Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 37

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gibt es nicht diese Sozialleistungen!) Und wenn Sie von Aufnahmezentren in den afrikanischen Ländern reden: Es gibt in Afrika sehr, sehr große Lager, in denen eine halbe Million Menschen untergebracht sind. Da sitzen auch Menschen, die bereits einen anerkannten Asylstatus haben, nur Europa nimmt sie nicht.

Also dieses gesamte scheinheilige Gerede (Abg. Kickl: Achtung! Scheinheilig! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ): Wir nehmen ja dann welche, wenn das UNHCR – ich führe es aus, ich begründe es! – den Asylstatus festgesetzt hat! – Europa hat sich nicht einmal auf die Aufnahme von 5 000 Resettlement-Flüchtlingen verständigen können – das sind die Schwächsten der Schwachen, das sind Vulnerable Persons, Menschen, die von sich aus die Flucht nie schaffen können. Die 28 EU-Länder waren nicht einmal fähig, sich darauf zu verständigen, 5 000 Menschen nach Europa einreisen zu lassen und Resettlement zu betreiben.

Jedes Jahr meldet das UNHCR 80 000 bis 90 000 Menschen, die besonders schwach und besonders empfindlich sind – das sind Kranke, das sind Kinder, das sind beson­ders alte Menschen –, die von selber nicht aus den Flüchtlingslagern fliehen können, sich in kein Boot setzen können, die unsere Unterstützung brauchen. Selbst sie wer­den nicht in Europa aufgenommen.

Ich frage mich schon: Wo sind unsere Werte? Papst Franziskus hat gefragt: Wer ist für den Tod meiner Brüder und Schwestern verantwortlich? – Es ist nicht mein Papst, ich bin nicht katholisch, er ist nicht unser aller Papst, aber es sind unser aller Brüder und Schwestern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

15.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


15.51.06

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Die Ausgangslage könnte nicht dramatischer sein. Wir hatten im Jahr 2014 innerhalb der Europäischen Union 626 000 Asylanträge. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 44 Prozent, im Jahr 2013 waren es 435 000 Anträge. Österreich zählt zu den zehn Ländern, in denen am meisten Anträge gestellt werden und worden sind, nämlich über 28 000. Das sind zwar immer noch um 10 000 weniger als im Jahr 2002, aber immerhin eine ganze Menge, und wir liegen damit in absoluten Zahlen an der siebenten Stelle aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegen wir an dritter Stelle der Europäischen Union.

Es ist schon angesprochen worden, warum denn islamische Staaten, die angeblich die Verursacher vieler Krisen wären, hier nicht verstärkt Flüchtlinge aufnehmen. – Dazu ist schon sehr deutlich zu sagen, dass in den Nachbarstaaten Syriens über 4 Millionen Flücht­linge aufgenommen worden sind: 1,8 Millionen in der Türkei, 1,2 Millionen im Libanon, in Jordanien 0,6 Millionen, im Irak 0,2 Millionen und in Ägypten 0,1 Millionen.

Im Jahr 2014 haben 3 500 Menschen bei der Überfahrt über das Mittelmeer ihr Leben verloren, und stündlich werden es mehr. Da kann Europa nicht die Augen zumachen und so tun, als könnte man halt nichts machen. In dieser Frage ist aber auch ent­scheidend, dass man die Frage der Rettung aus der Seenot nicht mit der automati­schen Einwanderung in die Europäischen Union gleichsetzt. Diese Gleichsetzung ist falsch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es ist ein humanitäres Gebot, die Menschen aus der Seenot zu retten, aber die Euro­päische Union ist auch eine rechtsstaatliche Union. Sie hat sich natürlich an die Menschenrechte zu halten, aber sie hat daher auch ordentliche Verfahren abzuwickeln.

 


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