Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 146

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wird und man eigentlich damit nichts zu tun haben will. Genau da müssen wir ansetzen, dass man nicht wegschaut. Wir müssen auch das Versagen der zustän­digen Behörden ansprechen. Das war in diesem Fall erschütternd. Das soziale Netz­werk der Jugendwohlfahrt hat in diesem konkreten Fall völlig versagt. Wir müssen dieses Versagen auch ernst nehmen und dürfen es nicht als ein Einzelfallversagen darstellen, denn wir wissen nicht, wie viele Dunkelzifferfälle es in diesem Bereich noch gibt.

Allem Anschein nach waren auch die Sozialarbeiter genau in dem Fall des kleinen Buben Luca völlig überfordert. Da hat es auch diese dramatischen Bilder in den Medien gegeben, wo dieser kleine Bub, malträtiert, mit blauen Flecken am Popo, am ganzen Körper, am Rücken, weinend gezeigt wurde und es offenkundig war, was da passiert ist. Es war auch den Behörden, auch der Ärzteschaft bewusst, was da passiert ist. Man hat auch ein Ausfolgeverbot an die Mutter verlangt, aber dem ist die Mödlinger Bezirkshauptmannschaft nicht nachgekommen.

Da ist ein Versagen evident, und da müssen wir einfach jetzt auch in diesen Bereichen tätig werden und nachjustieren. Es rächen sich natürlich auch die vielen Sparmaß­nahmen, die es im Sozialbereich gegeben hat. Es fehlt wahrscheinlich auch an Sozial­arbeitern – keine Frage, da müssen wir eben auch ansetzen und dürfen nicht sparen.

Wir müssen auch in diesen Bereichen immer wieder evaluieren. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir auch verlangen und sicherstellen, dass es eine unbedingte Anzeige­pflicht für alle Personen gibt, die beruflich mit Minderjährigen zu tun haben, und zwar dann, wenn ein begründeter Verdacht des physischen, sexuellen oder psychischen Missbrauchs besteht. (Beifall bei der FPÖ.) Da hat es eine Anzeigepflicht zu geben, damit sich auch die Behörden mit solchen Fällen auseinandersetzen müssen.

Natürlich ist auch eine Gutachterverantwortung festzumachen. Wenn ein Gutachter mit seinem Gutachten völlig daneben liegt, dann frage ich mich, warum er überhaupt bei weiteren Fällen als Gutachter eingesetzt wird. Da muss es in Zukunft eine Gutachter­verantwortung geben.

Wir verlangen die Schaffung eines neuen Straftatbestandes, nämlich der unterlas­senen Anzeige, und zwar für alle Personen, die einer solchen Anzeigepflicht unterlie­gen und dieser nicht nachkommen. Wir dürfen vor diesen negativen Entwicklungen und auch den Fällen, die wir in den letzten Wochen dramatisch aufgezeigt bekommen haben, nicht die Augen verschließen. Wir dürfen hier nicht wegschauen, wir müssen hinschauen, und zwar sehr massiv und genau hinschauen.

Der Fall Luca hätte vielleicht auch verhindert werden können. Es nützt nichts, im Nach­hinein zu sagen, was wäre, wenn, aber vielleicht hätte er ja verhindert werden können. Wir müssen zumindest verhindern, dass solche Fälle in Zukunft passieren. Vielleicht hätte der Fall verhindert werden können, wenn wir so wie in der Bundesrepublik Deutschland die gemeinsame Obsorge bei Scheidungsfällen verpflichtend gesetzlich festgemacht hätten.

Ja, und ich sage ganz bewusst, warum. Dieses verpflichtende Modell der gemein­samen Obsorge, das es in Deutschland gibt – dort heißt es gemeinsame elterliche Sorge –, ist dort Regelfall nach einer Scheidung, bei uns nur dann, wenn es einver­nehmlich zur gemeinsamen Obsorge kommt. Und genau da muss man ansetzen. Jener Elternteil, der in Deutschland die Alleinsorge für die Kinder anstrebt, muss nachweisen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist. Wenn das nachgewiesen wird, dann soll es selbstverständlich keine gemeinsame Obsorge geben. Aber wenn da nichts vorliegt, ist doch nicht einzusehen, dass es keine gemeinsame Obsorge gibt, denn es gibt ja bitte ein Recht der Kinder auf beide Elternteile. (Beifall bei der FPÖ.)

 


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