Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 131. Sitzung / Seite 5

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sen: Man soll die Leute nicht vor den sozialen Abgrund stellen, um sie zu mehr En­gagement und Wettbewerbsfähigkeit zu motivieren, denn das Gegenteil ist wahr: Dort, wo die Menschen am sichersten leben, wo die soziale Sicherheit am stabilsten ist, dort sind auch die Wettbewerbsfähigkeit und das Engagement am größten. Und das sollten wir nicht nur in Skandinavien, sondern in ganz Europa versuchen zu realisieren, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Es gibt neben diesen unterschiedlichen Haltungen, die in Europa bestehen, auch die grundsätzliche Frage: Wie gehen wir mit der Finanzierung der Sozial- und Wohlfahrts­staaten um? Was in den letzten Jahren stattgefunden hat, war ein einseitiger Steuer­wettlauf, wo Unternehmensgewinnsteuern dramatisch reduziert wurden, aber gleich­zeitig Mehrwertsteuern und Lohn- und Einkommensteuern in ganz Europa sehr hoch geblieben sind. Dieser dramatische Wettlauf auf der Ebene der Unternehmensgewinn­steuern hat dazu geführt, dass in vielen Staaten die Finanzierung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates in Frage gestellt ist. Und wenn man verhindern will, dass dieser Steuerwettlauf auch dazu führt, dass es ein Wettlauf wird im Abbau des Sozial- und Wohlfahrtsstaates, dann muss man diesem Steuerwettlauf Einhalt gebieten.

Es wäre dringend erforderlich, dass im nächsten halben Jahr unter österreichischem Vorsitz dieser Steuerwettlauf beendet wird und es zu gemeinsamen Vorgangsweisen im Hinblick auf Unternehmensgewinnsteuern in Europa kommt, denn nur so können wir den Sozial- und Wohlfahrtsstaat erhalten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn heute die Außenministerin mit ihren Kolleginnen und Kollegen über das künftige Budget der Europäischen Union oder die Finanzvorschau für die nächsten Jahre dis­kutiert, geht es dabei um grundsätzliche Weichenstellungen und nicht nur darum: Wie finanziert man die Erweiterung, die ja bereits vollzogen wurde? Welche Schwerpunkte werden in Zukunft gesetzt?, sondern vor allem auch darum: Wer sind Gewinner und Verlierer dieser finanziellen Veränderung?

Wenn man die ersten Meldungen über Vorgespräche hört, die offensichtlich stattfinden, glaube ich nicht, dass es unserem Interesse entspricht, wenn auf Basis der Grundlage, von der man jetzt hört, ein Abschluss erzielt wird. Denn was Europa dringend braucht, ist doch eine Veränderung der Finanzen in Richtung Zukunft. Das heißt mehr Mittel für Forschung und Entwicklung.

Was Europa braucht, ist nicht eine noch größere Förderung von agrarischen Groß­industrien, sondern zum Beispiel von Klein- und Bergbauern. Und ich finde es nicht richtig, dass unter diesem Titel der Finanzvorschau nun das Schicksal und das Ein­kommen von kleinen Bauern und von Bergbauern auf dem Altar eines französisch-bri­tischen Kompromisses geopfert werden. (Abg. Grillitsch: Das unterstützen Sie!) Uns geht es um die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft und nicht um die agrarische Großindustrie, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Daher stellt sich natürlich die Frage: Welche Position wird Österreich in diesem Zusam­menhang vertreten? Was wird die österreichische Außenministerin heute bei den Ver­handlungen sagen, und wird es dazu kommen, dass endlich diese Geldverschwen­dung ...? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) – Ja, Herr Grillitsch, Sie haben immer zugestimmt, wenn es darum gegangen ist, dass die agrarischen Großindustrien in Europa gefördert werden und gleichzeitig die Bauern immer weniger werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass es das Bauernsterben in Europa gibt! Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Sie wollen die Kleinen vernichten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


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