Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll112. Sitzung / Seite 71

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Oder die kriegerischen und kämpferischen Auseinandersetzungen rund um Kärnten. Da ging es ja wirklich um Krieg und Frieden und um vitale Dinge. Im Ersten Weltkrieg etwa: Das Ringen um Kärnten nach dem Ersten Weltkrieg hat 400 Tote, 270 davon auf Kärntner Seite, gefordert, und 800 Verwundete. Dann die Selbstbestimmung, wo es hin und her gegangen ist und unter Druck der Amerikaner dann zu der Volksabstimmung geführt hat, die mit fast 60 Prozent das Ja zu Kärnten und das Ja zu Österreich er­geben hat – übrigens mit wesentlicher Beteiligung der Kärntner Slowenen; dafür muss man heute noch dankbar sein und sollte es nicht vergessen. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Strache.)

Dann, im Zweiten Weltkrieg – man sollte auch diese Urängste nicht vergessen –, 1941, die Pläne, Zehntausende Kärntner Slowenen einfach umzusiedeln. Der Plan ist Gott sei Dank großteils nicht umgesetzt worden, aber über 1 000 Kärntner Slowenen sind umgesiedelt worden und sind dann durch andere Vertriebene aus dem Kanaltal oder aus Südtirol ersetzt worden. Da sind unglaubliche Dinge geschehen in dieser Zeit. 2 500 Kärntner sind Opfer der Naziverfolgung geworden, und der Widerstand gegen das Hitler-Regime hat gerade in diesem Teil eine große Ausprägung erfahren.

Und dann 1945 der Gegenschlag: Terror, Vertreibung, Ermordung. Heute noch werden auf slowenischer Seite Massengräber entdeckt, die Gott sei Dank heute, in dieser Zeit aufgearbeitet werden können – und aufgearbeitet werden müssen, denn nur wer sich der Geschichte stellt und sie zu verstehen beginnt, ist in der Lage, auch Gegenwart und Zukunft zu meistern. Und dafür sollten wir gemeinsam dankbar sein.

Ich freue mich sehr, dass diese Lösung heute möglich wird. Ich habe selber auch jahrelang daran mitgearbeitet, dass wir eine solche Lösung haben. Der Staatsver-
trag 1955 – Wittmann hat ja darauf hingewiesen – ist ja nur eine sehr allgemeine For­mulierung, da wird ja nur von gemischtsprachiger Bevölkerung geredet. Und erst als der Verfassungsgerichtshof mit einer neuen Judikatur im Jahr 2001 – das war eine völ­lig neue Judikatur! – ermöglicht hat, neue, zusätzliche Ortstafeln aufzustellen, war gro­ßer Handlungsbedarf gegeben.

Und wir haben uns dem gestellt: Wir haben sofort die Konsensgruppe eingerichtet. Und ich bin heute noch sehr, sehr dankbar, dass wir da eine lebendige Zivil- und Bürgerge­sellschaft erlebt haben. Ich möchte auch den Menschen danken, die hier – zum Teil unbedankt von mancher Seite – immer wieder gekämpft haben. Das waren Professor Stefan Karner, der leider heute krankheitsbedingt nicht anwesend sein kann – ich wün­sche ihm wirklich baldige Genesung; er wäre sonst sicherlich hier –, Marjan Sturm, Bernard Sadovnik – sie sind im Saal anwesend –, Professor Hofrat Josef Feldner sei erwähnt, und viele andere, die hier mitgewirkt haben. (Beifall bei der ÖVP, bei Abge­ordneten der SPÖ sowie des Abg. Strache.)

Und natürlich auch die Kärntner Politiker. Entgegen dem, was behauptet wird, waren ja die Kärntner Politiker – mit manchem Auf und Ab – immer sehr konstruktiv. Ich möchte hier auch Landeshauptmann Zernatto nennen, auch Landeshauptmann Haider und Landeshauptmann Dörfler seien erwähnt, Josef Martinz, Ambrozy, Gaby Schaunig. Die haben alle mitgewirkt. Wir hatten sehr lange einstimmige Beschlüsse in der Landesre­gierung für eine solche Konsenslösung.

Und ich freue mich heute, dass manche ihre Meinung geändert haben – dieses leise Schmunzeln kann ich nicht verbergen –, denn heute haben wir die Verfassungsrege­lung, derentwegen ja Grüne und SPÖ vor einigen Jahren nicht zugestimmt haben, weil sie gemeint haben: Nein, einfachgesetzlich genügt es auch. – Okay, heute freue ich mich sehr, dass sie mit an Bord sind. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Es wäre auch schön gewesen, ganz ehrlich gesagt, wenn wir eine moderate Öffnungs­klausel, wie wir sie damals – mit Kärntner Zustimmung, bitte! – verhandelt hatten, in ir-


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