Parlamentskorrespondenz Nr. 1252 vom 18.12.2014

Bundesrat: Mehrheit trägt Pflegegeldreform mit

Änderungen im Sozialversicherungsrecht ebenfalls gebilligt

Wien (PK) – Die Novelle zum Bundespflegegeldgesetz passierte heute mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP den Bundesrat. Vorgesehen ist in der Gesetzesänderung nicht nur ein erschwerter Zugang zu den Pflegestufen 1 und 2 ab dem kommenden Jahr, sondern auch eine Erhöhung des Pflegegeldes ab dem Jahr 2016 um 2 %. Die stetig steigenden Ausgaben der öffentlichen Hand für den Bereich Pflege sollen so gedämpft und das heimische Pflegesystem langfristig abgesichert werden, argumentierten Vertreter der Regierungsfraktionen für die Novelle. Seitens der Opposition gab es dagegen deutliche Kritik an der Pflegegeldreform: Hier werde an der falschen Stelle gespart, nämlich bei den Hilfsbedürftigen, meinten sowohl FPÖ als auch Grüne.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hielt fest, die Maßnahmen in der Pflegegeldgesetz-Novelle seien sozial verträglich, denn insgesamt werde mehr Geld ausgegeben, vor allem auch für die Pflege daheim und die Unterstützung pflegender Angehöriger.  

Mehrheitlich stimmte der Bundesrat überdies der Sammelnovelle im Sozialversicherungsrecht zu, die unter anderem Verbesserungen für Eltern behinderter Kinder bringt. Einhellig verabschiedet wurde von der Länderkammer eine Novelle zum Notarversicherungsgesetz, um Notarinnen und Notaren mit Pensionsabschlägen weiterhin ein Pensionsantrittsalter von 65 Jahren zu ermöglichen.

Kosten im Pflegesystem sind stärker als erwartet gestiegen

Dem neuen Bundespflegegeldgesetz zufolge müssen künftig 65 bzw. 95 Stunden Pflegebedarf pro Monat nachgewiesen werden, um Pflegegeld zu erhalten, das sind fünf bzw. zehn Stunden mehr als bisher. Vor allem der Bedarf an 24-Stunden-Betreuung sei im Steigen begriffen, auch für den Pflegefonds und die Unterstützung pflegender Angehöriger werde mehr Geld benötigt, erläuterte Sozialminister Rudolf Hundstorfer im Bundesratsplenum den Hintergrund der Gesetzesinitiative. Für einige Personen bedeute die Änderung bei den Pflegestufen 1 und 2 einfach, dass sie etwas später Pflegegeld beziehen, insgesamt würde aber mehr für die Pflege ausgegeben, betonte er.

Gleichzeitig mit den Maßnahmen zur Kostendämpfung werden ab 2016 in den vorhandenen Pflegestufen mehr Mittel zu Verfügung gestellt. Konkret sind das in der Pflegestufe 1 monatlich 157,3 €, in der höchsten Pflegestufe, der Pflegestufe 7, 1.688,9 €. Außerdem wird mit der Gesetzesnovelle das Informations- und Beratungsangebot für PflegegeldbezieherInnen und ihre Angehörigen verbessert und die Abwicklung von Förderanträgen im Bereich der 24-Stunden-Betreuung vereinfacht.

    

Aus Formalgründen lagen dem Bundesrat heute zwei Nationalratsbeschlüsse mit dem gleichen Gesetzestext hinsichtlich Pflegegeldreform zur Abstimmung vor, wobei die Länderkammer wie erwartet den ersten (365 d.B.) beeinspruchte, sodass nur der zweite Beschluss als Gesetz genehmigt wurde. Nötig wurde dieses Vorgehen durch die Abstimmungspanne im Nationalrat vorige Woche, als bei der ersten Beschlussfassung der Pflegegeldgesetz-Novelle einige Abgeordneten wegen eines Feueralarms im Parlament nicht den Plenarsaal betreten konnten und ein gleichlautender Gesetzesentwurf am nächsten Tag nochmals abgestimmt werden musste (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1193).

Die Bundesratsdebatte war geprägt vom parteiübergreifenden Bekenntnis zur Sicherung hochwertiger Pflegedienste in Österreich. Ob das neue Pflegegeldgesetz eine gute Grundlage dafür bildet, darüber gingen allerdings die Meinungen auseinander. Für die Regierungsparteien ist das Gesetz eine wichtige Weiterentwicklung im Pflegebereich, um das System für die Zukunft erhalten, wie Richard Wilhelm (S/St) und Ernst Gödl (V/St) hervorhoben. Wilhelm zeigte auf, in den Pflegestufen 1 und 2 würden professionelle Dienste kaum in Anspruch genommen, die Anhebung der erforderlichen Stunden zur Bezugsberechtigung sei daher ein sinnvoller Schritt. Im internationalen Vergleich habe Österreich ein ausgesprochen soziales Pflegesystem, konstatierte er. Gödl pflichtete dem vollinhaltlich bei und er verwies auf die jährlichen Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden für die rund 455.000 PflegegeldbezieherInnen in Österreich, die doppelt so hoch seien, wie die entsprechenden Aufwendungen in Deutschland.

Für FPÖ und Grüne verdeutlichten dagegen Monika Mühlwerth (F/W) und Efgani Dönmez (G/O) ihre ablehnende Haltung zum Gesetz. Zweimal schon seien die Pflegegeldzugänge zu den ersten beiden Stufen seit 2011 erhöht worden, obwohl es seit 1988 keine Steigerung bei den Freibeträgen gegeben habe, so Mühlwerth und folgerte, mit dem Pflegegeldgesetz verdeutliche der Staat seinen Unwillen, jenen zu helfen, die es benötigen. Dönmetz durchleuchtete die Pflegegelderhöhung in der Novelle kritisch, weil, wie er sagte, dies auf Kosten jener finanziert werde, die keine Pflege mehr erhalten.

Sozialversicherungsrecht: Bundesrat begrüßt großteils Änderungen

Mehrheitlich verabschiedete der Bundesrat ein Gesetzespaket, das zahlreiche Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht bringt. So werden Eltern, die behinderte Kinder pflegen, pensionsrechtlich und in Fragen beschränkter Erwerbstätigkeit bessergestellt. Nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz Versicherte (GSVG) mit Aussicht auf steigende Einkünfte können freiwillig höhere vorläufige Sozialversicherungsbeiträge zahlen und neue Bestimmungen, etwa bei der Unfallversicherung, sind auch im Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) festgehalten. Die Bestimmungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), wonach im Falle eines längeren Auslandsaufenthalts unter bestimmten Umständen Pensionsleistungen und Dauerrenten aus der Unfallversicherung ruhen, werden ersatzlos gestrichen.

Diese Novellierungen wurden im Bundesrat zwar allseits begrüßt, spezifische Änderungen beim Rehabilitationsgeld wollten Christoph Längle (F/V) und Efgani Dönmez (G/O) namens ihrer Fraktionen jedoch nicht mittragen. Dönmez verdeutlichte, das Rehabilitationsgeld ruhend zu stellen, wenn die BezieherInnen den Anordnungen der Krankenkasse nicht Folge leisten, sei abzulehnen. Mit der Gewährung von Rehabilitations- bzw. Umschulungsgeld bei Berufsunfähigkeit biete man den Betroffenen nun eine Zukunftsperspektive, hielt Rene Pfister (S/N) dem entgegen. Wie Josef Saller (V/S) hob er außerdem hervor, für pflegende Angehörige beinhalte das neue Sozialversicherungsrecht viele Verbesserungen, unter anderem hinsichtlich Pensionsanspruch. Konkret würden Eltern, die ihre behinderten Kinder betreuen, jetzt pensionsrechtlich schrittweise mit jenen Personen gleichgestellt, die nahe Angehörige pflegen. Zudem könnten sie künftig einer beschränkten Erwerbstätigkeit nachgehen, ohne die Möglichkeit zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung zu verlieren, umriss Pfister.

Eine Novelle zum Notarversicherungsgesetz fand einhellige Zustimmung im Bundesrat. Im Kern gewährleistet die Gesetzesänderung, dass Notarinnen und Notare weiter mit 65 Jahren in Pension gehen können. Allerdings drohen ihnen in diesem Fall Pensionsabschläge von bis zu 24%. Grundsätzlich ist für NotarInnen laut einem bereits im Jahr 2006 gefassten Beschluss ein Regelpensionsalter von 70 Jahren vorgesehen, bis zum Jahr 2027 gelten allerdings Übergangsfristen. Zu den Dutzenden weiteren Punkten der Gesetzesnovelle gehören auch die Anpassung des Gesetzes an das Eingetragene Partnerschafts-Gesetz, neue Vorschriften für Notar-Partnerschaften und restriktivere Vorgaben für die Versicherungsanstalt, was die Anlage von Vermögen betrifft.  (Fortsetzung Bundesrat) rei


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