Allerdings bleibt die Wahlrechtsreform auf halbem Wege stecken. Es ist etwas Bedauerliches und Erwähnenswertes, dass nach wie vor viele Menschen in Österreich vom Wahlrecht – obwohl direkt davon betroffen – ausgeschlossen sind. Damit spreche ich eine Hürde an, die in Wien schon lange diskutiert worden ist. In Wien haben die SPÖ und die Grünen gemeinsam zur Erweiterung des Wahlrechtes auf Menschen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben, beigetragen – zumindest auf kommunaler Ebene.
Und da möchte ich Sie wirklich ernsthaft fragen, ob das so ein unanständiges Ansinnen ist, dass Menschen, die jahrelang in einer Stadt, einer Gemeinde leben, nicht einmal den Zebrastreifen vor ihrer Haustür mitbestimmen können, obwohl sie direkt durch diese Alltagsentscheidungen, die ein Gemeinderat trifft, betroffen sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Es geht um das Staatsbürgerschaftsrecht!)
Diese Diskussion ist in anderen Ländern durchaus üblich, ich bitte Sie, einfach einmal darüber nachzudenken, was Demokratie bedeutet. Demokratie heißt, dass diejenigen, die von einer Entscheidung betroffen sind, diese auch mit beeinflussen können. Und gerade bei den kommunalen Problemen, den Lösungen, die eine Gemeinde ihren Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stellt, geht es um Alltagsprobleme, Alltagsdinge, und hier wird eine große Gruppe von Menschen ausgeschlossen. Das sind im Übrigen in Österreich sehr viele ganz junge Menschen. Viele – nämlich mehr als die Hälfte – dieser sogenannten Ausländerinnen und Ausländer sind Menschen unter 25. Wenn wir jetzt über Jugendpartizipation und bessere Integration reden, wäre das kommunale Wahlrecht für Menschen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft auch ein wichtiger Punkt gewesen.
Aber es geht noch weiter. Ich war letzte Woche in der Türkei. Die Türkei hat ein Wahlrecht, das minderheitenfeindlich ist, nämlich die kurdische Minderheit ausschließt. Dasselbe Problem haben wir in Kärnten. Auch in Kärnten ist das Wahlrecht so gemacht, dass es eine Minderheit, nämlich die der Sloweninnen und Slowenen von einer Vertretung im Landtag ausschließt. Mit dieser Reform hätte die Chance bestanden, auch in Kärnten ein Wahlrecht zu erzwingen – nachdem es dort über Jahrzehnte nicht möglich war, ein solches zu schaffen –, das einer ganz großen Gruppe der Bevölkerung die Möglichkeit eröffnet, mitzureden. Auch zu dieser Reform ist es leider nicht gekommen.
Jetzt komme ich zum letzten, aus der Sicht vieler
Bürgerinnen und Bürger und der Grünen kritischsten Punkt,
zur sogenannten Verlängerung der Legislaturperiode. Meiner Meinung ist das
nichts anderes als eine Beschneidung der Rechte der Bürgerinnen und
Bürger und die Argumente, die jetzt am Tisch liegen, sind allesamt
hanebüchen. Es ist wirklich ein hanebüchenes und vorgeschobenes Argument,
wenn man sagt: Weil die Parteien nicht fähig sind, innerhalb einer
bestimmten Frist Regierungsverhandlungen zu führen, weil sich die
ÖVP über Wochen und Monate in den Schmollwinkel zurückgezogen
hat oder – anders herum – weil die Wahlkämpfe immer
länger dauern, immer teurer und aufwändiger werden und immer mehr
Zeit in Anspruch nehmen, soll es Bürgerinnen und Bürgern nur mehr
alle fünf Jahre erlaubt sein, die Meinung zu sagen anstatt wie derzeit
alle vier Jahre. (Beifall bei den
Grünen.)
Das ist mit Disziplin lösbar. Man kann Wahlkampfkosten begrenzen und Regierungsverhandlungen seriös in vier bis sechs Wochen fertig haben. Man muss dafür nicht die Rechte der BürgerInnen beschneiden. Bedauerlich, dass darüber überhaupt keine Diskussion möglich war. Die Parteien, die das jetzt vertreten, haben im Wahlkampf nicht davon gesprochen, dass sie den Bürgerinnen und Bürgern dieses Recht beschneiden wollen, noch haben sie eine ernsthafte Diskussion über eine Vereinheitlichung der gesamten Legislaturperioden – in Landtagen und so weiter –, gesucht.
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