Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 96

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greife aber trotzdem etwas heraus, und zwar möchte ich besonders die Situation der kleinen Vereine aufzeigen.

Es wird im Sportbericht 1995 – wie es auch der Herr Staatssekretär vorhin angesprochen hat – auf die besondere Bedeutung der Förderung des Breitensportes hingewiesen. Es gibt in dem Sportbericht auch eine Empfehlung des Ministerkomitees unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen von 1989 – ich zitiere –: "... das Recht des Kindes auf Spiel und Freizeitaktivitäten, die dem Alter des Kindes angemessen sind." – All das sind richtige Erkenntnisse, und wir können das auch unterstützen, ebenso wie den Hinweis, daß sich die Kinder innerhalb der Schulen und auch außerhalb des Schulbereiches sportlich betätigen sollen.

Leider steht das oft genug im Widerspruch zur Wirklichkeit. Denn betrachten wir den Verlauf von Turnstunden in einer Schule – alle, die Kinder in einer Schule haben oder selbst in einer Schule tätig sind, wissen, wie sich oft genug der Turnunterricht gestaltet –: Die Turnsäle sind oftmals zu klein, daher sind die Schüler gezwungen, in einen anderen, größeren Turnsaal auszuweichen, was schon mit einer Wegzeit verbunden ist. Das heißt, bis man dort ist, bis sich die Kinder umgezogen haben – wenn man dann noch die Zeit abrechnet, die sie brauchen, bis sie sich wieder angezogen haben –, bleibt von einer Doppelturnstunde gerade noch eine Turnstunde über.

Es ist auch leider eine Tatsache, daß die traditionellen Turngeräte, so wie es Kollege Gerstl richtigerweise gefordert hat, nicht mehr verwendet werden. Das ist nicht der Fall, weil es oft heißt: Macht halt, was euch Spaß macht! – Mit viel Glück wird das ein Ballspiel sein. Es schadet auch nicht, wenn die Kinder laufen. Ein Turnunterricht aber in dem Sinne, daß ich sage, der gesamte Körper wird trainiert, ist es wohl nicht.

Gefördert werden in dem Sportbericht vor allem große Vereine. Die großen Dachverbände, die großen Vereine finden dort ihre Förderungen auch in Zahlen wieder. Die kleinen Vereine, die keinem großen Dachverband unterstehen – davon gibt es genug –, werden dieser Förderungen leider nicht teilhaftig. Im Zuge der Schulautonomie, die es jetzt gibt, können jetzt im Gegensatz zu früher von den Bundesschulen Mieten verlangt werden. Früher hat der Schulwart für die Reinigung ein gewisses Entgelt bekommen, oder man hat eine kleine Miete gezahlt. Jetzt hat sich die Höhe der Miete oft verdoppelt, sodaß kleine Turnvereine – um diese geht es im wesentlichen – kaum mehr in der Lage sind, das zu finanzieren, weil sie auch nicht von ihren Mitgliedern solch hohe Mitgliedsbeiträge einfordern können, die diese Mieten abdecken würden. Das heißt, es wird immer schwieriger und immer weniger leistbar, auch kleinen Vereinen ihre Lebensberechtigung zu geben.

In den Medien wird immer wieder aufgezeigt, daß unsere Kinder Haltungsschäden haben, daß das Aggressionspotential steigt, weil es nirgendwo ausgelebt werden kann. Parks gibt es auch immer weniger, und auf dem Fußballplatz in einem größeren Park herrscht meistens der große Streit, weil ihn schon eine Gruppe besetzt hält und sagt: Ihr kommt da jetzt nicht mehr hinein! – Im Gegensatz zu früher, als man noch auf der Straße Fußball spielen oder Fangen spielen konnte, wird jetzt immer mehr eingeschränkt, sodaß wir auf kleinere Vereine angewiesen sind, damit die Kinder wenigstens dort die Möglichkeit haben, sich körperlich zu betätigen. All das wird aber in diesem Sinne immer schwieriger.

Über die Schulschikurse – diese hat man zusätzlich zum Turnunterricht auch noch mit hineingenommen – war erst in dieser Woche im "Kurier" ein Artikel, daß sich immer weniger Familien diese Schulschikurse leisten können. Ich habe das jetzt bei meiner Tochter gesehen, deren Klasse in zwei Wochen auf Schulschikurs fährt. Es können sieben Kinder aus finanziellen Gründen nicht mitfahren. Es wird dann auch dem Elternverein irgendwann einmal zuviel, daß er da helfend einspringen kann. Es ist dies in diesem Fall ein Drittel der Klasse, und das ist nicht gerade wenig.

Der Breitensport – und damit auch diese kleinen Vereine, auf die ich hinweisen wollte – ist natürlich auch wichtig, denn je größer das Reservoir ist, aus dem ich schöpfen kann, umso mehr Spitzensportler kann ich dann "heranzüchten". Es nützt nichts, wenn ich sage: Der Spitzensport


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