Parlamentskorrespondenz Nr. 919 vom 14.09.2023

Überschreitungsermächtigungen sollen Finanzierungstätigkeit der OeBFA und Anti-Teuerungspaket absichern

Brunner: Schuldenmanagementstrategie des Bundes ändert sich nicht

Wien (PK) – Für eine Änderung der Auszahlungsobergrenze bei den Finanzierungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) hat sich der Budgetausschuss heute mehrheitlich ausgesprochen. Die Novelle reagiert auf geänderte Rahmenbedingungen am Finanzmarkt. Zudem soll die Finanzierung der Maßnahmen des Anti-Teuerungspakets für Familien abgesichert werden. Für entsprechende Änderungen zum Budget 2023 sowie zum Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 sprachen sich die Abgeordneten von ÖVP, FPÖ und Grünen aus.

Weiters befasste sich der Budgetausschuss mit dem Bericht über das vorläufige Ergebnis des Budgetvollzugs für das Jahr 2022 sowie mit den Monatserfolgen des Budgetvollzugs für die Monate Mai, Juni und Juli. Diese Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Mehrheitliche Kenntnisnahme gab es auch für den Bericht des Finanzministers über Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen im 2. Quartal 2023. Weiters wurden ein Bericht über den Stand des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im 2. Quartal 2023 und ein Bericht über die österreichischen Haftungen für die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit Ende des 2. Quartals 2023 mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Liquiditätsmanagement des Bundes reagiert auf Änderungen am Kapitalmarkt

Mit einer Novelle zum Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 und zum Bundesfinanzgesetz 2023 soll Vorsorge für die Finanzierungstätigkeit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) getroffen werden (2170 d.B.). Wie ÖVP-Abgeordneter Rudolf Taschner ausführte, wurde bei der Budgeterstellung 2023 bei den kurzfristigen Verpflichtungen von einer durchschnittlichen Laufzeit von drei bis sechs Monaten ausgegangen. Geänderte Rahmenbedingungen am Finanzmarkt haben unterdessen zu einer tatsächlichen durchschnittlichen Frist von nur zwei bis acht Wochen geführt, da die Investoren von weiteren Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) ausgehen und kürzere Veranlagungen präferieren.

Die höhere Umschlagshäufigkeit führt zu Mehreinzahlungen und Mehrauszahlungen im Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit. Dem Gesetzesentwurf zufolge wird im Bundesfinanzgesetz 2023 für kurzfristige Finanzierungen eine Überschreitung der Auszahlungsobergrenze im Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit in Höhe von 45 Mrd. € vorgesehen. In der Ermächtigung ist die Summe aller zusätzlich möglichen Auszahlungen für die Tilgung kurzfristiger Verpflichtungen abgebildet, die durch entsprechende Mehreinzahlungen aus neuen Finanzierungen bedeckt werden müssen.

Mit der Novelle wird auch Vorsorge für den zu erwartenden finanziellen Bedarf im Rahmen des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes getroffen, hier wird dem Finanzminister eine Überschreitungsermächtigung von bis zu 140,5 Mio. € für 2023 eingeräumt.

Keine Zustimmung für die Novelle gab es von den Abgeordneten der SPÖ und der NEOS. SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer warnte davor, dass der Finanzminister beim Schuldendienst des Bundes verstärkt auf kurzfristige und damit hochriskante Finanzierungen über den Kapitalmarkt setzen könnte. Das würde dem lange geltenden politischen Konsens widersprechen, dass die Republik auf eine langfristige Finanzierung der Staatschuld setze.

Finanzminister Magnus Brunner betonte, dass es hier nicht um das Staatsschuldenmanagement gehe, sondern darum, die Handlungsfähigkeit der OeBFA im Liquiditätsmanagement sicherzustellen. Seitens des Ressorts wurde dazu ausgeführt, dass angesichts eines höheren Volumens an Verbindlichkeiten des Bundes und aufgrund der geänderten Bedingungen am Kapitalmarkt der OeBFA ein entsprechendes Agieren ermöglicht werden müsse.

Vorläufiges Jahresergebnis 2022: 20,8 Mrd. € Defizit im Jahr 2022

Unterm Strich fiel das Defizit des Bundes mit 20,8 Mrd. € (Nettofinanzierungssaldo) für das Jahr 2022 um 2,3 Mrd. € besser aus als ursprünglich budgetiert. Das ergibt sich aus dem Bericht des Finanzministers zum vorläufigen Gebarungserfolg 2022, der vom Budgetausschuss mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen wurde (123/BA).

Die Auszahlungen des Bundes betrugen demnach 111,4 Mrd. €. Der Anstieg gegenüber den Planwerten wird vom Finanzministerium überwiegend auf die COVID-19-Krisenbewältigung (+3,4 Mrd. €), auf die Bekämpfung der Energiekrise (+2,2 Mrd. €) sowie auf höhere Refinanzierungskosten (+1,7 Mrd. €.) zurückgeführt. Weniger ausgegeben als gedacht wurde hingegen bei der Investitionsprämie, der Grünen Transformation sowie im Bereich des Ausfuhrförderungsgesetzes.

Bei den Einzahlungen gab es 2022 mit 90,6 Mrd. € ein Plus von 4,6 Mrd. € (+5,3 %) gegenüber 2021, die Voranschlagswerte wurden sogar um 6,2 Mrd. € überschritten. Das Finanzministerium begründet dies mit der positiveren Wirtschaftsentwicklung, die in höheren Einzahlungen aus öffentlichen Abgaben, im Sektor Arbeit (hauptsächlich Arbeitslosenversicherungsbeiträge) sowie im Bereich Familie und Jugend (FLAF-Einzahlungen) resultiert. Der gesamtstaatliche Maastricht-Saldo belaufe sich 2022 laut Statistik Austria auf -3,2 % des BIP, die Schuldenquote auf 78,4 % des BIP (-0,1 %-Punkte). Der Gesamtstand an Rücklagen betrug zum 31.12.2022 insgesamt 21,2 Mrd. €, das sind um 1,3 Mrd. € mehr als 2021.

Auf eine Frage von FPÖ-Abgeordnetem Hubert Fuchs, wie die Berichterstattung verbessert werden könnte, führte der Leiter des parlamentarischen Budgetdienstes Helmut Berger aus, dass die Ressorts zwar umfangreiche Zahlenwerke vorlegen würden. Oft gebe es dabei aber keine ausreichende Transparenz über die Gründe des Steigens oder Fallens von Kennzahlen. Der Budgetdienst versuche zwar, in seiner Aufbereitung der Zahlen für die Abgeordneten, diese Gründe zu recherchieren. Wünschenswert wäre aber, wenn sie gleich mitgeliefert würden.

Budgeterfolge für Mai, Juni und Juli 2023

Des Weiteren lagen dem Budgetausschuss die Monatserfolge des Bundesbudgets für Mai, Juni und Juli 2023 (131/BA, 132/BA, 136/BA) vor. Sie wurden mit den Stimmen der ÖVP und der Grünen zur Kenntnis genommen.

Das Defizit des Bundes betrug demnach Ende Juli 2023 -8,4 Mrd. € und war damit um 0,2 Mrd. € positiver als 2022. Gestiegen sind sowohl die Einzahlungen als auch die Auszahlungen. Als wesentliche Faktoren für den Anstieg der Auszahlungen (+3,4 Mrd. €) nennt das Finanzministerium vorrangig höhere Auszahlungen für Pensionen insbesondere aufgrund der Pensionsanpassung 2023 sowie die Abdeckung des Liquiditätsbedarfs der Pensionsversicherungsträger mit einem Plus von +1,7 Mrd. €. Zudem wurden höhere Refinanzierungskosten infolge des gestiegenen Zinsniveaus (+1,6 Mrd. €) verbucht. Die Auszahlungen des Energiekostenzuschusses bzw. der Investitionsprämie hatten Mehrausgaben von +1,0 Mrd. € zur Folge, wie den Berichten zu entnehmen ist.

Bei den Einzahlungen stiegen die Abgabeneinnahmen bei gleichzeitig geringeren Ab-Überweisungen an Länder, Gemeinden bzw. an die EU im Zeitraum Jänner bis Juli 2023, somit verblieben beim Bund mehr öffentliche Nettoabgaben (+1,6 Mrd. €). Höhere Dividenden sowie Rückflüsse im Zusammenhang mit dem ersten RRF-Zahlungsantrag Österreichs bei der Europäischen Kommission und die Abwicklung der immigon portfolioabbau AG trugen ebenfalls positiv zur Entwicklung der Einzahlungen bei.

Auf ihre Detailfragen zur Budgetentwicklung erfuhr Grünen-Abgeordnete Elisabeth Götze, dass steigende Gewinne der Unternehmen sich positiv niedergeschlagen haben. Eine Aufschlüsselung nach Branchen sei derzeit aber noch nicht möglich, hieß es seitens des Ressorts.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker entnahm den Zahlen, dass sich an der Linie der Bundesregierung, vor allem Ausgaben zu Lasten der jüngeren Generation zu tätigen, nichts geändert habe. Auch sehe er keine Verbesserung des Maastricht-Defizits.

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner wies darauf hin, dass die zweite Tranche der Mittel der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU in Höhe von 750 Mio. € noch nicht überwiesen wurde, weil Österreich mehrere der geforderten "Meilensteine" noch nicht erfülle.

Finanzminister Brunner versicherte, dass an den notwendigen "Meilensteinen" bzw. Reformschritten gearbeitet werde und er davon ausgehe, dass diese rechtzeitig erreicht werden können. SPÖ-Finanzsprecher Krainer verwies auf Aussagen, wonach die COFAG bis zu einer Milliarde Euro an COVID-19-Förderungen von Unternehmen zurückfordern könnte und wollte wissen, ob ein Entwurf der dazu notwendigen Richtlinie bereits vorliege. Hier gehe es schließlich um eine nicht unbeträchtliche Summe für das Bundesbudget. Der Finanzminister teilte ihm mit, dass derzeit die diesbezüglichen Abstimmungen unter den Koalitionspartnern am Laufen seien.

Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen im 2. Quartal 2023

Wie der Finanzminister berichtet, wurden im zweiten Quartal 2023 Mittelverwendungsüberschreitungen in Höhe von 1,392 Mrd. € im Finanzierungshaushalt und 1,339 Mrd. € im Ergebnishaushalt genehmigt. Diese wurden zu 84 % durch Kredite, zu 14 % durch Umschichtungen und zu 2 % durch Mehreinzahlungen gedeckt. Die größte Überschreitung gab es mit 400,0 Mio. € für die Dotierung des COVID-19- Krisenbewältigungsfonds. Der Rücklagenstand per 30.6.2023 beträgt 19,591 Mrd. €. Bei den Vorbelastungen wurden im zweiten Quartal 2023 205,3 Mio. € genehmigt. Die höchste Vorbelastung in Höhe von 108,1 Mio. € betrifft Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen bei der Pinzgauer Lokalbahn (133/BA). Auch dieser Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen.

ESM: Laut EU-Kommission kurzfristig keine Rückzahlungsrisiken

Laut einem aktuellen Bericht des Finanzministers zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im 2. Quartal 2023 sieht die EU-Kommission kurzfristig keine Rückzahlungsrisiken für die noch ausstehenden ESM-Darlehen (Tilgung bis Ende 2027). Mittelfristig werde Spanien zumindest als Medium Risk bezüglich seiner Schuldentragfähigkeit eingestuft. Ebenfalls keine kurzfristigen Rückzahlungsrisiken gegenüber dem ESM bestehen dem Bericht zufolge bei Zypern. Demnach zeige sich die zypriotische Wirtschaft robust, mit einem Wachstum des realen BIPs von 5,6 % 2022. Der Bericht des Finanzministers an den Budgetausschuss (135/BA) wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen.

EFSF: Ausstehender Darlehensbetrag von Griechenland gegenüber Österreich beträgt 1,32 Mrd. €

Die kumulierten Zinseinnahmen aus den bilateralen Darlehen laut Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz für Griechenland betrugen Ende des 2. Quartals 2023 139 Mio. €. Das geht aus einem Bericht des Finanzministers an den Budgetausschuss (134/BA) hervor, der mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen wurde. Damit beläuft sich der ausstehende Darlehensbetrag Griechenlands gegenüber Österreich auf 1,32 Mrd. €. Plangemäß soll dieser bis zum Jahr 2041 zurückbezahlt werden. Der gesetzlich relevante Stand der österreichischen Haftungen für die EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) betrug Ende des 2. Quartals 2023 9,17 Mrd. € für Kapital. In Summe beliefen sich die Haftungen des Bundes für Finanzierungen der EFSF (für Kapital plus Zinsen, inklusive Übergarantien) auf 10,36 Mrd. €.

Post-Programm-Prüfberichte liegen auch für Portugal und Irland vor. Irland hat demnach weiterhin ein starkes Wirtschaftswachstum, das sich auf 5,5 bzw. 5 % verlangsamen soll. Die Risiken, dass Irland seinen Verbindlichkeiten gegenüber der EFSF nicht nachkommen kann, werden weiter als gering eingeschätzt.

Keine Risiken bezüglich der Rückzahlungsfähigkeit der Finanzhilfedarlehen wurden bei Portugal identifiziert. Laut aktuellem Post-Programm-Bericht sei die portugiesische Wirtschaft im Jahr 2022 mit +6,7 % robust gewachsen. Die aktuelle Kommissionsprognose sei optimistischer als jene vom Vorjahr. Für das laufende Jahr werde ein öffentliches Defizit von lediglich -0,1 % des BIP prognostiziert. (Fortsetzung Budgetausschuss) sox

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.