Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 48

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Besonders hervorstreichen möchte ich, wie es auch schon mein Vorredner getan hat, den deutlich verbesserten Opferschutz durch das neue Gesetz. Es waren die bisherigen Bestimmungen der Exekutionsordnung, nach denen ein Gewalttäter mittels einstweiliger Verfügung zum Verlassen der Wohnung aufgefordert werden konnte, viel zu streng. Es war daher sehr schwer, den Opfern zu helfen. Der Exekutive war es bisher unmöglich, vorbeugende Schutzmaßnahmen gegen drohende Gewalthandlungen in der Familie zu setzen. Mit der heutigen Gesetzesvorlage werden die Voraussetzungen für einen wesentlich verbesserten Opferschutz in diesem Bereich geschaffen.

Herzstück dieser Gesetzesvorlage ist sicherlich das neue Wegweiserecht, wie es auch schon angesprochen wurde, das potentielle Gewalttäter zum Verlassen der Wohnung oder der unmittelbaren Umgebung auffordern und die Rückkehr dorthin verbieten kann. Damit wird die bisher untragbare Situation verändert, wonach absurderweise meistens das Opfer aus der Wohnung flüchten mußte, während der Täter dort verbleiben konnte. Dieses neue Wegweiserecht sehe ich als dringend notwendig an, um Opfer vor Tätern wirkungsvoll schützen zu können, damit auch die Exekutivorgane brauchbares Werkzeug, um schützend und vorbeugend eingreifen zu können, bekommen.

Weiters möchte ich noch ganz kurz die Ausdehnung der Möglichkeiten von Ersatz und immateriellen Schaden nach § 1328 ABGB hervorheben. Nunmehr wird diese Opferentschädigung in allen Fällen der Paragraphen zugelassen. Durch die Erweiterung des Begriffes Beeinträchtigung der geschlechtlichen Selbstbestimmung werden nun auch Entschädigungen für Fälle möglich, die bisher in nicht zu rechtfertigender Weise ausgeschlossen waren.

Mit diesen beiden Neuerungen werden den Opfern von Gewalt in jeder Form wesentlich mehr Rechte und Schutz zugestanden. Es wird nicht nur die Prävention ausgebaut, es werden auch nach den begangenen Taten die Schadenersatzansprüche auf eine breitere Basis gestellt.

Damit ist die Gesetzesvorlage nicht nur im Sinne aktiver Maßnahmen gegen gesellschaftliche Gewalt in allen Formen, sondern auch als Mittel zur verbesserten Schadenswiedergutmachung zu begrüßen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

11.44

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Monika Mühlwerth. Ich erteile es.

11.44

Bundesrätin Monika Mühlwerth (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Meine Vorredner haben es schon angesprochen. Das Thema Gewalt in der Familie ist ein gesellschaftliches Phänomen, leider nicht nur in unserer Zeit. Und so, wie es die beiden Vorredner schon erwähnt haben, vergeht kaum ein Tag, wo nicht in der Zeitung über Gewaltakte in der Familie berichtet wird. Man darf nicht vergessen, daß Gewaltausübung nicht nur eine körperliche ist, sondern auch eine psychische. Und sie betrifft nicht nur Männer, sie betrifft auch Frauen. Auch von Frauen kann Gewalt ausgehen.

Gewalt ist in jeder Form – egal, von welcher Person Gewalt ausgeht – abzulehnen. Ich glaube, daß mit dem Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wird. Es ist für das Opfer eine wesentliche Verbesserung entstanden. Ich glaube aber auch, daß es für die Sicherheitsbehörden vereinfacht wird, bei Gewaltandrohung oder -ausübung einzuschreiten, wobei es wesentlicher ist, schon bei Androhung von Gewalt einzuschreiten. Ich habe schon mit vielen Polizisten darüber gesprochen, die oft das Problem hatten, daß wohl die Androhung der Gewalt vorhanden war, sie aber nicht einschreiten konnten. Und wenn dann doch etwas passiert ist, dann mußten sie sich wieder rechtfertigen, warum sie den Gewalttäter nicht mitgenommen haben.

Man muß sagen, das Gesetz ist gut gemeint, und es ist auch grundsätzlich richtig. Und trotzdem gibt es einige Unschärfen, die angesprochen werden müssen. Es wird für einen Beamten sehr schwierig sein, festzustellen, vor allem bei psychischer Gewaltausübung oder Gewaltandrohung, ob es tatsächlich eine Gewalt oder eine Androhung von psychischer Gewalt gibt oder nicht. Ich


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