Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 71

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Präsident Fritz Neugebauer: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, die 7 Minuten sind für den Tagesordnungspunkt 1. In der Aktuellen Europastunde hat jeder Redner 5 Mi­nuten Redezeit. (Unruhe im Saal.)

 


Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (fortsetzend): Also es kennt sich keiner mehr aus bei der Pannenwirtschaft hier im Haus!

Herr Bundeskanzler, ich bedauere, dass Ihr Partner, der Herr Vizekanzler, nicht anwesend ist, denn ich hätte heute zu gerne mit ihm über seine eigenen Aussagen diskutiert. Pröll sagt bei den Ökologiegesprächen bei Raiffeisen-Leasing – das halte ich für besonders sinnig, dass er ... (Abg. Riepl: Der Pröll ist ja nicht da! Der hört’s nicht!) – Ich habe ge­sagt, das hätte ich sehr gerne mit ihm diskutiert. Pröll sagt also: Österreich darf in puncto Schulden nicht Griechenland werden. – Das sagt der Finanzminister dieses Landes! (Abg. Riepl: ... ja nicht fragen, wenn er nicht da ist!) Ja, das werden sie ihm schon ausrichten. Tun Sie es! (Abg. Riepl: Aber er hört ja nicht, was Sie jetzt sagen!)

Österreich darf in puncto Schulden nicht Griechenland werden, sagt der Finanzminis­ter. Pröll warnt vor griechischen Szenarien in Österreich. Meine Damen und Herren, das sagt nicht irgendein Oppositionspolitiker von der FPK-Hinterbank, sondern das sagt der Finanzminister! Noch fünf solche Aussagen, meine Damen und Herren, und wir haben ein Problem auf den internationalen Finanzmärkten. (Abg. Kopf: Also bitte!) – Herr Kollege Kopf, du weißt es ganz genau: Ich möchte euer Gezeter nicht hören, wenn das hier von der Rostra mehrfach gesagt worden wäre, dass Österreich ein Griechen­land-Szenario droht, meine Damen und Herren. Jeder weiß, was das bedeutet, wenn das nicht die Frau Schmauswaberl, sondern der Herr Josef Pröll, Finanzminister und Vizekanzler dieses Landes, sagt. Er muss ja wissen, wovon er redet, wenn er sagt, Ös­terreich droht in drei Jahren – er hat sogar noch einen Zeitraum angegeben! – eine Kri­se wie in Griechenland. Ich halte das für bemerkenswert. (Beifall beim BZÖ.)

Der Vizekanzler hat das meiner Ansicht nach im Umgang mit der österreichischen Re­putation fahrlässig, aber aus Selbstschutzgründen getan, weil er sich noch daran erin­nert – das ist sein schlechtes Gewissen –, dass er den Österreichern bei der letzten Nationalratswahl versprochen hat, es werde keine neuen Steuern geben. Jetzt muss er irgendwie die Österreicher darauf vorbereiten, dass es doch eine Belastungswelle gibt, dass er wortbrüchig wird, und jetzt sagt er, jetzt droht Österreich in drei Jahren dassel­be wie Griechenland, meine Damen und Herren. Das ist meiner Ansicht nach ein fahr­lässiger Umgang mit der Reputation Österreichs!

Ich komme zum zweiten Punkt. Der Vizekanzler sagte bei diesen Ökologiegesprächen außerdem: „Griechenland sollte ein Mahnungspunkt sein für nicht nachhaltiges Wirt­schaften. Das Land habe sich über Jahre und Jahrzehnte mit Statistiken am Thema vor­beigeschummelt, dass auch ein Land auf Ausgaben- und Einnahmenstrukturen schauen müsse [...].“

Meine Damen und Herren, was heißt das? – Seit Jahren, ja Jahrzehnten ist bekannt, dass Griechenland schwindelt, und kein Mensch greift ein? Wozu brauche ich noch weitere EU-Kompetenzen für die Kommission, um in nationale Budgets einzugreifen, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, mit der Schwindelei Griechenlands, die sie über Jahre, ja Jahrzehnte veranstaltet haben, Schluss zu machen, meine Damen und Her­ren?! Jetzt kommt schön langsam die Wahrheit ans Tageslicht. Das haben Sie bei der letzten Debatte noch abgestritten. Jetzt sagt es der Herr Pröll selber bei Raiffeisen. Ja, bei Raiffeisen, da darf er – oder muss er; ich weiß es nicht – offenbar reden. (Heiter­keit des Abg. Mag. Kogler.)

Dann sagt Josef Pröll weiter: „Diese Krise habe auch das Primat der Politik gegenüber der Industrie und den Wirtschaftstreibenden wieder zurückgebracht.“ Das sagt er aus­gerechnet bei Raiffeisen, meine Damen und Herren, wo er als Befehlsempfänger an-


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