Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll103. Sitzung / Seite 109

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Wohle des Kindes – aber plötzlich, in der Debatte über dieses Fremdenrechtsände­rungs­gesetz kommt das Wohl des Kindes gar nicht mehr vor, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wir von den Grünen haben immer davor gewarnt – und warnen weiterhin davor. Vielleicht können Sie sich erinnern: Im Jänner dieses Jahres haben Sie mit einer Zweidrittelmehrheit in diesem Haus ein Gesetz beschlossen, nämlich die Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung. Sie haben diese Verankerung der Kinderrechte aber mit einem Gesetzesvorbehalt beschlossen, und dieser Gesetzesvorbehalt heißt: Fremdenrecht sticht Kinderrecht. Und das haben wir hier jetzt schwarz auf weiß vor uns liegen: Fremdenrecht sticht Kinderrecht. Sie schieben Jugendliche ab und stecken sie vorher ins Gefängnis. So ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die UN-Kinderrechtskonvention definiert Mindeststandards, weltweit, Mindeststan­dards, und diese Mindeststandards gelten bis 18. Sie sorgen mit diesem Gesetz dafür, dass 16-Jährige in Schubhaft kommen, ohne zu schauen, ob es nicht auch irgendwie anders geht, denn das „gelindere Mittel“ haben Sie ja beseitigt. Sie schieben diese Kinder in Gefängnisse ab, und deshalb gilt der Spruch: Kinder gehören nicht ins Gefängnis.

Zusätzlich soll es kindeswohlorientierte Unterbringungen geben. Die wird es nicht geben, zumindest bis jetzt nicht, in den Bundesländern schon gar nicht. „Kindgerechte Abschiebungen“, das wurde auch erwähnt in der ganzen Debatte davor. Sie haben die Jugendwohlfahrt gebeten, Sie zu unterstützen, Kinder kindgerecht abzuschieben. Die Jugendwohlfahrt sagt in allen Ländern: Nein, danke, wir sind nicht dafür zuständig, Kinder abzuschieben, sondern wir sind dafür zuständig, Kinder zu schützen. (Beifall bei den Grünen.) Dieses Gesetz sagt aber, wir schieben sie trotzdem ab.

Sie vergeuden hier eine Chance, eine Chance, dass Kinder und Jugendliche in Österreich aufwachsen können und auch ihr Potenzial hier wirklich zur Geltung bringen können, und das alles anscheinend unter dem vielzitierten „Kindeswohl“, das plötzlich keinen Wert mehr für Sie hat. Das muss hier auch einmal gesagt werden: Das Kindes­wohl hat hier für Sie keinen Wert mehr.

Ich komme zum Schluss. Herr Integrationsstaatssekretär Kurz, Sie wollen jugend­politische Akzente setzen. Dazu würde ich Ihnen gerne Folgendes empfehlen: die Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention für das Wohl des Kindes – für alle Kinder in Österreich, egal, woher sie kommen, egal, woher ihre Eltern kommen –, keine Schubhaft für Kinder und den Schutz von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Kurz. – Bitte.

 


14.40.22

Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres Sebastian Kurz: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Geschätzte Abgeordnete! Das Frem­denrechtsänderungsgesetz, das von SPÖ und ÖVP im Februar vorgelegt worden ist, den Ministerrat passiert hat und heute dem Parlament zur Beschlussfassung vor­liegt, regelt eine Vielzahl von Materien: fremdenpolizeiliche, asylrechtliche, aufenthalts­rechtliche Belange genauso wie solche, die für die Integration sehr wesentlich sind. Aber ich glaube, das alles rechtfertigt trotzdem nicht eine Vermischung in der Debatte. Es werden immer wieder Worte wie „Asyl“, „Zuwanderung“ und „Integration“ in einen Topf geworfen, als wäre das alles ein und dasselbe. (Zwischenrufe bei den Grünen. –


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