Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 78

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kürzung, das ist deren Beitrag dafür, daß sie ein gutes Gesundheitssystem haben, das sich mit allen Systemen in Europa messen kann, und zwar ein Gesundheitssystem, das auch bei steigendem Alter jedem garantiert, daß er am medizinischen Fortschritt teilhaben kann.

Primär sind Einsparungen in der Größenordnung von 4 Milliarden Schilling – ich möchte sie hier nicht im Detail ausführen – sowie die Einrichtung einer Controllingstelle durchgesetzt, die künftig ein besseres Kostenmanagement im Hauptverband sicherstellen wird.

Versprechen, daß es den medizinischen Fortschritt und alle Neuerungen auch in Zukunft für alle geben kann, ohne daß man dafür auch einen kleinen Beitrag zahlt, das kann ich nicht, aber eine sozial gerechte Lösung habe ich heute dem Ministerrat vorgelegt. Der Ministerrat hat sie beschlossen. Sie wird dem Hohen Haus demnächst zugehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Peter Rieser. Ich erteile es ihm.

14.22

Bundesrat Peter Rieser (ÖVP, Steiermark): Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Sozialbericht – und wenn man ihn studiert, dann sieht man, daß er eine echte Fundgrube ist – ist leider nicht aktuell. Ich glaube, hierin sind wir uns alle einig, daß es sicherlich viel besser wäre, würden wir gegenwärtig den Bericht 1995 diskutieren können. Aber trotzdem glaube ich, daß es notwendig ist, daß wir uns ernstlich mit diesem Bericht auseinandersetzen und daß wir auch versuchen, in die Gegenwart zu blicken, um daraus Resultate für die Zukunft zu finden.

Hohes Haus! Noch mehr Menschen als befürchtet werden ihre Arbeit verlieren. Die Beschäftigung wird laut Wirtschaftsforschungsinstitut weiter sinken. 30 000 Arbeitsplätze werden heuer verlorengehen. 1997 werden es weitere 25 000 sein, Herr Bundesminister! Und die Zahl der Arbeitslosen wird laut Wirtschaftsforschungsinstitut 1996 und 1997 jeweils um weitere 20 000 ansteigen. Das heißt, in Österreich wird es Massenarbeitslosigkeit geben. Das Ziel "Arbeit für alle" darf nicht geopfert werden. Wenn auch der Staat keine Arbeitsplätze schaffen kann, so hat er Rahmenbedingungen zu setzen, und die Politik hat eine Gesamtverantwortung zu tragen, aus der sie sich nicht auf leisen Sohlen verabschieden darf. (Bundesrätin Kainz: Das ist Wirtschaftspolitik!)

Liebe Kollegin! Sie sagen, das ist Wirtschaftspolitik. Aber: Sozialpolitik, Arbeitsplatzpolitik ist auch Wirtschaftspolitik, und wir müssen das auch in einem Zusammenhang sehen. Es wäre lächerlich, meine sehr Verehrten – im Sozialbericht sind die Arbeitslosen ja auch ausgewiesen –, die vorhandene Arbeitslosigkeit mit dem Weg in die "europäische Normalität" erklären zu wollen. Die Arbeit geht uns nicht aus! Der Ertrag der Arbeit ist groß genug! Was auf die Gesellschaft und insbesondere auf die Politik zukommt, ist die Frage nach einer gerechten Verteilung von Arbeit und Einkommen.

Zuallererst, meine sehr Verehrten, geht es natürlich auch darum, den Wirtschaftsstandort Österreich zu stärken. Wir haben alle Chancen dazu. Gewiß, mit der Ostöffnung erleben wir eine direkte Konkurrenz an unseren Grenzen, mit Arbeitskosten wie früher in Ostasien. Bestimmte Branchen sind deshalb nicht mehr konkurrenzfähig. Dieses Rad der Geschichte möchte ich aber auch nicht zurückdrehen. Es kann nicht unser Ziel sein, mit Niedriglohnländern zu konkurrieren oder Arbeitnehmer gegeneinander auszuspielen: jung gegen alt, Ausländer gegen Inländer. – Diesen Kampf, meine sehr Verehrten, verlieren wir alle! Denn niemand hat etwas davon, wenn die Kaufkraft der Arbeitnehmer – diese sind ja zum überwiegenden Teil die Konsumenten! – schwindet oder es gar neue Armut gibt.

Arbeitskosten senken, hat Kollege Pischl gefordert, und zwar die Lohnnebenkosten, nicht die Löhne. Die Lohnnebenkosten betragen hierzulande bis zu 102,3 Prozent! Damit liegen wir an der Spitze von 19 weltweit untersuchten Industrieländern. Bei den direkten Lohnkosten liegen wir an neunter Stelle und damit im Mittelfeld. (Bundesrätin Kainz: Sechs prominente Unternehmensberater verweisen das ins Reich der Märchen!) Liebe Kollegin! Mit einer Selbständigen


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