Parlamentskorrespondenz Nr. 1177 vom 10.11.2023

Kalte Progression: 2024 sollen 3,655 Mrd. € abgegolten werden

Budgetausschuss befürwortet auch Vorbelastungen im Zusammenhang mit dem europäischen Chip-Gesetz

Wien (PK) - Im Herbst 2022 wurde die Abschaffung der kalten Progression vom Nationalrat beschlossen. Vorgesehen wurde dabei eine jährliche automatische Anpassung der Einkommensteuertarife um zwei Drittel der Inflationsrate. Durch diese gesetzlich vorgesehene Zweidrittel-Anpassung sollen im Jahr 2024 2,471 Mrd. € ausgeglichen werden. Insgesamt beträgt die kalte Progression im Jahr 2024 3,655 Mrd. €. Über die Differenz von 1,184 Mrd. € - das verbleibende Drittel – kann der Finanzminister weitere Entlastungsmaßnahmen setzen. Der Budgetausschuss hat diese Maßnahmen heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ befürwortet.

Darüber hinaus gaben die Abgeordneten von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS grünes Licht für Vorbelastungen von bis zu 2,8 Mrd. € aufgeteilt auf die Finanzjahre 2024 bis 2031 im Zusammenhang mit dem europäischen Chip-Gesetz. Ziele sind die Fertigung in der EU zu stärken, das europäische Design-Ökosystem zu fördern sowie die Expansion und Innovation in der gesamten Wertschöpfungskette voranzutreiben.

Progressionsabgeltungsgesetz mit Inflationsanpassung für das Jahr 2024

Die Bestimmungen zur Inflationsanpassung für das Jahr 2024 liegen in Form des Progressionsabgeltungsgesetzes 2024 (2217 d.B.) vor. Neben der gesetzlich vorgesehenen Zweidrittel-Anpassung im Jahr 2024 von 2,471 Mrd. € sieht die Vorlage für die Differenz von 1,184 Mrd. € - das verbleibende Drittel – weitere Entlastungsmaßnahmen vor.

Konkret soll eine abgestufte Anpassung der Tarifstufen für die Lohn- und Einkommensteuer erfolgen, wobei die erste Tarifstufe um 9,6 % angehoben wird. Damit steigt die jährliche Grenze für die Lohnsteuerpflicht von 12.756 € auf 13.981 €. Selbstständige Einkünfte werden 2024 bis 12.816 € steuerbefreit sein. Die Absetzbeträge – inklusive Negativsteuer – werden um 9,9 % angehoben. Die weiteren Maßnahmen betreffen etwa die Erhöhung des Gewinnfreibetrags, die Verlängerung der steuerlichen Homeoffice-Regelungen, die Ausweitung der steuerlichen Begünstigung von Überstunden sowie die Ausweitung der Steuerfreiheit für betriebliche Kinderbetreuung und für Kinderbetreuungszuschüsse des Dienstgebers. Mitbeschlossen wurde ein Abänderungsantrag der Koalitionsparteien, der nur redaktionelle Anpassungen enthält.

Herbert Fuchs erachtet seitens der FPÖ insbesondere die enthaltenen Regelungen für die Überstunden für positiv und würde es begrüßen, wenn diese auch in Dauerrecht übernommen würde. Laut Vorlage sollen temporär für die Jahre 2024 und 2025 18 statt 10 Überstunden steuerbegünstigt sein. Fuchs würde sich unter anderem auch eine Erhöhung der Werbungskostenpauschale wünschen. Ähnlich wie Fuchs wies auch Gerald Loacker (NEOS) darauf hin, dass einzelne Positionen wie etwa die Zukunftsvorsorge seit vielen Jahren unverändert geblieben seien.

Christoph Matznetter (SPÖ) gab zu bedenken, dass es bei einer dynamischen Gestaltung aller Beträge letztlich zu Steuererhöhungen kommen müsse. Jakob Schwarz (Grüne) hob hervor, dass gerade durch das dritte Drittel die Möglichkeit geschaffen worden sei, speziell auf Situationen wie die Teuerung reagieren zu können. Mit einer Komplettvalorisierung entstehe noch mehr Dynamisierung und es wäre noch schwieriger, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen.

Auch Finanzminister Magnus Brunner bekräftigte, dass einzelne Schwerpunkte über das dritte Drittel gesetzt würden, wie etwa die Entlastung bei den Überstunden. Der Leiter des Budgetdiensts, Helmut Berger, meinte, indem gewisse Frei- und Absetzbeträge nicht angepasst würden, hänge es durchaus auch von der jeweiligen individuellen Situation ab, wieviel man jeweils von der Abschaffung der kalten Progression profitiere.

Europäisches Chip-Gesetz: Vorbelastungen und andere Maßnahmen

Das Chip-Gesetz-Begleitmaßnahmengesetz soll die Begründung von Vorbelastungen und andere Maßnahmen im Zusammenhang mit dem europäischen Chip-Gesetz ermöglichen (3656/A). Nach der Annahme durch das Europäische Parlament im Juli 2023 ist das europäische Chip-Gesetz am 21. September 2023 in Kraft getreten. Mit dem umfassenden Maßnahmenpaket soll die Versorgungssicherheit, Resilienz und technologische Führungsrolle der EU im Bereich Halbleitertechnologien und -anwendungen gesichert werden. Vor diesem Hintergrund soll das europäische Chip-Gesetz die Fertigung in der EU stärken, das europäische Design-Ökosystem fördern sowie die Expansion und Innovation in der gesamten Wertschöpfungskette vorantreiben. Die Kommission strebt an, den gegenwärtigen globalen Marktanteil der EU in diesem Sektor von aktuell unter 10 % bis 2030 auf 20 % zu verdoppeln.

Mit dem vorliegenden Initiativantrag sollen Projekte sowie Unternehmensinvestitionen ermöglicht werden. "Die Steigerung der Resilienz in Bezug auf strategische Schlüsseltechnologien ist für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes und des heimischen Arbeitsmarktes wesentlich", unterstreichen die Antragsteller Gabriel Obernosterer (ÖVP) und Jakob Schwarz (Grüne) die Notwendigkeit der Maßnahmen. Unterstützt wird entsprechend den Bestimmungen des europäischen Chip-Gesetzes der Aufbau von neuartigen Anlagen im Halbleitersektor. Für die Umsetzung der Maßnahmen zum Aufbau von Produktionskapazitäten in Österreich bedarf es entsprechender budgetärer Mittel. Das vorliegende Gesetz soll daher die haushaltsrechtliche Ermächtigung für Vorbelastungen von bis zu 2,8 Mrd. € aufgeteilt auf die Finanzjahre 2024 bis 2031 ermöglichen; davon im Jahr 2024 150 Mio. €. Richtlinien für die Förderungen sollen von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erlassen werden. Die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft soll als Abwicklungsstelle fungieren.

Wirtschaftsminister Martin Kocher betonte in der Debatte, die Konsequenz, wenn Österreich das Chip-Gesetz nicht umsetzen würde, wäre, dass Arbeitsplätze wie auch strategisch wichtige Produktion abwandern würden. Pro Kopf betrachtet sei Österreich in Europa in der Chipproduktion am besten aufgestellt, damit sei auch im Sinne der Wertschöpfung das Vorbelastungsgesetz eine wichtige Maßnahme. Ähnlich sieht das Elisabeth Götze (Grüne). Intensiv in Forschung und Produktion in diesem Bereich zu investieren bedeute auch Arbeitsplätze in Österreich zu schaffen, so Götze.

Christoph Matznetter (SPÖ) sprach sich zwar für die Vorlage aus, aus seiner Sicht komme der Schritt was die Resilienz betrifft aber sehr spät. Problematisch sieht Gerald Loacker (NEOS) etwa, dass die Vorlage als Initiativantrag vorliegt und dementsprechend keine Wirkungsfolgenabschätzung vorgenommen worden sei. Kocher meinte demgegenüber, es gehe jetzt auch um eine rasche Umsetzung. (Fortsetzung Budgetausschuss) mbu

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.