Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 65

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Geld erleidet, ist, tut und will das, was die Bevölkerung macht. Aber der Euro, die Kunstwährung, ist ein Mißbrauch, ein Mißbrauch der Österreicher für eine verfehlte Politik.

Man spricht hier auch von osteuropäischen Reformstaaten – ebenso ein Mißverstehen der Geschichte. Es handelt sich in diesem Fall um mitteleuropäische Reformstaaten, meine Damen und Herren! Das ist es! Sie sprechen von Osteuropa, als ob das etwas Schlechtes, weit Entferntes wäre. Unsere Nachbarstaaten bis weit in die Ukraine und ins Schwarze Meer hinein sind mitteleuropäische Staaten. Machen Sie sich einmal mit diesem geographischen Begriff vertraut! Denken Sie daran, Europa wurde jahrhundertelang von Prag und von Wien aus regiert, und Brüssel war eine kleine Provinzstadt, in die unliebsame spanische Granden geschickt wurden, um sich ein bißchen in der Verwaltung zu üben. Aber Wien und Prag – das war Mitteleuropa, das war Europa! Und diese Bundesregierung gibt diese Geschichte auf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.42

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Payer. – Bitte.

13.42

Bundesrat Johann Payer (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Die heutige Regierungserklärung des neuen Bundeskanzlers Viktor Klima fußt auf dem Koalitionsübereinkommen, das nach dem Dezember 1995 von SPÖ und ÖVP abgeschlossen wurde, und dieses Koalitionsübereinkommen, das nicht einfach zu erreichen war – es war ein Kompromiß –, hat mitgeholfen, ein Konsolidierungsprogramm zustande zu bringen, um das uns andere Staaten beneiden. Die von mir angesprochene Konsolidierung wurde nämlich ohne Gefahr für den sozialen Frieden erreicht und stellt gleichzeitig sicher, daß wir die Kriterien für den Eintritt in die Europäische Währungsunion erreichen werden.

In Richtung des Herrn Gudenus sei gesagt: Ohne Währungsunion wäre eine Desintegration in Europa angesagt. Ich glaube aber, wir brauchen mehr Integration.

Die heutigen Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers werte ich als eine grundlegende Bestätigung der weiteren Zusammenarbeit zwischen den beiden Regierungsparteien. Ich bin auch überzeugt davon, daß die Geschichtsschreibung die zehn Jahre der Regierung Franz Vranitzky sehr positiv bewerten wird, anders als diese Arbeit in den vergangenen Wochen, aber auch heute von einigen Oppositionsrednern kommentiert wurde. Franz Vranitzky hat das politische Leben in den letzten zehn Jahren so nachhaltig geprägt wie vor ihm Bruno Kreisky. Franz Vranitzky manövrierte unser Land aus einer internationalen Isolation. Er bewahrte uns vor einer schwarz-blauen Koalition, und er führte uns in die EU. Ich bin davon überzeugt, daß die Geschichte diesen Weg einmal als richtig darstellen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Vergessen wir nicht, daß sich die wirtschaftlichen Gegebenheiten sehr rasant ändern und daß es daher notwendig ist, auf die Entfesselung der Kräfte des Weltmarktes – ich verwende hier einen Ausdruck, den man in der Wirtschaftsliteratur in den letzten Monaten immer wieder findet – Antworten zu finden. Bedenken wir, daß durch die Globalisierung der Wirtschaft die politischen Handelsspielräume reduziert werden.

Es stimmt mich aber etwas bedenklich, wenn von der Opposition versucht wird, über den drittreichsten Staat der EU, nämlich über unser Österreich, wirtschaftliche Horrorszenarien zu malen. Gegen diese Szenarien sprechen die guten Wirtschaftdaten – der Bundeskanzler hat sie angeführt –, aber auch laut einer jüngst veröffentlichten Studie der Arbeiterkammer Wien beträgt das durchschnittliche Haushaltsvermögen der Österreicher stolze 1,8 Millionen Schilling. (Bundesrat Dr. Tremmel: Milliarden!) – Millionen Schilling. Jährlich werden hierzulande nicht weniger als 100 Milliarden – und ich betone: Milliarden – vererbt oder verschenkt, und von diesen 100 Erbschaftsmilliarden fließen nur 0,1 Prozent in die Staatskasse. Ich möchte diese 0,1 Prozent nicht weiter kommentieren, aber Sie können sich vorstellen, daß ich hier eine andere Meinung zu dieser Besteuerung habe. (Bundesrat DDr. Königshofer: Vielleicht möchten Sie gleich alles haben! Dann können Sie die Staatsschulden begleichen! 100 Milliarden zu 100 Milliarden!) Ich weiß nicht, ob diese 0,1 Prozent wirklich für diese Milliarden angemessen


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