Parlamentskorrespondenz Nr. 1018 vom 05.10.2023

Breite Diskussion zu Inflationsentwicklung im Finanzausschuss

Grünes Licht für österreichischen Beitrag zum Afrikanischen Entwicklungsfonds sowie zu mehreren Doppelbesteuerungsabkommen

Wien (PK) – Im heutigen Finanzausschuss stand der dritte Bericht der Expert:innengruppe zur Beobachtung und Analyse der Inflationsentwicklung (EBAI) auf der Tagesordnung (III-970 d.B.). Da die im Bericht genannten Inflationsprognosen des Instituts für Höhere Studien (IHS), des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) sowie der Österreichischen Nationalbank (OeNB) bereits im März 2023 veröffentlicht wurden, legte der Budgetdienst des Parlaments in seiner Analyse die aktuellen Zahlen der drei Institutionen vor. Sowohl IHS, WIFO als auch die OeNB gehen für 2023 von einer Inflationsrate in der Höhe von 7,5 % aus. Für 2024 prognostiziert das WIFO 3,8 %, das IHS 4,0 % sowie die OeNB 4,3 %. Der EBAI-Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Während SPÖ und FPÖ einmal mehr auf inflationsdämpfende Maßnahmen drängten, zogen ÖVP und Grüne ein positives Resümee der umgesetzten Antiteuerungsmaßnahmen. Für die NEOS braucht es weitere Schritte zur Reduzierung der Abhängigkeit von russischem Gas. Laut Finanzminister Magnus Brunner hat die Bundesregierung im internationalen Vergleich zielgerichtet auf die Teuerung reagiert. Dies habe auch die OECD festgestellt.

Zudem diskutierten die Abgeordneten den vom Finanzminister übermittelten Progressionsbericht (III-998 d.B.), der ebenfalls von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde. Der Bericht dient als Datengrundlage für die Verwendung des verbleibenden Drittels im Rahmen der Abschaffung der kalten Progression. Demnach liegt die im Jahr 2024 auszugleichende Inflation bei 9,9 %. Errechnet wurde dies als Durchschnitt der Inflationsraten über die Monate Juli 2022 bis Juni 2023. Auf Basis der Analyse des IHS und des WIFO beläuft sich die kalte Progression im Jahr 2024 insgesamt auf 3,66 Mrd. €.

Einhellige Zustimmung gab es zu den Änderungen der Doppelbesteuerungsabkommen mit China, Neuseeland und Deutschland. ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS stimmten zudem mehrheitlich für den österreichischen Beitrag zur Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds.

Inflation soll sich 2024 bei rund 4 % einpendeln

Das WIFO geht im dritten EBAI-Bericht, der auf den im März 2023 erstellten Prognosen basiert, von einer Inflationsrate von 7,1 % für 2023, das IHS von 7,5 % und die Österreichischen Nationalbank (OeNB) von 6,9 % aus. Während 2022 insbesondere der Energiesektor für die Preisentwicklung verantwortlich gemacht wird, treiben 2023 speziell Dienstleistungen die Preise. In der Analyse des Budgetdiensts des Parlaments sind bereits die aktuellen Zahlen von WIFO, IHS und der OeNB enthalten. Alle drei Institutionen gehen für 2023 von einer Inflationsrate in der Höhe von 7,5 % aus. Für 2024 prognostiziert das WIFO 3,8 %, das IHS 4,0 % sowie die OeNB 4,3 %. Bei einem internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Inflation im Jahr 2022 in Österreich mit 8,6 % niedriger als im EU-Durchschnitt (9,2 %) und nur geringfügig höher als im Durchschnitt des Euroraums war (8,4 %), informiert der Budgetdienst.

Obwohl es viele externe Faktoren für die hohe Teuerung gebe, seien die national gesetzten Maßnahmen entscheidend, erklärte Gerhard Kaniak (FPÖ). Man sehe, dass die Inflation hartnäckig sei, Einzelmaßnahmen, wie etwa die CO2-Bepreisung, würden diese teilweise noch zusätzlich anfachen. Kaniak zeigte sich skeptisch, dass es seitens der Bundesregierung die Einsicht gebe, "dass reiner Kaufkrafterhalt zur Bekämpfung der Inflation zu wenig ist".

Für SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter führt kein Weg an ordnungspolitischen Maßnahmen vorbei. Anstatt Ausgleichszahlungen zur Stabilisierung der Haushaltseinkommen brauche es preisdämpfende Maßnahmen. Er habe sich etwa erwartet, dass die Bundesregierung stärker gegen die "absurd hohen Preise der Energieunternehmen vorgehe, kritisierte Matznetter. Was die bisherigen Einnahmen aus den Übergewinnabschöpfung der Energiekonzerne betrifft, hielt ein Experte des Finanzministeriums gegenüber dem SPÖ-Abgeordneten fest, dass ein Betrag in der Größenordnung von 240 Mio. € eingenommen worden sei. Das betreffe den "Energiekrisenbeitrag fossil" für das zweite Halbjahr 2022 sowie den "Energiekrisenbeitrag Strom" für den Zeitraum Dezember 2022 bis Juni 2023.

Jakob Schwarz (Grüne) zog ein positives Resümee der von der Bundesregierung umgesetzten Antiteuerungsmaßnahmen. So habe man etwa die Inflation für das unterste Einkommensdezil weitgehend ausgleichen können. Obwohl es 2023 zu einem leichten Realeinkommensverlust komme, stehe man besser als im Jahr 2019 da. Gegenüber SPÖ und FPÖ betonte Schwarz, dass man eine Vielzahl an preisdämpfenden Maßnahmen gesetzt habe. Diese seien aber kostspielig und nicht treffsicher.

Die Teuerung in Österreich sei nach wie vor stark von den Energiepreisen getrieben, unterstrich Karin Doppelbauer (NEOS). Die NEO-Mandatarin forderte etwa mehr Tempo der Landesenergieversorger bei der Dämpfung der Strompreise. Zudem sei Österreich noch zu stark von russischem Gas abhängig. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien müsse man auch die Gaslieferungen aus Norwegen nach Österreich forcieren.

Andreas Ottenschläger (ÖVP) ortete Einigkeit unter den Fraktionen, dass ein großer Anteil der Inflation auf Energiepreissteigerungen zurückzuführen sei. Durch die hohe Abhängigkeit von russischem Gas sei Österreich besonders stark von der Teuerung betroffen. Laut dem ÖVP-Mandatar gibt es aber auch innerösterreichische Probleme zu lösen, da etwa durch die Monopolstellung von Energieversorgern in Ländereigentum kein Wettbewerb stattfinde. Hier seien Haushalte regional unterschiedlich stark belastet.

Für Finanzminister Magnus Brunner hat die Bundesregierung im internationalen Vergleich zielgerichtet auf die Teuerung reagiert, weswegen man etwa auch auf Mehrwertsteuersenkungen verzichtet habe. Die Treffsicherheit habe auch die OECD bescheinigt. Grundsätzlich stelle sich bei Antiteuerungsmaßnahmen immer die Abwägungsfrage, was für den sozialen Ausgleich notwendig sei und was die Inflation zusätzlich anfache. Aktuell liege die Inflation bei 6,1 %, was zwar immer noch zu hoch, jedoch der niedrigste Wert seit Kriegsbeginn in der Ukraine sei, so Brunner.

Der Kritik von SPÖ und FPÖ, keine inflationsdämpfenden Maßnahmen gesetzt zu haben, hielt der Finanzminister den beschlossenen Gebührenstopp, die Stromkostenbremse sowie die Energieabgabensenkung um 90 % entgegen. Den Rufen nach einem Zinsdeckel erteilte der Ressortchef eine Absage. Dies würde die von der EZB gesetzten Maßnahmen zur Inflationsdämpfung konterkarieren.

Abschaffung der kalten Progression erspart Steuerzahler:innen insgesamt 3,66 Mrd. €

Im Herbst 2022 wurde vom Nationalrat die Abschaffung der kalten Progression beschlossen, um der schleichenden Steuererhöhung durch ein Rutschen in höhere Steuerklassen bei Lohnerhöhungen entgegenzutreten. Durch diese gesetzlich vorgesehene automatische Zweidrittel-Anpassung sollen im Jahr 2024 2,47 Mrd. € ausgeglichen werden. Über die Differenz von 1,18 Mrd. € - das verbleibende Drittel – kann der Finanzminister weitere Entlastungsmaßnahmen setzen, so der Progressionsbericht. Somit beläuft sich der Gesamtersparnis der Steuerzahler:innen auf 3,66 Mrd. €.

Im Rahmen des verbleibenden Drittels hat die Regierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der zur Entlastung von Erwerbseinkommen und Pensionen die Tarifgrenzen der ersten bis vierten Tarifstufe in unterschiedlichem prozentuellen Ausmaß an die Inflationsrate anpasst. Die Absetzbeträge samt der SV-Rückerstattung sowie mit diesen in Zusammenhang stehende Grenzbeträge für Einschleifungen sollen sich um die volle Inflationsrate (also 9,9 %) erhöhen. Es sollen zudem weitere Maßnahmen zur Förderung von Leistung und Bekämpfung des Arbeitskräftemangels sowie zur Entlastung von Kindern und Familien gesetzt werden. Geplant ist daher die Regelungen zu Homeoffice zu verlängern, die steuerliche Begünstigung von Überstunden sowie Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen und der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit auszuweiten, den Kindermehrbetrag zu und den Zuschuss zur Kinderbetreuung zu erhöhen. Zudem soll die Steuerfreiheit von Betriebskindergärten erweitert werden. Alle diese Maßnahmen sollen laut dem noch nicht im Finanzausschuss behandelten Progressionsabgeltungsgesetz 2024 mit dem Kalenderjahr 2024 in Kraft treten.

Eine Analyse des parlamentarischen Budgetdienstes zeige, dass es zwischen 2019 und 2024 zu einer realen Einkommenssteigerung komme, betonte Klaus Lindinger (ÖVP). Aufgrund der Maßnahmen der Bundesregierung würden die untersten Einkommensdezile sogar überproportional profitieren.

Je höher das Einkommen sei, desto mehr Entlastung gebe es, kritisierte Christoph Matznetter (SPÖ) die getroffene Regelung. Dadurch bleibe weniger Spielraum und Gestaltungsmöglichkeit zur Entlastung der unteren Einkommensgruppen. Für den SPÖ-Abgeordneten braucht es zudem den Eingriff in die Vermögensverteilung. Es sei für die Demokratie schädlich, wenn die Vermögensschere zu weit auseinandergehe.

Vollzeitarbeitende würden durch die aktuell teilweise abgeschaffte kalte Progression "voll brennen", wodurch es zum Ausbau der "Teilzeitfalle" komme, bemängelte Gerald Loacker (NEOS).

Hubert Fuchs (FPÖ) begrüßte die mit dem Progressionsabgeltungsgesetz geplante Überstundenregelung. Der FPÖ-Mandatar interessierte sich für den Grund der Befristung bis zum Jahr 2025. Man wolle die Regelung nach zwei Jahren in Bezug auf die Arbeitsmarktentwicklung evaluieren, antwortete Finanzminister Brunner. Was die Frage betrifft, warum es bei Pauschalien zu keiner Anpassung komme, hielt Brunner fest, dass es um die Abschaffung der kalten Progression bei progressiven Tarifen gehe.

Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds

Österreich soll einen Beitrag zur 16. Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (AfEF) leisten (2199 d.B.). Der AfEF trägt zur Armutsbekämpfung und zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der derzeit 37 ärmsten afrikanischen Länder bei. Der österreichische Beitrag zur 16. Wiederauffüllung des AfEF beträgt 122,6 Mio. €. Die Mittelauffüllung hat das Ziel, den ärmsten und fragilsten Ländern Afrikas Finanzierungen zur fortgesetzten Unterstützung ihrer Entwicklungsanstrengungen zur Verfügung zu stellen. In der kommenden Periode werden die Schwerpunkte auf der Schaffung von qualitativ wertvoller, dem Klimawandel gegenüber resilienter, nachhaltiger Infrastruktur sowie auf die Erreichung guter Governance-Standards, den institutionellen Kapazitätsaufbau, und auf ein nachhaltiges Schuldenmanagement der Empfängerländer gelegt.

Sie begrüße, dass Österreich seine internationalen Verpflichtungen erfülle und somit die 37 ärmsten afrikanischen Länder beim Kampf gegen die Klimakrise und bei nachhaltigem Wachstum unterstütze, zeigte sich Elisabeth Götze (Grüne) erfreut.

Das sah Christoph Matznetter (SPÖ) ähnlich. Der Fokus auf die Sustainable Development Goals (SDGs) sei wichtig, da gerade die Länder des globalen Südens die Hauptleidtragenden des Klimawandels seien.

Grünes Licht für Novellen der österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen mit China, Neuseeland und Deutschland

Die steuerlichen Beziehungen Österreichs werden adaptiert und an aktuelle Standards angepasst. Konkret geht es um die österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen mit China, Neuseeland und Deutschland. Das im Jahr 1991 geschlossene Abkommen mit China soll nun aktualisiert und verbessert werden (2196 d.B.). Zu den wichtigsten Änderungen gehören die Reduzierung der Quellensteuern, die Verlängerung der Frist für die Betriebstättenbegründung und die Aktualisierung von veralteten Bestimmungen. Insbesondere wird das Abkommen nun den Standards des OECD-Musterabkommens sowie den OECD-Richtlinien zur Bekämpfung von Steuermissbrauch und zur internationalen Amtshilfe entsprechend angepasst.

Weiters wird das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Neuseeland geändert (2188 d.B.). Im Fokus steht dabei die Vermeidung von Abkommensmissbrauch im Falle doppelansässiger Gesellschaften. Auch das Abkommen zwischen Österreich und Deutschland galt als revisionsbedürftig. Neuformuliert wurde die Bestimmung zur Begründung einer Betriebsstätte, wenn sie bloß vorbereitenden Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten dient. Unter anderem wurde eine Anpassung der Grenzgängerregelung für nichtselbständig Tätige und die Einführung einer Grenzgängerregelung für öffentlich Bedienstete umgesetzt (2180 d.B.). (Schluss Finanzausschuss) med