Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 30

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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.14.45

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hoher Nationalrat! Ich darf kurz zum Europäischen Rat Stellung nehmen. Am Anfang waren ja viele Themen und Ziele, die wir uns vorgenommen haben, sehr umstritten. Als wir im Hauptausschuss vorige Woche zusammengekommen sind, war es ja so, dass praktisch alle konkreten gemeinsamen Vorhaben von einer Mehrheit der Mitgliedstaaten abgelehnt bezie­hungsweise noch lange nicht akzeptiert wurden. Unserem Team ist es jedoch gelun­gen – ausdrücklich hervorheben für alle möchte ich jetzt unseren ständigen Vertreter bei der EU, Botschafter Gregor Woschnagg, die Außenministerin, alle Fachminister, also wirklich das gesamte Team –, alle Ziele, die wir uns vorgenommen haben, in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates unterzubringen. Und das ist etwas, was nicht selbstverständlich gewesen ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein Zweites: Wir haben uns ganz bewusst vorgenommen, dass wir das österreichische Modell einer guten Zusammenarbeit – nicht immer ohne Diskussionen, aber eine echte, ehrlich gemeinte Zusammenarbeit – zwischen den verschiedenen Ebenen von Regierung und Sozialpartnern sozusagen auch auf die europäische Ebene heben wollen. Daher haben wir – das geschah zum ersten Mal – die Vertreter der euro­päischen Sozialpartner zu den Beratungen des Europäischen Rates hinzugezogen. Der Vertreter der europäischen Gewerkschaften, Méndez, und der Vertreter der euro­päischen Arbeitgeber, Seillière, haben gemeinsam mit dem Präsidenten der Euro­päischen Zentralbank – auch eine Premiere – ihre Vorstellungen, wie wir Wachstum und Beschäftigung in Europa beleben können, vorgetragen.

Ich glaube, dass da schon die österreichische Handschrift zu erkennen ist, etwas, was hoffentlich Schule macht, denn gemeinsam sind wir zweifelsohne stärker, als wenn jeder sozusagen auf eigene Faust agiert.

Was ist also bei diesen Beratungen vereinbart worden, meine Damen und Herren, und zwar zunächst einmal im Bereich Wachstum und Beschäftigung, ein Thema also, das auch bei diesem Frühjahrsgipfel diskutiert wurde? – Wir sind nicht zufrieden mit der Vorstellung der ersten sechs Jahre der Lissabon-Strategie. Jetzt aber haben wir eine historische Chance: eine steigende Konjunktur, und der Optimismus in den großen EU-Ländern wächst. In Frankreich gibt es da vielleicht eine Sondersituation, aber sonst gibt es, wie ich meine, recht gute Erwartungen.

Ganz konkret haben wir uns vorgenommen, durch geeignete Maßnahmen, vor allem natürlich hinsichtlich Rahmenbedingungen der bald 27 EU-Mitgliedstaaten zwei Mil­lionen zusätzliche Arbeitsplätze jedes Jahr neu zu fördern, was ein Beschäftigungs­wachstum von etwa 1 Prozent pro Jahr bedeutet. Das würde bis zum Jahre 2010 zehn Millionen Arbeitsplätze zusätzlich ergeben. Ein ganz wichtiges und konkretes Ziel – und dieses ist auch erreichbar, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist natürlich nicht von den Regierungen oder von der Kommission zu schaffen – da ändere ich meine Linie überhaupt nicht –, denn Arbeitsplätze werden von den Be­trieben geschaffen, vor allem von den mittelständischen Betrieben, auch ein Thema, das zum ersten Mal breit auf europäischer Ebene diskutiert wurde. In der EU gibt es 23 Millionen Klein- und Mittelbetriebe – und diese sind unsere Hoffnung in Bezug auf Beschäftigungs- und zusätzliche Wachstumspolitik, und zwar eben gerade auch was zusätzliche Arbeitsplätze betrifft.

 


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