­schaft zu tun, die ausschließlich ökonomische Ziele verfolgt hat.

Diese 40 Jahre sind auch ein ganz deutlicher Beweis dafür, dass die Europäische Union und alle jene, die diese Voraussagen gemacht haben, eigentlich in ihrem tiefsten Inneren wussten, dass die Türkei kein europäischer Staat ist, und dass alle jene Vor­aussagen und alle jene Versprechungen, die man der Türkei gegenüber gemacht hat, eigentlich nicht ernst gemeint waren.

Deshalb hat es auch 40 Jahre gedauert. Deshalb hat man auch in diesen 40 Jahren nie den Mut gehabt, zu sagen, dass sich die Lage erheblich geändert hat, dass wir heute nicht mehr nur eine Wirtschaftsgemeinschaft sind, sondern eine politische Schicksalsgemeinschaft, die eine ganz klare Zukunftsvorstellung hat – auch in der Außen- und Sicherheitspolitik. Und deshalb sind hier neue Maßstäbe anzulegen! (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir müssen auch den Mut haben, die Türkei selbst zu betrachten, und endlich erkennen, dass es in der Türkei selbst nur eine ganz kleine intellektuelle Schicht ist, die den Beitritt zur Europäischen Union betreibt, und dass die Masse der Bevölkerung, aber auch die Masse der politisch Aktiven diese Geisteshal­tung nicht mitträgt. (Abg. Eder: Was wollen Sie?) Wir haben das ja in den letzten Tagen mit dieser Strafrechtsreform der türkischen Republik erlebt. Es hat das türkische Parlament eine Verhaltensweise an den Tag gelegt, die dazu geführt hat, dass Erweiterungskommissar Verheugen, der immer für den Beitritt der Türkei eingetreten ist, halt gerufen und gesagt hat: Wir müssen jetzt neu überprüfen, ob die Verhältnisse von heute noch so zutreffend sind wie vor 40, vor 20, vor zehn Jahren!

Meine Damen und Herren! Der Beitritt der Türkei ist ein essentieller Punkt in der Ent­wicklung der Europäischen Union. Die Europäische Union muss sich auf die Vertie­fung, die Arrondierung des europäischen Gebietes vor allem im Balkanraum – die Staaten sind genannt worden – konzentrieren und endlich klarmachen, dass es weitere Erweiterungsschritte nicht geben kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

12.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt der Herr Bundes­kanzler zu Wort. Herr Bundeskanzler, vereinbarungsgemäß ist die Redezeit für Sie auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


12.36

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich erkläre mich mit dieser Zeitbeschrän­kung natürlich einverstanden, weil auch der Vizekanzler noch zu Wort kommen soll.

Meine Damen und Herren! Ich darf vielleicht einige sachliche Aufklärungen, auch und vor allem in Richtung Professor Van der Bellen, bringen.

Erstens: Das Budget des Außenministeriums ist in der Zeit Benita Ferrero-Waldners nicht gesunken, sondern gestiegen. (Abg. Mag. Lunacek: Prozentuell!) Sie ist im Jahr 1994 mit einem Budget von 270 Millionen € angetreten, 2004 gab es dann 340 Millionen €. Die EZA-Mittel sind von 50 Millionen auf 90 Millionen € gestiegen. (Abg. Mag. Lunacek: Es geht um Prozentsätze!)

 


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