Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 64

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(Abg. Ing. Westenthaler: Der Euro fällt weiter!) Die Prämien für CDS sind, wie ich an­nehme, zurückgegangen, falls überhaupt noch jemand einen Kredit versichert. Das sind alles gute Anzeichen. Aber wie es nun einmal in der Ökonomie so geht: Man löst ein Problem, und andere tun sich auf. Das muss man auch dazusagen. Sie haben ein neues Moral Hazard Problem sozusagen erster Güte aufgemacht. Kreditgeber aller Art, von den Banken angefangen bis zu den Pensionsfonds, glauben jetzt zu wissen, dass ein Staat nicht bankrottgehen kann. Das wird ein Irrtum sein, aber momentan ist es das, worin man sich in Sicherheit wiegt.

Damit wird die Disziplin des Kapitalmarktes ausgeschaltet. Das kann auf Dauer nicht so bleiben. Es ist ja nichts Schlechtes daran, dass Staaten mit geringerer Bonität etwas höhere Zinsen zahlen müssen als Staaten mit guter Bonität, wie zum Beispiel die Bun­desrepublik Deutschland oder Österreich. Das ist etwas ganz Normales und ein gutes Signal für Anleger. Na was glauben die anderen? – Aha, die Risikoprämie ist etwas hö­her. Das ist normal. Und dieses Signal schalten Sie jetzt aus.

Griechenland bekommt eine Atempause, mehr nicht. Damit bekommt der Rest Euro­pas eine Atempause, mehr nicht. Ich mache gar kein Hehl daraus, dass ich der Mei­nung war – Jänner, Februar, bis in den März hinein –, dass ein Default Griechenlands die bessere Alternative gewesen wäre, und zwar aus dem schlichten Grund, dass dann die Gläubiger Griechenlands automatisch drangekommen wären, automatisch (demons­trativer Beifall bei der FPÖ), und zwar unabhängig davon, wer es ist, ob Banken, Pen­sionsfonds, andere Fonds, Stiftungen, egal wer, unabhängig von der Nationalität. Auch Mitglieder der Nicht-Eurozone, also alle Banken und sonstigen Finanzinstitute, die der Eurozone nicht angehören, wären auf diese Art drangekommen, sofern sie zu den Gläubigern gehören. Okay, es wäre auch nicht ohne Risiko gewesen, das muss man dazusagen.

Echt erschüttert bin ich darüber, wie wenig – und das ist, glaube ich, der wichtigste Grund, diesen Default nicht zugelassen zu haben – wir über die tatsächliche Gläubiger­struktur in Griechenland, Portugal, Spanien und so weiter wissen.

Erst in den letzten Wochen hat sich für mich herausgestellt – ich bin halt angewiesen auf die „Financial Times“ und so weiter –, dass die Banken bei Griechenland und bei den anderen Ländern 50, maximal 60 Prozent der Gläubiger ausmachen. Der Rest sind Pensionsfonds, Stiftungen, andere Fonds und so weiter.

Da möchte man schon zum Beispiel wissen: Welche Pensionsfonds? Das kann uns in Österreich auch nicht gleichgültig sein. Welche Nationalität? Wen haben die versi­chert? Wer hat dort eingezahlt?

Ganz abgesehen davon, dass ich bis heute – und ich behaupte einmal, alle anderen 182 Abgeordneten wissen das auch nicht – nicht weiß, wie dieser CDS-Markt struktu­riert ist, die Credit Default Swaps. Wer sind die Versicherten und wer sind die Versiche­rer?

Wenn jetzt Herr Ackermann gesagt hat – mit Recht, finde ich, in der Sache mit Recht –, er habe größte Zweifel daran, dass Griechenland nicht doch in den Default geschickt werden muss – auch meine Meinung –, dann fragt man sich als gelernter Zyniker schon: Wieso sagt Ackermann, der Chef der Deutschen Bank, das öffentlich? Ich den­ke, es gibt zwei Gründe: Entweder ist die Deutsche Bank, verglichen mit anderen, in Griechenland viel weniger engagiert – dann kann es ihm nur recht sein, wenn die an­deren drankommen –, oder die Deutsche Bank ist mit CDS versichert – dann kann es ihm egal sein, ob Griechenland zahlt oder nicht. (Abg. Dr. Matznetter: Dann steigt der Kurswert!) Vielleicht fällt jemandem noch eine dritte Alternative ein. – Also, da haben wir Zeit gewonnen. Es wird ein Restructuring geben, Schuldennachlass, Fristenerstre-


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