Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 71

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Wie das weitergeht im Jemen, in Jordanien, in Bahrain ist offen. In China und im Iran wurden bereits erste Demonstrationen wieder im Keim erstickt und brutal niederge­schlagen, im Übrigen ziemlich zeitgleich, Herr Außenminister, als Sie dort waren. Im Iran werden wieder Oppositionsführer von der Polizei aus den Häusern geholt.

Also wir erleben in all diesen Ländern Prozesse gegen Demokratie, gegen Menschen­rechte. Menschenrechte werden mit den Füßen getreten, Grundfreiheiten werden nicht gewährt, und es stellt sich die Frage, was wirklich die Rolle einer Außenpolitik sein soll, was die Rolle einer europäischen, aber vor allem auch einer österreichischen Außen­politik sein kann.

Hannes Tretter, Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte, hat es in einem Satz zusammengefasst, nämlich ob ein Diktator dieses Zuschnitts – Gaddafi hat er gemeint – so hofiert werden musste, wie das der Fall war. Und das ist ein Schlüssel­satz, der offensichtlich auch für die österreichische Außenpolitik steht. Österreich ist ru­hig und sehr zurückhaltend, was Menschenrechte, Demokratisierungsprozesse betrifft, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Bevölkerung diesen Diktator gestürzt hat. Vorher werden sie hofiert, und bei Gaddafi war das ganz besonders der Fall, war das ganz besonders auffällig. 1,2 Milliarden € Vermögen der Familie mittlerweile in Österreich, sehr enge politische Beziehungen insbesondere zur FPÖ oder FPK, angeblich auch Geldflüsse zu FPÖ/FPK, Haider-Konten, wie das letztes Jahr durch die Medien gegeis­tert ist.

All das ist extrem aufklärungsbedürftig! Und auch die FPÖ ist einmal aufgerufen, Hy­giene zu betreiben und mitzuarbeiten an der Frage, woher diese Gelder kommen, wo sie hingekommen sind, was damit passiert ist, und sie gegebenenfalls auch zurück­zuzahlen an das libysche Volk, dem diese Gelder weggenommen worden sind. (Beifall bei den Grünen.)

Jahrelang, jahrzehntelang – Österreich war wirtschaftlich extrem engagiert in Libyen seit den siebziger Jahren – hat man in diesen Staaten sehr stark auf Stabilität, auf wirt­schaftliche Interessen gesetzt, sehr stark auch darauf gesetzt, dass diese Diktatoren die Sache schon im Griff haben werden, und man hat die Frage der Menschenrechte und der Demokratisierung nicht angesprochen, über Jahrzehnte nicht angesprochen.

Ziel muss natürlich jetzt sein, in einem friedlichen Transformationsprozess diese Län­der auch in demokratische Strukturen hineinzuführen. Da brauchen sie Unterstützung. Aber das Wichtigste dabei, das wir aufzuarbeiten haben, ist die Doppelbödigkeit insbe­sondere der europäischen, aber auch der österreichischen Politik. Jahrelang haben die Europäer modernste Waffensysteme in den ganzen Nahen Osten geliefert, auch Öster­reich. Deutschland hat im Wert von 53 Millionen Technologien zur Störung von Handy­netzen, GPS, zur Blockade des Internets, also klassische Technologien zur Unter­drückung von zivilen Strukturen und von zivilem Widerstand, geliefert, das Vereinigte Königreich Munition, Tränengas, Equipment für sogenanntes Crowd Control, also auch zur Unterdrückung von Demonstrationen, andere EU-Staaten Kampfflugzeuge, Hub­schrauber, Kalaschnikows.

Die offizielle Bilanz von Österreich aus dem Jahr 2009 – das habe ich mir noch ange­sehen – sieht folgendermaßen aus: Österreichische Waffenexporte 2009: Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate jeweils 12 Millionen € für Munition, Saudi-Arabien 4 Millionen €, Kuwait 3,7 Millionen €. Aber auch Ägypten, Tunesien und auch Libyen sind da dabei.

Das ist die offizielle Statistik. Ich würde gerne wissen, ob es eine inoffizielle Statistik auch noch gibt, was diese Waffenexporte betrifft. Und so lange das von Europa wei­terhin gemacht wird, bleibt Europa und auch Österreich extrem unglaubwürdig. Der Grat zwischen sogenannten Drohnen, die sich nur Kameras aufstecken können, und


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