Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 193

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mer am Abend –, wie man als Bürger und Bürgerin ohne Inanspruchnahme einer Par­tei oder eines Abgeordneten/einer Abgeordneten auch direkt im Parlament mitbestim­men kann.

Die einzige Möglichkeit, das zu tun, ist mittels Bürgerinitiative. Die Menschen, die bei den Workshops dabei sind, haben nicht die Erwartungshaltung, dass ,wenn sie eine Bürgerinitiative im Parlament einreichen, das dann eins zu eins umgesetzt wird. Das sind keine Träumer und Träumerinnen. Da geht es tatsächlich um ein wesentliches An­liegen: dass sie gehört werden. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Es geht grundsätzlich darum, dass Stellungnahmen eingeholt werden, dass die Ent­scheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen in diesem Land wissen, dass es die­ses Anliegen gibt, dass die Fraktionen eine politische Debatte führen und dann zu ei­ner Entscheidung kommen. Das verspreche ich oder habe ich im letzten Jahr, in den letzten sechs Monaten bereits fünfzig Mal versprochen, dass ich mich dafür einsetze. Bisher ist das in den letzten Sitzungen meist geglückt, aber in der letzten Sitzung nicht.

Ich möchte ein Beispiel herausgreifen, nämlich die Bürgerinitiative aus dem Görtschitz­tal, die sich mit dem Thema HCB beschäftigt hat. Alle Fraktionen kennen dieses The­ma. Grundsätzlich ist aufgrund der falschen Verarbeitung von Schadstoffen Erde kon­taminiert worden. Die Menschen, die rundherum leben, die dort auch ihre Kinder auf den Feldern spielen lassen, haben eine Bürgerinitiative gestartet, mit dem konkreten Wunsch an den Nationalrat, dass man prüft, wie man Bundeskompetenzen in Zukunft anders gestalten kann, damit solche Umweltskandale nicht mehr passieren können.

Was haben wir gemacht? – Wir haben gestern beispielsweise ein Umweltinformations­gesetz verabschiedet, das dem entgegenwirken würde. Wir haben es aber nicht ge­schafft, diese Bürgerinitiative zu nehmen und dem Umweltausschuss zuzuweisen. Wir haben sie zur Kenntnis genommen. Und was passiert? – Es ist dann genau dieses Ver­sprechen gebrochen, dass wir Menschen – wie Kollegin Aubauer vorhin schon gesagt hat – ernst nehmen, die 500 Unterschriften sammeln. Das ist uns nicht gelungen. Des­wegen werde ich heute auch gegen diesen Sammelbericht stimmen und hoffe, dass ich das in Zukunft nicht mehr tun muss.

Ich möchte aber auch einen Ausblick auf das zweite Halbjahr geben und möchte ins­besondere an die Sozialdemokratie und die Konservativen, aber auch an alle anderen Parlamentsfraktionen appellieren, dass wir intensiv an zwei Punkten arbeiten müssen. Wir müssen auf der einen Seite zumindest einen Minimalkonsens finden, der durch die Mehrheit getragen wird, um den Ausschuss aufzuwerten. Wir reden nach wie vor von der Öffnung des Ausschusses.

Wir reden nach wie vor davon, dass Initiatoren und Initiatorinnen grundsätzlich am Aus­schuss teilnehmen können, dass es leichter ist, Auskunftspersonen einzuladen, und wir reden vor allem auch darüber, dass es nicht mehr eine „Gnade“ ist, die das Hohe Haus vergibt, dass Menschen in dieses Haus kommen, sondern dass es ein Recht der Bür­gerinnen und Bürger wird. Das ist eine zentrale Forderung.

Als zweiten relevanten Punkt für den Petitionsausschuss möchte ich auch noch eines heranziehen: Wir haben derzeit – das hat Kollegin Schenk davor auch schon ange­sprochen – sehr große Schwachstellen im Bereich der Berichtspflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Die Bundesrepublik Deutschland informiert einmal im Jahr darüber, was mit Petitionen geschehen ist, welche konkrete Gesetzesmaterie aufgrund einer eingegangenen Petition entstanden ist.

Wir haben derzeit nicht einmal den Ansatz. Die Bürgerinnen und Bürger erhalten die Rückmeldung, dass die Petition, die Bürgerinitiative erledigt ist. Sie erfahren nicht, was damit weiter passiert ist. Sie erfahren nicht, ob sie damit die Republik verändert haben oder nicht.

 


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