Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 110

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Das soll nicht möglich sein? Also ich muss sagen, ich bin da etwas in meinem Ver­ständnis überfordert und wundere mich über die Argumente, die da kommen. Der Kol­lege Großruck kommt sogar auf die Idee, dass wir sehr spät, erst jetzt mit den Resti­tutionen begonnen und dass sich die Deutschen erst 30 Jahre nach den Ereignissen für den Nationalsozialismus entschuldigt hätten. Ich darf darauf hinweisen: Unsere ers­ten Restitutionsgesetze stammen aus dem Jahr 1945. Die Restitution war 1947/1948 weitgehend abgeschlossen. Es wurden dann immer wieder neue Restitutionen ge­macht und vergessene Kapitel aufgearbeitet. Das geht bis heute. Aber wir haben eine 70-jährige Tradition der Aufarbeitung, der Entschädigung, der Rückstellung und so wei­ter.

Und jetzt geht es um hunderttausende Staatsbürger, die Nachkommen der Vertriebe­nen von 1945/1946 gewesen sind, die niemals einen Cent Entschädigung erhalten ha­ben, denen niemals etwas zurückgestellt wurde, denen gegenüber es nicht einmal eine Entschuldigung gegeben hat und die es nicht einmal erreicht haben, dass die Gesetze, aufgrund derer sie entrechtet, vertrieben und teilweise ermordet worden sind – straflos ermordet worden sind –, aufgehoben werden. Nicht einmal das!

Das wird in einer zynischen Weise gerechtfertigt, weil der tschechische Präsident meint, die Vertriebenen sollen froh sein, dass sie nicht hingerichtet worden sind. Er hat nämlich angesprochen, dass der Mehrheitsvertreter der Sudetendeutschen vor 1938, Konrad Henlein, später mit Hitler zusammengearbeitet hat. Er hat gesagt, Henlein ha­be ja bei der letzten Wahl bei den Sudetendeutschen, also bei den deutschsprachigen oder deutschstämmigen Böhmen, fast 90 Prozent der Stimmen gekriegt, daher wären 90 Prozent Landesverräter oder Staatsverräter gewesen. Die hätte man hinrichten kön­nen, die sollen froh sein, dass man sie nur vertrieben hat und dass man nur 250 000 ermordet hat. – Das ist ungefähr der Duktus.

Ich darf darauf hinweisen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ich in unserer Rechts­ordnung für die Infragestellung geschichtlicher Wahrheiten – § 3g und § 3h Verbotsge­setz – in besonders gefährlichen Fällen bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe bekomme. Und das macht ein Staatspräsident auf Staatsbesuch in Österreich! Er hat diese Aussagen ja nicht irgendwo auf den Fidschi-Inseln um dieses schöne Land zu erwähnen  ge­tätigt, sondern bei einem offiziellen Staatsbesuch! Nachdem er vorher offiziell und freundschaftlich mit Heinz Fischer gesprochen hat, hat er der APA gegenüber ein Inter­view gegeben und diese Äußerungen aus dem Jahr 2002 wiederholt und bekräftigt. Er hat auf die Frage, ob er dazu stehe, mit „selbstverständlich“ geantwortet.

Das offizielle Österreich hat – obwohl das im Rahmen eines Staatsbesuches gesagt wurde – darüber keinen Pieps verloren. Der einzige Pieps, den ich gehört habe, stammt vom Herrn Außenminister Spindelegger. Er hat im außenpolitischen Ausschuss gemeint, dass das natürlich abzulehnen sei und er das verurteile. Aber wenn es darum geht, das nach außen zu tragen, wird es natürlich abgelehnt. Das ist eine wirklich schändliche Haltung – das muss ich leider sagen – der Regierungsparteien. (Beifall bei der FPÖ.)

Was die Grünen machen werden, kann ich mir ungefähr vorstellen. Aber vielleicht gibt es eine große Überraschung und die Kollegin Korun, die ja auch auf der Rednerliste steht, wird uns heute erklären, dass auch sie das verurteilt und dass sie es ange­messen findet, von der Regierung zu verlangen, den Herrn Zeman zumindest mit ei­nem Wort zu kritisieren.

Wir werden sehen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. 3 Minuten. – Bitte.

 


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