Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 33

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Der Weg der Mitte heißt, Leistung und Erfolg zu fördern. Er heißt aber auch, Schutz zu gewähren, wo dieser notwendig ist. Leistung und Wettbewerb sind Elemente, ohne die eine Marktwirtschaft nicht funktionieren kann. Wir bekennen uns zu Leistung und Wett­bewerb.

Ob ein Staat, ob eine Volkswirtschaft erfolgreich ist, entscheidet sich aber an der Fä­higkeit, jene zu stützen, die unsere Hilfe brauchen. Der österreichische wirtschaftliche Weg der vergangenen Jahrzehnte beweist: Es gibt keinen Wohlstand ohne Spitzenleis­tung und ohne Wettbewerb. Aber Wettbewerb und Spitzenleistungen für sich allein ma­chen noch kein funktionierendes Gemeinwesen. Das Erfolgsprinzip ist die Festschrei­bung von Solidarität. Wir, die österreichische Bundesregierung, haben diese Solidarität zum Leitmotiv unserer Tätigkeit für die nächsten Jahre gemacht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Diese österreichische Bundesregierung zeigt gerade auch durch die ihr angehörenden Persönlichkeiten, worauf es in nächster Zukunft besonders ankommen wird. Es wird darauf ankommen, jenes Prinzip, das Österreich zu einem der zehn wohlhabendsten Länder dieser Welt werden ließ, in Zeiten der Krise nicht über Bord zu werfen.

Es ist dies das Prinzip des Verhandelns, nicht des Streitens, das Prinzip des Augenma­ßes, nicht des Pendelns zwischen Extrempositionen, das Prinzip der gemeinsamen Entscheidungsfindung statt des Diktats einer Gruppe, das Prinzip des Ausgleichs und nicht des Gegensatzes, kurz: das Prinzip der österreichischen Sozialpartnerschaft, das sich als Erfolgsmodell während Jahrzehnten bewährt hat.

Wer den Ausgleich zwischen zwei Positionen sucht, der muss zuvor seinen Standpunkt klar formuliert haben. Beide Partner in dieser Regierungskoalition haben ihren jeweili­gen Standpunkt. Es gibt hier Unterschiede, und das ist auch gut so. Was aber die Poli­tikerinnen und Politiker in dieser Bundesregierung verbindet, sind der Wille zur gemein­samen Arbeit und die Bereitschaft zum politischen Kompromiss.

Einen gemeinsamen Nenner zu finden, das ist das Wesen der Demokratie. Ich bin da­von überzeugt, wenn zwei Parteien sich in allen Fragen diesen gemeinsamen Nenner zum Ziel machen, dann ist ihre Kraft nicht nur mit zwei, sondern mindestens mit vier zu multiplizieren. (Zwischenrufe beim BZÖ.) Das Prinzip der Suche nach dem gemeinsa­men Nenner gilt es auch gegenüber allen anderen Gruppen und Akteuren anzuwen­den.

Die Herausforderungen der nächsten Monate und Jahre, nämlich die Konjunktur zu stützen, den Arbeitsmarkt, das Gesundheits- und Pensionssystem zu sichern, in Bil­dung zu investieren, erfordern Partnerschaften auf allen Ebenen: Partnerschaften mit den Bundesländern, wenn es etwa um Gesundheit oder Bildung geht; mit den Städten und Gemeinden, wenn es um die Kinderbetreuung oder die Infrastruktur geht; mit den Seniorenverbänden und der Wirtschaft, wenn es um die Pensionen geht; mit den Ärz­ten, den Lehrern, den Elternvertretern, mit den im Nationalrat vertretenen Parteien, die nicht der Bundesregierung angehören; mit den Medien, die unsere Arbeit kritisch be­gleiten.

Die Herausforderung der Konjunkturstützung trifft alle Wirtschaftsnationen gleicher­maßen. Sie wird auch zu einer besonderen Herausforderung für die Europäische Union werden. Die Union wird so wie auch Österreich die Ziele eines stabilen Arbeitsmarktes, die Ziele einer sozialen, einer Arbeitnehmerunion voranstellen müssen.

SPÖ und ÖVP haben sich dazu entschlossen, in einer gemeinsamen Bundesregierung diese Herausforderungen anzunehmen. Die beiden Partner haben bereits in den Wo­chen nach der Nationalratswahl gezeigt, dass sie die berechtigten Erwartungen der Österreicherinnen und Österreicher erkannt haben. Es geht aber auch darum, die Pro-


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