Parlamentskorrespondenz Nr. 188 vom 21.02.2023

Budgetausschuss berät über mittel- und langfristige Budgetprognosen

Fiskalrat für fiskalpolitische Spielräume

Wien (PK) – Der Budgetausschuss widmete sich heute den mittel- und langfristigen Budgetprognosen und nahm dazu zwei Berichte zur Kenntnis. Die langfristige Budgetprognose des Finanzministeriums sieht den demografischen Wandel als zentrale budget- und sozialpolitische Herausforderung. In der vom Fiskalrat erstellten Prognose über die öffentlichen Finanzen in den Jahren 2021 bis 2026 wird der hohen Inflation große Bedeutung zugesprochen. Für die Beratungen über die Prognose des Fiskalrats standen Christoph Badelt und Bernhard Grossmann vom Fiskalrat als Auskunftspersonen zur Verfügung.

Zudem wurde der Förderungsbericht 2021 dem Unterausschuss zu weiteren Beratungen zugewiesen.

Fiskalrat empfiehlt Rückführung der expansiven Fiskalpolitik

Derzeit prägt die hohe Inflation das Einnahmenwachstum, aber auch die Ausgabendynamik, so die Prognose des Fiskalrats für die Jahre 2021-2026 (III-853 d.B.), die auf der Konjunkturprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) von Anfang Oktober 2022 basiert. Nach einer kurzen Phase der Hochkonjunktur von 2021 bis Mitte des Jahres 2022 spricht der Fiskalrat für 2023 von einer Stagnation des realen Wirtschaftswachstums. Gepaart mit einer historisch hohen Inflation – vorrangig infolge stark steigender Rohstoff- und Energiepreise – stehe die heimische Volkswirtschaft vor besonderen Herausforderungen. Die Entwicklung der Kenngrößen sei daher durch die hohen Teuerungsraten, die auf einzelne Ausgaben- und Einnahmekategorien wirken, geprägt.

Um fiskalpolitische Spielräume wiederzuerlangen, empfiehlt der Fiskalrat eine konjunkturgerechte Rückführung der expansiven Fiskalpolitik sowie eine planmäßige Rückführung temporärer Unterstützungsleistungen. Werden zeitlich befristete Maßnahmen zur Abmilderung der Teuerung gesetzt, so sei auf die Überbrückungsfunktion zu achten. Eine weitere Empfehlung galt wissenschaftlichen Evaluierungen von Treffsicherheit, Wirksamkeit und Adäquanz von Unterstützungsmaßnahmen. Zudem sollte der Wechselwirkung zwischen Geld- und Fiskalpolitik größere Beachtung geschenkt werden.

Auch für den Bereich Investitionen in Zukunftsbereiche und strukturelle Reformen sprach der Fiskalrat Empfehlungen aus. Die grüne und digitale Transformation sollte über einen ausgewogenen Maßnahmenmix von regulatorischen und fiskalischen Maßnahmen erfolgen, wobei der Fiskalrat sich für Anreize für private und öffentliche Investitionen aussprach. Wichtig war dem Watchdog eine effiziente Nutzung von Ressourcen und die Umsetzung von Strukturreformen zur Bremsung der Ausgaben. Seit der Erstellung des Berichts wurden weitere budgetwirksame Maßnahmen beschlossen, hielt Badelt fest, unterstrich aber, dass die Empfehlungen des Fiskalrats weiterhin gelten.

Bernhard Grossmann vom Fiskalrat ging auf die von den Abgeordneten hinterfragten Unterschiede der Prognosen von Fiskalrat und Finanzministerium ein und begründete diese mit dem Zeitpunkt der Berichtslegung ebenso wie mit unterschiedlichen Einschätzungen der Entwicklung der Umsatzsteuer.

Bedarf an fiskalischem Handlungsspielraum

Seitens der Opposition kritisierte Kai Jan Krainer (SPÖ) "Überförderungen" in der COVID-Krise. Karin Doppelbauer (NEOS) forderte rasch Handlungen zu setzen. Die Rückführung der expansiven Fiskalpolitik war für sie ebenso wichtig, wie Spending Reviews und eine gesamtstaatliche Förderstrategie. Badelt bestätigte Gerald Loacker (NEOS) Nachholbedarf bei der Produktivität in Österreich. Ein erster Jahresbericht des Produktivitätsrats sei in Arbeit und werde kurz vor dem Sommer vorgelegt, so Badelt, der auch Vorsitzender des Produktivitätsrats ist.

Finanzminister Brunner teilte die Ansicht zum Bedarf an fiskalischem Handlungsspielraum. Spending Reviews seien wichtig und werden umgesetzt, unterstrich er. Auf die Frage von Andreas Hanger (ÖVP) hielt Brunner fest, dass es wichtig sei, die Ausgabensteigerungen zu dämpfen. Dazu müsse jedes Ressort Schwerpunkte setzen. Um die Pensionsausgaben einzubremsen, sprach sich Brunner für die Attraktivierung längerer Erwerbstätigkeit aus. Zudem setzte sich der Finanzminister dafür ein, die geblockte Altersteilzeit abzuschaffen. Bei den privaten Haushalten sei auf die konkrete Situation zu achten, derzeit seien keine generellen zusätzlichen Maßnahmen erforderlich, stellte Badelt gegenüber Elisabeth Götze (Grüne) fest. Der Budgetausschuss nahm den Bericht einstimmig zur Kenntnis.

Langfristige Prognose zeigt hohe Schuldenquote

Die Ergebnisse der langfristigen Budgetprognose 2022 des Finanzministeriums verdeutlichen, dass der demografische Wandel in Österreich – insbesondere für Pensionen, Gesundheit und Pflege - eine zentrale budget- und sozialpolitische Herausforderung der nächsten Jahre und Jahrzehnte sein wird. Auch die budgetären Risiken in Zusammenhang mit dem Klimawandel bzw. der Klimawandel selbst müssen laut Prognose adressiert werden (III-840 d.B.).

Erstmals wurde in dem Bericht eine Analyse der Auswirkungen des Klimawandels bzw. von Klimamaßnahmen auf die öffentlichen Finanzen vorgenommen. Hierfür wurde in Zusammenarbeit mit dem Umweltbundesamt ein Klimamodul erarbeitet. Dieses Klimamodul sei in Europa einzigartig und internationaler Vorreiter, hob Brunner positiv hervor.

Langfristig rechnet das Finanzministerium mit steigenden demografieabhängigen Ausgaben von 29,8 % im Jahr 2019 auf 34,8 % im Jahr 2060. Als Hauptfaktoren nannte Finanzminister Magnus Brunner dabei die öffentlichen Ausgaben für Pensionen (inkl. Pensionen für Beamtinnen und Beamte, Rehabilitationsgeld und Ausgleichszulagen) sowie die Gesundheitsausgaben im Allgemeinen und die Ausgaben für Langzeitpflege. Bei den Pensionen bedingt der Übertritt geburtenstarker Jahrgänge von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand einen starken Anstieg. Im Gesundheitsbereich wird seitens des Finanzministeriums ein kontinuierlicher Anstieg der Ausgabenquote von 7,1 % des BIP im Jahr 2019 auf 8,5 % des BIP im Jahr 2060 erwartet. Bei der Pflege geht das Finanzministerium sogar von mehr als einer Verdoppelung bis zum Jahr 2060 aus. Von gegenwärtig 1,3 % werden die Ausgaben auf 3,1 % des BIP steigen, heißt es in der langfristigen Budgetprognose.

Die fiskalische Prognose ergibt, dass sich der gesamtstaatliche Maastricht-Saldo ab dem Jahr 2027 kontinuierlich verschlechtert. Im Jahr 2033 rechnen die Expert:innen mit einem Maastricht-Saldo, der die Maastricht-Regelgrenze von -3,0 % des BIP übersteigt. Die Schuldenquote werde 2028 einen Tiefpunkt von 72,6 % des BIP erreichen, steigt ab dann bis 2040 auf 81,8 %, bis 2050 auf 99,6 % und bis 2060 auf 120,8 % des BIP an, so die Prognose. Die letzte langfristige Budgetprognose wurde vor der COVID-19-Krise Ende 2019 erstellt und ergab eine deutlich positivere Entwicklung der öffentlichen Finanzen Österreichs.

Die Langfristprognose des Finanzministeriums zeige budgetäre Herausforderungen der nächsten Jahre, so Finanzminister Brunner, der darauf hinwies, dass langfristige Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind. Um den Herausforderungen entgegenzutreten, sprach sich Brunner dafür aus, angebotsseitige Reformen zu setzen, um langfristig das Wachstumspotential zu steigern. Hilfsmaßnahmen müssten auslaufen und man müsse zu einem nachhaltigen Budgetpfad zurückkehren. Beim Pensionsgap wollte Brunner am faktischen Pensionsantrittsalter arbeiten. Um dem Klimawandel entgegenzutreten bedürfe es einer Mischung aus staatlicher Unterstützung und dem Einsatz von privatem Kapital, so Brunner.

Abgeordnete hinterfragen Verschiebung der Schuldenquote

Eva Maria Holzleitner (SPÖ) betonte den hohen Pensionsgap zwischen Männern und Frauen und setzte sich dafür ein, diesen abzubauen. Holzleitner interessierte sich auch für die Klimakosten. Langfristige Prognosen zeigten auf, "was passiert, wenn nichts passiert" erklärte der Budgetdienst das negative Ergebnis unter der "no-policy-change"-Annahme.

Christoph Matznetter (SPÖ) hob die massive Verschiebung der Schulden durch die Maßnahmen der letzten Jahre hervor. Auch die Pensionslast werde schwerer, da geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen. Dies werde durch die längere Beschäftigung von Frauen gedämpft, so Matznetter, der aber vor Altersarbeitslosigkeit warnte.

Seitens der FPÖ thematisierte Hubert Fuchs die Klimakosten. Die voraussichtliche Schuldenquote sei bei Nichterreichen der Klimaziele trotz Strafzahlungen niedriger, als wenn diese erreicht werden, betonte er. Trotz Strafzahlungen wäre es aus budgetärer Sicht "vernünftiger" die Ziele nicht zu erreichen, hielt Fuchs fest.

Der Bericht sei eine "in Zahlen gefasste Tragödie", so Gerald Loacker (NEOS) mit Blick auf die Schuldenquote. Fraktionskollegin Karin Doppelbauer hob die hohen Ausgaben für Krisenmaßnahmen hervor und betrachtete die Förderungen kritisch. Man dürfe nur mehr dort Geld ausgeben, wo dies tatsächlich gebraucht werde, warb die Abgeordnete für mehr Treffsicherheit bei künftigen Maßnahmen. Die NEOS wollten den Bericht im Plenum beraten, fanden dafür jedoch keine Zustimmung von ÖVP und Grünen. Oppositionskollege Kai Jan Krainer (SPÖ) wies auf die massiven Unterschiede zu der Langfristprognose aus 2019 hin. Die Vorschau bis 2060 habe sich in den letzten drei Jahren massiv verschlechtert, sagte er mit Blick auf den prognostizierten Maastricht-Saldo und die Schuldenquote.

Der Bericht lege auf den Tisch, dass viel zu tun sei, so Andreas Hanger (ÖVP), der sich dafür stark machte mittel- und langfristig zu einem finanzierbaren Budgetrahmen zurückzukommen. Als positiv erachtete Jakob Schwarz (Grüne) die Ergebnisse aus der Modellierung der Treibhausgasemissionen. Bei zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen, würden sich die Treibhausgasemissionen signifikant und deutlich in allen Sektoren reduzieren. So werde in diesem Szenario nicht nur das unionsrechtliche 2030er-Ziel erreicht (Ziel -48 %, Ergebnis -58,4 % gegenüber 2005), sondern auch weite Teile der österreichischen Wirtschaft bis 2040 dekarbonisiert. Dafür würde er höhere Schulden in Kauf nehmen, teilte Schwarz die Bedenken der FPÖ nicht. Gerhard Deimek (FPÖ) hatte demgegenüber wenig Verständnis für die höhere Schuldenquote bei klimarelevanten Ausgaben.

Elisabeth Götze (Grüne) machte auf die positiven Effekte der Migration aufmerksam, da der überwiegende Teil der Migration im erwerbsfähigen Alter stattfindet. Geringere Migration würde einem Szenario im Bericht zufolge, das Arbeitskräfteangebot reduzieren.

Der Bericht wurde im Anschluss an eine Diskussion über eine vermeintliche Abstimmungspanne seitens der Regierungsfraktionen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Abgeordnete für unabhängige Betrachtung des Green Budgeting

Die Förderungen im Jahr 2021 waren im besonderen Maße durch die Belastung der COVID-19-Pandemie geprägt, so der Förderungsbericht 2021. Für direkte Förderungen des Bundes wurden 11.942 Mio. €, für Förderungen externer Rechtsträger 8.931,2 Mio. € ausgezahlt. In Summe sind das direkte Förderungen von 20,873 Mrd. €. Im Vergleich mit 2020 erhöhte sich das Fördervolumen um 16,7 % (III-834 d.B.). Zusätzlich zu den direkten Förderungen wurden 2021 quantifizierte Steuererleichterungen (indirekte Förderungen) von 20.375 Mio. € gewährt. Gegenüber 2020 erhöhten sie sich um insgesamt 1,2 Mrd. € (+6,0 %).

"Zurück zur Förderlandschaft von vor der Krise", war das Motto von Karin Doppelbauer (NEOS), die Steigerungen bei den Förderungen hervorhob und sich dafür einsetzte, von der Förderkultur wegzukommen. Die Förderungen sah sie als Teil des Problems der hohen Inflation. Doppelbauer brach zudem eine Lanze für Climate Budgeting.

Der Förderungsbericht sei von der COVID-19-Pandemie sowie der Teuerung geprägt, sagte Finanzminister Magnus Brunner. Bei den Hilfsmaßnahmen musste stets eine Abwägung zwischen Geschwindigkeit und Treffsicherheit getroffen werden, erklärte er. Laut Brunner sind Doppelgleisigkeiten mit Ländern und Gemeinden abzubauen. Green Budgeting werde umgesetzt, zeigte sich Brunner überzeugt. Zudem wurde ein Klimateam im Finanzministerium eingesetzt.

Das Finanzministerium arbeite daran, Green Budgeting umzusetzen, bestätigte Helmut Berger vom parlamentarischen Budgetdienst. Positiv stand Berger auch der Einsetzung des Klimateams gegenüber. Nun bedürfe es eines Gremiums auf Ebene der Gesetzgebung, das klimarelevante Angelegenheiten beurteile, führte er aus. In diesem Sinne wollten die NEOS den Budgetdienst mit der unabhängigen Betrachtung der Thematik betrauen. Ähnlich sah dies Jakob Schwarz (Grüne), der eine Spiegelung des Klimateams durch den parlamentarischen Budgetdienst befürwortete. Dazu verwies er auf eine Entschließung des Nationalrats vom 26. März 2021. (Schluss Budgetausschuss) gla

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.