Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll13. Sitzung / Seite 51

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11.42.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wieder einmal diskutieren wir ein Programm einer EU-Ratspräsidentschaft, über wichtige und brennende Fragen der Europäischen Union, aber die Lösungen wollen und wollen nicht kommen. Wir haben so Denksportaufgaben, Nachdenkpausen, Überlegungen, wie man das eine oder andere Problem wieder in den Griff bekommen könnte, und nach Ende der jeweiligen Präsidentschaft sind wir alle so klug wie zuvor und warten auf die nächste.

Und dann wundert man sich, dass in der Bevölkerung nicht und nicht ein Europa­bewusstsein, ja eine Europaeuphorie entsteht. – Na, woher soll denn die kommen, wenn man sehnsüchtig auf Politiker wartet, die endlich die Antworten auf diese brennenden Fragen eines künftigen Europas bringen können?

Kollege Cap lächelt. Jetzt seid ihr in der Regierung – ihr habt das auch eingemahnt, und jetzt warten wir auf eure Antworten! Aber die kommen auch nicht. Interessant war nur: Der Herr Bundeskanzler lobt heute den leider gescheiterten Verfassungsvertrag und sagt, es gibt nichts Besseres. – Im Jahr 2005 war seine Fraktion noch ganz anderer Meinung, da hat es nämlich eine Stellungnahme an die damalige Bundes­regierung gegeben, in der man gesagt hat: Selbstverständlich muss es einen neuen Konvent geben, um eine neue europäische Verfassung auszuarbeiten, um Defizite, die es vor allem im Sozial- und Beschäftigungsbereich gibt, zu beheben! Jetzt, da man in der Regierung ist, da man mit wieder in diesem ganzen Kreis der wichtigen und netten und so humoristischen EU-Politikern ist, ist nichts mehr von Reform, ist nichts mehr von Kritik übrig geblieben.

Dabei wäre es notwendig, einmal an die Zukunft zu denken und neue Ideen zu entwickeln. Ich habe immer gesagt, diese EU-Verfassung, der Verfassungsvertrag wäre notwendig gewesen, und da soll man jetzt nicht so tun, als ob wir hier im Parla­ment nicht mit sehr, sehr großer Mehrheit die Erfolge Österreichs gelobt hätten, die wir errungen haben. Es waren ja auch Parlamentarier aller Fraktionen, auch der Frei­heitlichen Partei, mit dabei, und wir alle gemeinsam haben uns gefreut, dass Öster­reich bei diesem Verfassungsvertrag ein gutes Ergebnis errungen hat. Es wäre notwendig gewesen, diese europäische Verfassung auch zu verabschieden.

Jetzt werden wir nicht mehr herumdoktern können. Das ist vorbei. Jetzt muss man sich neue Ideen überlegen, und wir haben die Idee eines Kerneuropas eingebracht, dass man endlich dieses Problem lösen kann, dass ein Land wie Rumänien oder Bulgarien eben nicht gleich zu behandeln ist wie Deutschland, Österreich oder Großbritannien. Da sind ganz einfach unterschiedliche Zugänge zu definieren.

Wir haben vorgeschlagen: Schaffen wir ein Kerneuropa! Unter Einbeziehung der Bevöl­kerung, mit Volksabstimmungen, entscheidet jedes Land für sich, ob es den gesamten Bereich der europäischen Integration möchte. Wer das nicht will, nimmt nur verschiedene Module dieser europäischen Integration, und am äußeren Rand gibt es diese Partnerschaft für Europa, für all jene Länder, die aus den verschiedensten Gründen nicht Mitglied der Europäischen Union werden können oder wollen.

Das wäre auch eine Lösung für die Türkei, denn, meine Damen und Herren, auch hier schwindelt sich in Wahrheit auch die jetzige Präsidentschaft über das Kernproblem hinweg, dass man nicht ehrlich sein kann in dieser Europäischen Union. Wäre man ehrlich, dann würde man ganz klar und deutlich sagen: Ein Land wie die Türkei kann nicht Vollmitglied der Wertegemeinschaft Europas werden! Das geht nicht, und das wird auch in Zukunft nicht so sein! (Beifall beim BZÖ.)

Die Türkei ist ein wichtiges Land, keine Frage, aber statt in wenigen Monaten eine maßgeschneiderte Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Türkei zu


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