Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 20

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 1/M des Herrn Abge­ordneten Dr. Hübner an den Bundeskanzler. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Bundeskanzler, die Einhaltung ge­gebener Versprechungen ist für die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie und unseres Systems von großer Bedeutung. Nun haben Sie – Sie persönlich und die SPÖ – vor der letzten Wahl zugesagt, dass künftige Änderungen im EU-Vertragswerk einer Volks­abstimmung unterzogen werden.

Sie haben auch noch im Wahlkampf und vor der Wahl diesen Standpunkt gehalten. Am 26.9. haben Sie im Nationalrat neben anderen Fraktionen einem diesbezüglichen FPÖ-Antrag zugestimmt. Vor Weihnachten und gestern haben Sie aber entsprechenden An­trägen nicht mehr zugestimmt.

Ein Bruch einer solchen Zusage wäre zwar auch für die SPÖ schlecht, was uns weni­ger berührt, aber besonders schlecht wäre das für das österreichische politische Sys­tem und seine Glaubwürdigkeit, was uns mehr Sorge macht.

Deshalb unsere Frage:

1/M

„Wie wollen Sie als Bundeskanzler die Einlösung Ihres Wahlversprechens gewährleis­ten, dass zukünftige Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die die österreichischen Interessen berüh­ren, sowie die Ratifizierung eines geänderten Vertrages von Lissabon und insbesonde­re auch ein möglicher Beitritt der Türkei zur EU, durch eine Volksabstimmung in Öster­reich entschieden werden, zumal ein diesbezüglicher Antrag der FPÖ in der National­ratssitzung vom 3. Dezember 2008 von der SPÖ abgelehnt wurde?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich verstehe, dass es auch die Aufgabe einer Oppositionspartei ist, gerade bei solch einem Thema, über das auch in der Bevölke­rung viel diskutiert wird, ein bisschen den Eindruck zu erwecken, als hätten wir unsere Meinung geändert.

Die SPÖ hat ihre Meinung nicht geändert. Es gibt einen Beschluss, der in mehreren Punkten die Haltung zur Europäischen Union definiert, und dazu gehört auch, dass die SPÖ als Partei eindeutig – so wie ich das ja auch immer vertrete – der Meinung ist, es sollte für den Fall eines neuen Vertrages, einer Vertragsänderung, die die Interessen Österreichs berührt, eine Volksabstimmung stattfinden.

Nun ist die Frage, ob es ausreichend ist, diese Meinung als Partei zu haben, wenn der Koalitionspartner anderer Meinung ist. Das hängt davon ab, was passiert, wenn der Fall eintritt. Dann ist zu beurteilen, ob man die Gelegenheit hat, den Koalitionspartner zu überzeugen, oder nicht. Vorher ist das eine Diskussion, in der jeder die Möglichkeit hat, seine Argumente vorzubringen.

Sie wissen, dass im Koalitionsabkommen sehr bewusst nicht festgelegt wurde, dass wir auf diese Meinung, auf diese Haltung, auf diese Vorgangsweise verzichten. Es ist das Recht jeder Partei, eine eigenständige Meinung zu formulieren. Wenn der Fall ein­tritt, haben Koalitionsparteien dann – Koalitionsparteien grundsätzlich; ich meine das weit über diese Regierung hinaus – darüber zu befinden, wie sie vorgehen und wie sie ihrer Meinung Nachdruck verleihen wollen.

 


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