Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll33. Sitzung / Seite 13

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einen begründeten Bescheid durch die Behörde und entsprechenden Rechtsschutz, inkl. Beschwerderecht an den Verfassungsgerichtshof. Einem Ansuchen auf Bleibe­recht aus Gründen des Artikel 8 MRK hat der Gesetzgeber nicht einmal ein Antrags­recht zugebilligt. Es gibt keinen Rechtszug.  

Dabei war die Gesetzeslage zum humanitären Aufenthalt nicht immer derart restriktiv. Vor in Kraft treten des Fremdenrechtspakets gab es unter einer bestimmten Bedingung (wenn der Betroffene zusätzlich über einen legalen Zugang zum Arbeitsmarkt verfügt hat) die Möglichkeit, eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Ent­sprechend höher waren die Zahlen an erteilten Genehmigungen (2003: 1575; 2004: 1327; 2005: 732). Mit in Kraft treten des Fremdenrechtspakets ab 1.1.2006 wurde das Verfahren in Sachen humanitärer Aufenthalt wieder auf einen reinen Gnadenakt zu­rückgesetzt. Das wurde von zahlreichen ExpertInnen im Rahmen der Gesetzeswer­dung kritisiert. Die Zahl der im Jahr 2006 erteilten Genehmigungen war mit 206 dann entsprechend gering. Zahlreiche ExpertInnen und NGO-VertreterInnen haben bereits im Laufe des Jahres 2006 besorgt angemerkt, dass es in Österreich praktisch aus­sichtslos geworden ist, ein humanitäres Aufenthaltsrecht zu erhoffen.

Österreich koppelt sich damit auch von der internationalen Entwicklung ab. Die euro­päische Entwicklung geht in die Richtung, Bleiberechtsverfahren zu installieren und als wichtiges migrationspolitisches Instrumentarium zu nutzen. Bleiberechtsverfahren in Spanien, Italien, aber zuletzt vor allem in Belgien, Schweden und Deutschland sind ein deutlicher Beleg dafür. Bleiberechtskonzepte, in der Fachsprache Regularisierungen genannt, werden auch von der UNO-Generalversammlung als nützliches Instrument einer Migrationspolitik bezeichnet. Natürlich können sie nur zusammen mit einer funk­tionierenden Asyl- und Einwanderungspolitik bestehen. Auch der Europarat empfiehlt seinen Mitgliedsstaaten, sich mit der Durchführung von Regularisierungsprogrammen zu befassen (vorläufige Resolution des Ausschusses für Migration, Refugees and Po­pulation, „Regularisation programmes for irregular migrants“, AS/Mig (2007)05 vom 20.7.2007).

Bleiberecht dringend erforderlich

In Österreich leben mehrere tausend Menschen, die sich hier voll integriert haben, oft weit über 5 Jahre in Österreich aufhältig sind, derzeit aber keinen gültigen Aufenthalts­titel haben. Dabei handelt es sich um folgende Gruppen:

a. Menschen, deren Asylverfahren noch im Gange ist.

Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung des Innenministers vom 20. 07.2007 gibt es derzeit in I. und II. Instanz 11802 Asylverfahren, die länger als 3 Jahre, davon 3135 Asylverfahren die länger als 5 Jahre dauern. Dazu kommen ca. 3000 Asylverfahren, die bei den Höchstgerichten (VfGH, VwGH) anhängig sind. Angemerkt sei, dass es immer noch Asylverfahren gibt, die sogar mehrere Jahrzehnte dauern. Der Bericht der Volksanwaltschaft aus dem Jahr 2006 weist sogar ein 22 Jahre dauerndes Asylver­fahren aus. Diese Verfahren stammen noch aus einer Zeit vor Installierung des UBAS (vor 1998), als das Innenministerium selbst als Berufungsbehörde in Asylsachen zu­ständig war.

b. Menschen, deren Asylverfahren nach mehr als 5 jähriger Verfahrensdauer bereits negativ beschieden wurde.

Diese Personen sind keine AsylwerberInnen mehr. Sie sind vielfach nach einem Lang­zeitasylverfahren weiterhin in Österreich verblieben, weil sie völlig in die Gemeinden, in die Arbeitswelt, integriert wurden. Sie stehen aktuell mangels Aufenthaltsgrundlage vor der Abschiebung. Aus dieser Personengruppe kommen die medial bekannten und tra­gischen Fälle der letzten Wochen und Monate.

 


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