Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 39

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9.55.35

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Musiol, wenn Sie unserem Bundesobmann bei seiner Rede zugehört haben, dann wissen Sie, dass es hier nicht um eine Opferdebatte geht, dass es nicht um Schwarz-Weiß-Malerei geht, sondern es geht darum, ein Problem aufzuzeigen, das im Rahmen eines Familienrechtspakets nicht gelöst worden ist. (Beifall beim BZÖ.)

Daher verwahre ich mich auch dagegen, das jetzt so in ein Eck zu drängen, sondern ich glaube, es ist richtig, dass wir diesen provokanten Titel gewählt haben.

Und, Frau Kollegin Musiol, Sie haben vollkommen richtig gesagt, fünf Jahre hätten wir Zeit gehabt, ein modernes, zeitgemäßes Unterhaltsrecht zu machen – und geschehen ist null. Und das ist das Problem. Wir haben zwar einige Adaptierungen bei der gemeinsamen Obsorge vorgenommen, die aber nicht zu einer gemeinsamen Obsorge im Regelfall geführt haben. Das ist sozusagen einer der vielen ersten Schritte, die bei den Gesetzen immer wieder angekündigt werden – und darin sind die Regierungs­parteien eigentlich sehr großartig, erste Schritte zu machen, aber nie vollständige Schritte, sondern immer nur Halbherzigkeiten und Kompromisse. (Beifall beim BZÖ.)

Auch hier, bei diesem Familienrechtspaket, hätte man das Unterhaltsrecht mitver­han­deln müssen. Das ist dringend notwendig. Wenn man sich anschaut, dann stellt man fest, dass sich am Basisgesetz des Kindschaftsrechtes seit 1977 eigentlich nie mehr etwas geändert hat. Wenn man das durchliest, dann glaubt man, man ist in einem anderen Zeitalter! Da muss man der Regierung, den beiden Regierungsparteien wirk­lich den Vorwurf machen, dass sie in diesem Bereich geschlafen haben und nichts getan haben. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Familienbild, das Familienbild des BZÖ, orientiert sich am Kindeswohl – das ist so –, und daher ist es unabhängig davon, in welche Beziehungen Kinder hineingeboren werden beziehungsweise in welchen Beziehungen sie leben. Aber eines ist für uns auch ganz klar: Das Recht auf Vater und Mutter besteht für alle Kinder. Und dieses Recht auf Vater und Mutter muss geschützt werden, dieses Recht muss ständig eingefordert werden, auch von der Politik, und es muss auch lebbar sein.

Wir haben eben Situationen oder viele Situationen, wo es nicht lebbar ist. Jetzt kann man sagen, na ja, das sind individuelle Situationen, das sind individuelle Gegeben­heiten, aber ich glaube, so leicht kann man es sich nicht machen. Es müssen die Rahmen allgemein passen.

Erfreulich für uns alle, glaube ich, ist, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Väter in Richtung Familie sehr positiv entwickelt haben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird immer mehr auch eine Frage der Eltern und ist nicht nur eine Frage der Mütter. Vor allem wollen die Väter auch mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, mehr Verantwortung übernehmen. Und das muss letztendlich auch möglich sein, denn, auch wenn sich Partner trennen, Eltern bleiben sie ein ganzes Leben lang, und da ist es egal, ob es sich um Kinder aus einer Erstehe handelt oder aus weiteren Beziehungen.

Frau Bundesministerin, Sie haben jetzt das Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz, das wir im Dezember 2012 beschlossen haben, sehr umfangreich gelobt, aber ich muss sagen, Sie haben dort so viele Chancen vertan, etwa die Chance, dass wir die gemein­same Obsorge als Regelfall und die alleinige Obsorge nur im Ausnahmefall fest­geschrieben hätten. Sie haben auch die Chance vertan, wie ich schon gesagt habe, gleichzeitig ein modernes Unterhaltsrecht zu schaffen, in dem sich der Unterhalt nicht nur am Einkommen des Vaters ausrichtet, sondern letztendlich auch an den Betreu­ungs­leistungen – die wir ja alle einfordern, dass die Väter mehr für ihre Kinder da sind.


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