Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll35. Sitzung / Seite 152

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Übervolle Gefängnisse sind an sich ein Sicherheitsrisiko. (Abg. Ing. Westenthaler: Bauen wir ein neues!) Je weniger intensiv sich der Strafvollzug mit dem einzelnen Häft­ling auseinandersetzen kann, umso ungünstiger ist die Rückfallprognose und damit auch die Sicherheitsentwicklung im Großen.

Angesichts dieser Ausgangslage war es ab meinem Amtsantritt eine Priorität des Jus­tizressorts, sich mit dem Strafvollzug zu beschäftigen. Es ist mir bei den Budgetver­handlungen erstmals seit Jahren gelungen, eine spürbare Aufstockung des Personal­stands für die Justizanstalten zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.) Das wurde unter den Vorgängerregierungen um 5 Prozent gekürzt, obwohl die Häftlingszahlen mehr als deutlich gestiegen sind.

Ich darf mich noch einmal beim Herrn Finanzminister und beim Hohen Haus für die Un­terstützung dieses Anliegens bedanken.

Auch im Hinblick auf zusätzliche Haftkapazitäten darf ich darauf hinweisen, dass in Wien Haftanstalten geschlossen wurden und wir jetzt mit leider einiger zeitlicher Verzö­gerung, weil Neubau notwendig ist, erst wieder einen Jugendgerichtshof mit einer Ju­gendvollzugsanstalt bauen können. (Abg. Scheibner: Da ist doch nicht das Gebäude geschlossen worden!) Wir werden dort zusätzliche Haftplätze für Jugendliche schaffen, wir werden für Frauen zusätzliche Haftplätze schaffen. Wir werden somit erstmals wie­der für 450 zusätzliche Haftplätze sorgen.

Zur immer wieder kommenden Kasernen-Idee darf ich sagen, dass diese Idee unter Bundesminister Böhmdorfer verworfen worden ist, weil die Kasernen in dem baulichen Zustand, in dem sie damals schon waren, nicht den Sicherheitsanforderungen an Jus­tizanstalten entsprochen hätten. (Abg. Ing. Westenthaler: Da müssen Sie investieren!)

Ich darf auch darauf hinweisen, dass eine der weiteren Prioritäten seit meinem Amts­antritt der Ausbau des Opferschutzes gewesen ist. Wir haben Prozessbegleitung, die Koordinationsstelle, die Notrufstelle, die Schaffung von Opferschutzzentren, insbeson­dere auch die Unterstützung für Kinderschutzzentren und die entsprechenden psycho­sozialen und rechtlichen Möglichkeiten in diesem Bereich deutlich ausgebaut. (Beifall bei der SPÖ.)

Ziel der Strafrechtspolitik muss es sein, die Rückfallsquoten zu senken und damit mehr Sicherheit zu erreichen. Ziel aller aktuellen Vorhaben im Strafrechtsbereich ist ein Mehr an Sicherheit durch gezieltere Maßnahmen. So hat sich etwa gezeigt, dass sich die schon erwähnten kurzen Freiheitsstrafen äußerst nachteilig auf die Resozialisierung auswirken. Umgekehrt haben wir die Erfahrung gemacht, dass auch bei sehr schwieri­gen Tätergruppen, wie etwa den Sexualstraftätern, mit dem Einsatz von maßgeschnei­derten Therapien und Bewährungshilfe die Rückfallsquote sehr stark, nämlich in den einstelligen Prozentbereich, gesenkt werden konnte.

Die Justiz verfügt mit der Begutachtungsstelle für Sexualstraftäter über eine auch inter­national gesehen sehr erfolgreich arbeitende Spezialeinrichtung. Mit einem erst vor we­nigen Tagen herausgegebenen Erlass habe ich den Ausbau dieser Begutachtungsstel­le angeordnet.

In diesem Zusammenhang ist auch die bedingte Entlassung ein wichtiges Instrument, da mit der bedingten Entlassung und nur mit der bedingten Entlassung und nicht nach Verbüßung der vollen Strafe Therapieweisungen, Bewährungshilfe und gerichtliche Kontrolle verbunden werden können. Diese Kombination von Maßnahmen führt erfah­rungsgemäß zu deutlich niedrigeren Rückfallsquoten als das bloße Absitzen der ge­samten Strafzeit. Dann geht nämlich der Häftling ohne jegliche Kontrolle und Überwa­chungsmöglichkeit zurück in den Alltag.

 


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