Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 196

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Jenseits der Frage, ob das taktisch, eine taktische Lüge oder was auch immer war, dass noch vor wenigen Wochen gesagt wurde, dass keine neuen Steuern eingeführt werden, obwohl auch damals – es wurde ja schon mehrfach darauf hingewiesen – klar war, dass es nicht ohne zusätzliche Steuereinnahmen gehen wird, irritiert mich an der Debatte – es liegt teilweise an Ihnen, aber nicht nur an Ihnen, um ehrlich zu sein – der Umstand, dass jetzt zwar darauf herumgeritten wird, ob das eine Lüge war oder nicht, dass aber wenig konkrete und brauchbare Vorschläge eingebracht wurden bezie­hungsweise wenig Bereitschaft dafür vorhanden ist, die Debatte anders zu führen als in der Vergangenheit.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass das BZÖ die Debatte damit begonnen hat, auf die Schweiz und die niedrige Steuer- beziehungsweise Abgabenquote in der Schweiz zu verweisen. Das mag sein oder ist auch so, sie ist niedriger, aber eine niedrige oder hohe Steuer- und Abgabenquote ist überhaupt kein Beleg für irgendetwas.

Die Länder mit den höchsten Abgabenquoten, nämlich die skandinavischen Länder, hal­ten sich in der Krise relativ gut. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Sie haben teilweise 50 Pro­zent Steuer- und Abgabenquote. (Abg. Dr. Pirklhuber: Sinnvolle Abgaben!) Dass die Schweiz eine niedrige Steuer- und Abgabenquote hat, ist historisch begründet, aber auch dadurch, dass neben dem Bund auch die Kantone und die Gemeinden sehr unter­schiedlich hohe Steuern einheben (Abg. Dr. Lichtenecker: Die Slowakei hat auch eine niedrige!), die nicht in diese Steuerquote eingerechnet werden können, die für den Bund verlautet wird, weil sie eben sehr unterschiedlich sind. (Abg. Scheibner: Das ist eh vernünftig!)

Weil es in der Schweiz im Sozialversicherungsbereich, dort, wo es bei uns ein Pflicht­versicherungssystem gibt, teilweise ein System der Versicherungspflicht mit privaten Versicherungen gibt, wird das ebenfalls nicht voll in die Steuer- und Abgabenquote ein­gerechnet.

Wenn in der Schweiz intern diskutiert wird, Herr Abgeordneter Bartenstein – und ich le­se die „Neue Zürcher Zeitung“ immer (Abg. Scheibner: Schön!) –, dann gibt es eine breite Debatte, in der die Schweizer zu der Erkenntnis kommen, dass ihre Steuer- und Abgabenquote, wenn man sie mit anderen Ländern wie beispielsweise Österreich ver­gleicht, annähernd gleich hoch wäre, wenn man alles hineinrechnen würde.

Noch immer sagt das nichts aus. Aber was wir, wie ich denke – und das ist nicht nur an die Adresse des BZÖ gerichtet –, von der Schweiz in dieser Debatte mitnehmen könn­ten, ist, dass die Schweizer, wenn sie eine Aufgabe vor sich haben – Sanierung der In­validitätsversicherung oder der Alters- und Hinterbliebenenversorgung, um zwei Bei­spiele aus dem Sozialbereich zu nennen –, das in aller Seriosität zwei Jahre lang dis­kutieren. Und das, was dann beschlossen wird, egal, ob nur parlamentarisch oder mit einer Volksabstimmung, hält in der Regel und ist gut gemacht.

Das ist der Unterschied zu der Art und Weise, wie wir hier in Österreich die Debatte führen – ich fürchte, auch bei dieser Budgetsanierung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bar­tenstein.) Es ist eine Debatte des Verschweigens, eine politische Kultur, bei der man sich gegenseitig nur den Dreck an den Schädel haut und bei der im Endeffekt überra­schend und überfallsartig Maßnahmen gesetzt werden.

Das hatten wir schon mehrere Male in dieser Republik. Ich erinnere nur an den Beginn von Schwarz-Blau: Ambulanzgebühren, Unfallrentenbesteuerung et cetera. Damals sind Maßnahmen gesetzt worden, die binnen kürzester Zeit wieder zurückgenommen wer­den mussten.

Mich würde eines interessieren – die Antwort darauf wird von Ihnen, Herr Vizekanzler, nicht mehr kommen –: Was ist im Sozialbereich geplant?

 


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