Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll188. Sitzung / Seite 111

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tes in diese auf der einen Seite, und andererseits das Bedürfnis einer Gesellschaft nach Sicherheit und das der Exekutive nach effektiver Garantie dieser Sicherheit. Die­ses Spannungsverhältnis muss ständig gewissenhaft ausbalanciert werden.

Ich erinnere daran, dass die Vorratsdatenspeicherung eigentlich ein Resultat jener Ter­roranschläge von London und Madrid ist. Sie wurde auf europäischer Ebene 2006 be­schlossen und war ursprünglich nur für die Terrorbekämpfung und zur Bekämpfung schwerer Verbrechen, die in der Richtlinie jedoch nicht näher definiert sind, gedacht. Wir als Parlamentarier müssen nun prüfen, ob die Umsetzung in Österreich diesem An­spruch, diesem Anliegen auch wirklich gerecht wird. Und ich gestehe: Je intensiver ich mich mit der Materie befasse, desto größer wird das Fragezeichen in mir, ob es da nicht zu einer überschießenden Gestaltung zugunsten der Sicherheit und zulasten der Freiheit des Bürgers gekommen ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Da haben Sie noch Zweifel? Da haben Sie noch Zweifel, Kollege Ikrath?)

Das war ja auch das Ziel, uns intensiv damit zu befassen, und wir tun es ja auch. Ich spreche von einem Fragezeichen, Kollege Pirklhuber, und deswegen ist das Thema doch auch anhängig beim Europäischen Gerichtshof, deswegen überarbeitet die Kom­mission die Richtlinie. Und deswegen ist unserer Überzeugung nach sachgerecht vor­zugehen, indem wir diese schwebenden Verfahren (Abg. Öllinger: Abwarten!) beob­achten, die Erkenntnisse aus diesen Verfahren verwerten und dann das Thema Vor­ratsdatenspeicherung neuerlich im Hohen Haus im neuen Licht diskutieren – und dann durchaus auch zu Anpassungen des Gesetzes kommen, nach dem Prinzip: So viel Freiheit für den Bürger wie möglich und so viel Sicherheit wie notwendig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Da wird Ihnen nichts übrig bleiben! – Abg. Grosz: Fürs Pro­tokoll: schwacher Applaus von der Fraktion!)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.05.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Kollege Ikrath, Sie haben in Ihrer Rede von einem klassischen Widerspruch gesprochen. Den kann auch ich Ih­nen nur bestätigen, nämlich den Widerspruch in Ihrer Politik!

Sie können nicht einerseits für Menschenrechte und für Grundrechte eintreten, so wie sie im Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben sind – nämlich das Grundrecht auf Privatsphäre – und hier von diesem Pult aus wirklich ernsthaft argumentieren: Anlass waren ja eigentlich nur die Terroranschläge in Madrid et cetera. Zwei Terroranschläge, und das Ergebnis: 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger werden sozusagen zu Überwachungsobjekten. Ist das ein Zugang? Ist das nicht Ihr Widerspruch?

Es ist doch unglaublich, Kollege Ikrath, dass Sie sagen: Wir warten jetzt ab; wir spei­chern Daten und warten ab, bis Entscheidungen auf europäischer Ebene stattfinden. In dem Entschließungsantrag – und das ist der Grund für unseren Zorn darüber – kommt gar keine politische Stoßrichtung in Richtung Kommission vor! Sie sind ja gar nicht be­reit, in Europa aufzutreten gegen einen Wahnsinn, den man nur so bezeichnen kann, nämlich 500 Millionen Menschen zu Überwachungsobjekten zu machen. Das kann man in keiner Form akzeptieren, und daher ist auch dieser Entschließungsantrag aus unserer Sicht viel zu schwach.

Meine Damen und Herren, das ist insbesondere deswegen so dramatisch, weil – Sie haben das nicht ausgeführt, Kollege Ikrath – in mehreren Mitgliedstaaten die dort be­findlichen jeweiligen nationalen Verfassungsgerichtshöfe bereits diese Umsetzung für


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