Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 79. Sitzung / Seite 21

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Kotanko betitelt einen Artikel im „Kurier“ über die Regierung mit „Schönredner und Schönrechner“. – Ich denke mir, dem ist nicht viel hinzuzufügen, denn dies ist in der Tat die Disziplin, in der Sie am besten sind. Ich möchte Ihnen das an einigen Beispie­len auch klar machen.

Erstes Beispiel: Schönreden. Herr Minister Bartenstein hat sich heute hier hergestellt und gesagt, diese Regierung stellt 1,5 Milliarden für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Was ist die Wahrheit? – Die Wahrheit ist, es sind 600 Millionen €, also nicht einmal die Hälfte, für aktive Arbeitsmarktpolitik vorgesehen. Und für dieses Jahr, obwohl wir die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik haben, geben Sie keinen einzigen Cent dazu. Im Budget sind es weiterhin 600 Millionen, ein Betrag, der also weit entfernt von Ihren 1,5 Milliarden ist. Das ist die Wahrheit, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister, Sie reden auch immer davon, Arbeitslosigkeit stelle kein Problem für den Bundeskanzler dar. Jugendarbeitslosigkeit war ja auch nur ein kleiner Schön­heitsfehler. Wir kennen das. In Österreich gibt es 253 747 Menschen, die keine Be­schäftigung haben. Und die haben unter anderem deshalb keine Arbeit, weil Sie die falsche Politik machen. Sie haben deshalb keine Arbeit, weil Sie eben tatsächlich zu wenig in die aktive Arbeitsmarktpolitik investieren. (Abg. Kopf: Die niedrigste Arbeits­losigkeit aller europäischen Länder!) Diese Leute haben nichts davon, wenn Sie immer mit Zahlen herumjonglieren und Österreich im internationalen Vergleich sehen. Es wissen doch alle, dass die Arbeitslosigkeit in den letzten vier Jahren Ihrer Regierungs­verantwortung massiv angestiegen ist und wir es mit einer Arbeitslosigkeit zu tun haben, wie sie Österreich in der Vergangenheit noch nie gekannt hat.

Ein zweites Beispiel, was das Schönrechnen betrifft. Also ich war schon einigermaßen erstaunt darüber, wie die Regierungsmitglieder Gehrer, Rauch-Kallat und Haubner plötzlich 90 000 fehlende Kinderbetreuungsplätze verschwinden lassen konnten. Ich rufe in Erinnerung: Laut Mikrozensus fehlen in Österreich 90 000 Kinderbetreuungs­einrichtungen. Die drei Damen auf der Regierungsbank machen eine Pressekonferenz und verlautbaren dann, es fehlen nur mehr 8 000. Es ist überhaupt kein Problem, die Familien, die Frauen brauchen gar keine Kinderbetreuungsplätze mehr, dieses Problem stellt sich gar nicht.

Das Problem ist, dass diese Regierung in die Lebensrealität und in die Wirklichkeit nicht mehr zurückfindet. Sie verlieren sich in Superlativen. Es wird immer von Quanten­sprung, von Meilensteinen und Jahrhundertwerken gesprochen, und Sie lösen sogar die Quadratur des Kreises. Sie verlieren den Bezug zur Realität. Der Herr Bundes­kanzler spricht davon, der Aufschwung ist da, alle spüren ihn. Die meisten Menschen spüren aber die Arbeitslosigkeit, die Teuerungsrate, den geringeren privaten Konsum. Das spüren die Menschen, und das ist die falsche Politik. Aber Sie verlieren sich in Ihrer Propaganda und in Ihren Propagandaschildern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das politische Problem ist, dass Sie bei der Selbstberuhigung und Selbstbeschwörung, die Sie betreiben, in Wirklichkeit untätig sind, dass Sie daher die wirkliche Lebens­realität vieler Menschen gar nicht wahrhaben wollen, dass Sie versuchen Probleme wegzureden, wegzuzaubern, schönzureden. Aber ich kann Ihnen sagen, das Problem ist, dass eben die Bevölkerung bei Ihrer Politik keine Lösung der Probleme zu erwarten hat. (Abg. Kopf: Alle irren sich: Das Wifo irrt sich, alle!)

Ich komme zum Schluss: Es gibt Hoffnung, es gibt wieder einen Wahltag, und dann ist es Zeit für eine Regierung, die sich der Probleme der Menschen wieder annimmt. Die SPÖ ist startklar. (Beifall bei der SPÖ.)

 


10.00

 


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