Parlamentskorrespondenz Nr. 149 vom 22.02.2024

Budgetausschuss für Weiterentwicklung des Gender Budgetings

Abgeordnete diskutieren Berichte des Finanzministeriums zu Bundesfinanzagenden

Wien (PK) – Das Gender Budgeting zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern in der Haushaltsführung soll weiterentwickelt werden. Dafür hat sich heute der Budgetausschuss mit breiter Mehrheit, ohne die Stimmen der FPÖ, ausgesprochen. Der gemeinsame Antrag von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS basierte auf einer Forderung der SPÖ, in der sich die Oppositionspartei für ein umfassendes Gender Budgeting ausspricht.

Von den Koalitionsparteien vertagt wurde ein Antrag der NEOS, in dem mehr Transparenz der Ministerien bei der Verbuchung von Inseraten, Werbung und Kampagnen gefordert wird.

Zudem standen mehrere Berichte des Finanzministers zu laufenden Bundesfinanzagenden auf der Tagesordnung, die von ÖVP und Grünen mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurden. Das betrifft die Monatserfolge für Oktober und November 2023, die Quartalsberichte zur Genehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen sowie zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie den Bericht zu den Bundeshaftungen im Jahr 2023. Der Bericht über das Eingehen, die Prolongierung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen informiert über ein volatiles Zinsumfeld im Finanzjahr 2023. Den Quartalsbericht zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) nahmen neben den Regierungsparteien auch die NEOS zur Kenntnis.

Die weiteren Berichte wurden dem Budget-Unterausschuss zur Behandlung zugewiesen. Das betrifft den Förderungsbericht 2022 (III-1085 d.B.) sowie den Monatserfolg für Dezember 2023 (148/BA).

Vier-Parteien-Antrag für Weiterentwicklung des Gender Budgetings

Das österreichische Modell des Gender Budgeting habe internationale Beachtung gefunden, wie Lukas Brandweiner (ÖVP) festhielt. Aus den Erfahrungen der letzten Jahre ergeben sich aber laut Antrag neue Perspektiven, die im Kontext der allgemeinen Weiterentwicklung des Haushaltsrechts auch zu einer Vertiefung des Gender Budgeting und der damit erzielten Wirkungen führen sollten, beispielsweise zu geschlechtsspezifischen Analysen bei wesentlichen Förderungen oder bei der Darstellung budgetrelevanter Gleichstellungsmaßnahmen im Bundesvoranschlag. Ebenso wie Brandweiner begrüßten die Abgeordneten Jakob Schwarz (Grüne), Karin Doppelbauer (NEOS) und Eva Maria Holzleitner (SPÖ) die Einigung auf den Vier-Parteien-Antrag. Auch Vorschläge des Budgetdiensts des Parlaments hätten Eingang in die Forderungen gefunden, meinte die Budgetdienst-Leiterin Kristina Fuchs. Sie sprach sich unter anderem für eine Schwerpunktsetzung bei den wichtigsten Zielen aus.

Die ursprüngliche Initiative der SPÖ, in der auf die Umsetzung eines umfassenden Gender-Budgetings gepocht wird (1042/A(E)), blieb bei der Abstimmung in der Minderheit.

NEOS fordern Transparenz bei Ausgaben für Informationstätigkeit

Aus Sicht der NEOS mangelt es bei den Ausgaben für Informationstätigkeit der einzelnen Ministerien an Transparenz. Da eine einheitliche Regelung fehle, werde die Verbuchung von Inseraten, Werbung und Kampagnen von den Ministerien unterschiedlich gehandhabt, kritisierte Henrike Brandstötter (NEOS). Sie forderte eine Verbuchungsrichtlinie, die sicherstellt, dass alle Ausgaben für Informationstätigkeit einheitlich und transparent erfasst, verbucht und im Budget dargestellt werden. Zudem soll dem Parlament im Rahmen des Budgetvollzugs über diese Ausgaben berichtet werden (2750/A(E)). Der Antrag wurde von ÖVP und Grünen vertagt. Es seien bereits einige Verbesserungen passiert und weitere Aktivitäten sollen folgen, die es abzuwarten gelte, meinte dazu Rudolf Taschner (ÖVP).

Defizit 2023 beträgt voraussichtlich 8 Mrd. €

Der Monatsbericht des Finanzministeriums für Dezember 2023 (148/BA) liefert erste Ergebnisse zum vorläufigen Jahresergebnis 2023. Das Defizit wird voraussichtlich bei 8 Mrd. € liegen, womit es um 9,1 Mrd. € besser als im Bundesvoranschlag 2023 geplant sein wird . Insgesamt wurden 2023 109,2 Mrd. € ausbezahlt. Das sind um 2,2 Mrd. € bzw. 1,9 % weniger als 2022. Während die Auszahlungen für die COVID-19-Krisenbewältigung sowie die Beschaffung der strategischen Gasreserve und der Anti-Teuerungsbonus deutlich zurückgegangen sind, kam es zu höheren Auszahlungen aufgrund der Pensionsanpassung 2023 und den gestiegenen Refinanzierungskosten des Bundes infolge des höheren Zinsniveaus. Die positive Entwicklung des Nettofinanzierungssaldos führt das Finanzministerium vor allem auf die um 10,6 Mrd. € bzw. 11,7 % höheren Einzahlungen zurück.

Karin Greiner (SPÖ) fragte nach der Einschätzung zur Maastricht-Defizit-Entwicklung für 2023. Laut dem den Finanzminister im Ausschuss vertretenden Staatssekretär Florian Tursky sind dazu Ende März konkrete Zahlen von der Statistik Austria zu erwarten. Man erwarte bessere Zahlen als die bei der Budgeterstellung angenommen 2,7 %, ergänzte ein Experte des Finanzministeriums.

Maximilian Linder (FPÖ) sprach das Kommunale Investitionsprogramm (KIP) für die Gemeinden an. Aufgrund der "dramatischen finanziellen Lage" der Gemeinden könnten viele davon nicht den Eigenmittelanteil von 50 % stemmen, weshalb erst rund 350 Mio. € abgerufen worden seien. Änderungen seien derzeit nicht angedacht, hielt Staatssekretär Tursky fest. Man wolle die im Rahmen des Finanzausgleichs getroffenen Maßnahmen für Gemeinden abwarten. Laut einem Experten des Finanzministeriums gibt es derzeit seitens des Gemeinde- und Städtebunds keine Hinweise, dass die Mittel des KIP aufgrund der Eigenmittelquote nicht abgerufen werden könnten.

Was die von Karin Doppelbauer (NEOS) angesprochenen Minderausgaben im Bereich Bildung betrifft, informierten Tursky und eine Expertin des Ministeriums, dass dies aufgrund geringerer Personalauszahlungen infolge der Situation am Arbeitsmarkt sowie auf weniger Ausgaben für Förderstunden und COVID-19-Maßnahmen zurückzuführen sei.

Kai Jan Krainer (SPÖ) kritisierte, dass der Bund durch die Gewinnabschöpfung von Energieunternehmen, anstatt der angekündigten 2 bis 4 Mrd. € nur "erbärmliche" 255 Mio. € eingenommen habe. Ursprünglich seien diese Mittel für die Finanzierung der Energiebeihilfen gedacht gewesen, weswegen sich nun ein zusätzliches Defizit von 3 Mrd. € ergeben habe. Der ursprünglich angenommene Betrag habe auf einer Einschätzung der EU-Kommission beruht, betonte Staatssekretär Tursky. Positiv sei, dass sich die Energiemärkte deutlich schneller als erwartet erholt hätten. Zudem hätten die Energieerzeuger hohe Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz geltend gemacht.

Mittelverwendungsüberschreitungen im vierten Quartal 2023

Im vierten Quartal 2023 wurden Mittelverwendungsüberschreitungen in Höhe von 3,07 Mrd. € im Finanzierungshaushalt und 3,53 Mrd. € im Ergebnishaushalt genehmigt, informiert der Bericht des Finanzministers (147/BA). Die Überschreitungen wurden zu 59 % durch Kredite, zu 39 % durch Mehreinzahlungen und zu 2 % durch Umschichtungen bedeckt. Die  größte Überschreitung gab es mit insgesamt 586,8 Mio. € im Zusammenhang mit Zahlungen nach dem Epidemiegesetz und nach dem COVID-19-Zweckzuschussgesetz.

In Bezug auf das Gaspipeline-Ausbauprojekt WAG-Loop in Oberösterreich, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS), dass der Ball zur Finanzierung zwischen Finanz- und Klimaschutzministerium "hin und her geschoben" werde. Laut einem Experten des Finanzministeriums gibt es für die Finanzierung eine Ermächtigung für Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung bis maximal 1,6 Mrd. €. Hier gehe es aktuell noch um die Abklärung von Detailfragen.

Volatiles Zinsumfeld im Jahr 2023

Das Zinsumfeld 2023 sei maßgeblich von anhaltend hohen Inflationsraten, den geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken zu deren Eindämmung sowie immer wieder aufkommenden Rezessionsängsten geprägt gewesen, so der Bericht des Finanzministers über das Eingehen, die Verlängerung und die Konvertierung von Finanzschulden und Währungstauschverträgen. Im Jahresbericht 2023 wird über die aufgenommenen Schulden und Währungstauschverträge sowie über Tilgungen und Kredite für Länder sowie sonstige Rechtsträger des Bundes informiert (150/BA). Die im Jahr 2022 von der Europäischen Zentralbank (EZB) begonnene Zinswende sei im Jahr 2023 fortgesetzt worden. Durch die Erhöhung der Leitzinsen seien auch die Renditen für 10-jährige österreichische Bundesanleihen von 3,13 % p.a. auf 3,63 % p.a. gestiegen, bevor sie gegen Jahresende deutlich absanken und das Jahr mit 2,60 % p.a. abschlossen. Die Gründe dafür sind laut einem Experten des Finanzministeriums die ab Mitte Oktober um über einen Prozentpunkt gefallenen Zinsen sowie geänderte Markterwartungen.

Kai Jan Krainer (SPÖ) fragte nach den Risiken und Verlusten der über die Oesterreichische Kontrollbank aufgenommenen Schweizer Frankenkredite zur Exportförderung. Das schwebende Risiko bewege sich derzeit bei rund 6,5 Mrd. € und sei in den letzten Jahren durch die internationalen Verwerfungen gestiegen, antwortete ein Experte des Finanzministeriums. Deshalb habe man sich für einen langfristigen und budgetschonenden Abbau bis zum Jahr 2055 entschlossen. Genaue Zahlen würden schriftlich nachgeliefert. Der Bund selbst habe keine Schulden in Fremdwährungen, ergänzte Staatssekretär Tursky.

Bundeshaftungen waren 2023 rückläufig

Was den Ausnützungsstand der Haftungen des Bundes für Kapital betrifft, betrug dieser Ende 2023 92,7 Mrd. € und reduzierte sich damit im Vergleich zu Dezember 2022 um 3,6 Mrd. €. Diese Reduktion wird vom Finanzministerium auf die Verringerung des Haftungsstandes insbesondere in den Bereichen Ausfuhrförderung (2,1 Mrd. €) sowie Verkehr und Infrastruktur (1,3 Mrd. €) zurückgeführt. COVID-19 Haftungen wurden im Jahr 2023 keine mehr übernommen, informiert das Finanzministerium (151/BA).

Quartalsberichte zum ESM und Euro-Krisenländern

Der Bericht des Finanzministers über die im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) getroffenen Maßnahmen im 4. Quartal 2023 (149/BA) informiert, dass bezüglich der ausbezahlten Finanzhilfen an Spanien und Zypern derzeit keine Risiken für die Bedienung der vergebenen Darlehen an die beiden Länder bestehen. Was das ESM-Finanzhilfeprogramm für Griechenland betrifft, verfüge das Land weiterhin über die Mittel, seinen Verbindlichkeiten nachkommen zu können. Von den insgesamt 61,9 Mrd. € an Griechenland ausbezahlten Hilfsdarlehen waren Ende 2023 noch 59,9 Mrd. € ausständig. Für Spanien sind von insgesamt 41,3 Mrd. € noch 16,4 Mrd. offen. Die an Zypern vergebenen 6,3 Mrd. € an ESM-Darlehen werden ab 2025 zurückbezahlt.

Laut dem Quartalsbericht zur Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) (152/BA) betrugen die kumulierten Zinseinnahmen aus den bilateralen Darlehen für Griechenland Ende 2023 rund 166,4 Mio. €. Seit Beginn der Tilgungszahlungen im Juni 2020 hat Griechenland von den insgesamt ausbezahlten 1,56 Mrd. € rund 392,6 Mio. € an Österreich zurückbezahlt. Zudem hat Griechenland im Dezember 2023 die Tilgungszahlungen für 2024 und 2025 frühzeitig geleistet.

Karlheinz Kopf (ÖVP) wertete es als positiv, dass Griechenland die Raten für 2024 und 2025 vorzeitig zurückgezahlt habe und fragte nach dem aktuellen Stand der ESM-Reform. Maximilian Linder (FPÖ) erkundigte sich nach einer Gesamtrechnung zu den österreichischen "Auslandshilfen". Christoph Matznetter (SPÖ) interessierte sich für die Gründe für das langfristige Rückzahlungsrisiko Spaniens und warum das ESM-Direktorium auf eine frühzeitige Rückzahlung der im Rahmen der sogenannten Greek Loan Facility ausbezahlten Darlehen verzichtet habe.

Dies sei aus Rücksicht auf das griechische Budget erfolgt, informierte Staatssekretär Florian Tursky. Das langfristige Rückzahlungsrisiko Spaniens sei auf Unklarheiten bei der Pensionsentwicklung zurückzuführen. Zur Frage nach einer Gesamtrechnung der Finanzhilfen, hielt Tursky fest, dass für das österreichische Budget keine Kosten und Zinsen entstehen würden. Diese seien grundsätzlich von den Empfängerländern zu zahlen. Was die ESM-Reform betrifft, stecke diese derzeit im italienischen Parlament fest, so der Staatssekretär. (Fortsetzung Budgetausschuss) mbu/med

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.