Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll7. Sitzung / Seite 124

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Zwar zweifelt keiner, der in der medialen Berichterstattung zitierten Experten, an der persönlichen Integrität des neuen Justizministers, trotzdem sind die formellen Unver­ein­barkeiten augenfällig. Werner Zinkl, der Präsident der Richtervereinigung meint etwa, dass man hier doch "sehr stark mit der Anscheinsproblematik konfrontiert" sei, es zeige sich deutlich, "welch schlechte Optik das Weisungsrecht auslösen kann". Die Standesvertreter fordern seit langem, dass das Weisungsrecht gegenüber vom Minis­ter an ein unabhängiges Organ übertragen wird. Auch Gerhard Jarosch, Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, bekräftigte die Forderung, das Weisungsrecht "weg vom Ministerium" zu bringen, um jeglichen Anschein eines politischen Einflusses auf die Justiz zu vermeiden. Er hofft, dass der neue Minister insgesamt die Unabhängigkeit der Justiz stärkt, etwa auch mit dem Rat der Gerichtsbarkeit, der die Personalauswahl und Ressourcenverteilung in die Hand nehmen soll. Uns selbst Brandstetter, der in der Vergangenheit für die Abschaffung des Weisungsrechts eingetreten ist, hat ange­kün­digt, dass er nicht am Weisungsrecht in seiner jetzigen Form festhalten möchte.

Dass das Weisungsrecht hoch problematisch ist, zeigt der Umstand, dass der Justiz­minister damit die Möglichkeit hat, wie ein Gerichtsherr im Mittelalter auf jeden einzelnen Straffall Einfluss zu nehmen. Dabei sind nicht nur die tatsächlichen Weisun­gen ein Problem. Allein die Möglichkeit einer Weisung birgt die Gefahr des vorsaus­eilenden Gehorsams der Staatsanwaltschaften gegenüber dem Justizminister. Immer­hin entscheidet der Minister auch über den nächsten Karriereschritt der betroffenen StaatsanwältInnen. Das kann gerade bei parteipolitischen Ermittlungen zu überhöhter Vorsicht führen. Besonders problematisch ist es, dass nicht einmal die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von dieser Weisungsgebundenheit ausgenommen ist. Dort ist man ständig mit heiklen Ermittlungen im Umfeld von Politik und Wirtschaft konfrontiert. Führende Korruptionsexperten fordern deshalb gerade in diesem Zusam­menhang die sofortige Weisungsfreistellung. Die Notwendigkeit der Einrichtung einer unabhängigen und dadurch auch effizienten Behörde zur Korruptionsbekämpfung ergibt sich sowohl aus dem UN-Übereinkommen gegen Korruption als auch dem Europarat-Strafrechtsübereinkommen.

Es ist an der Zeit, das Weisungsrecht des Justizministeriums gegenüber der Staats­anwaltschaft zu kappen. Ein Vorschlag wäre, dass die Weisungsspitze auf eine/n Bundesstaatsanwalt/Bundesstaatsanwältin übergeht, der/die vom Nationalrat mit qualifizierter Mehrheit bestellt wird und dem Parlament verantwortlich ist. In einem eigenen Justizunterausschuss könnten insbesondere Verfahrenseinstellungen in An­we­sen­heit des Bundesstaatsanwaltes/der BundesstaatsanwältIn überprüft werden. Zusätzlich muss die Unabhängigkeit der StaatsanwältInnen auch in Personalangele­genheiten abgesichert werden. Ein Rat der Gerichtsbarkeit soll zukünftig anstelle des Justizministers für Ernennungen und Postenbesetzungen zuständig sein.

Gemäß Artikel 90a B-VG kann die Bundesregierung durch Bundesgesetz die näheren Regelungen über die Bindung der Staatsanwälte an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe treffen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der die Übertragung des staatsanwaltschaftlichen Weisungsrechts weg


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