Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 44

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Unterrichts, die sich dem höheren Lebensalter und der Berufstätigkeit der Studierenden anpassen kann.

Die eigenverantwortliche Entscheidungsmöglichkeit, die grundsätzliche Möglichkeit für Erwachsene, auch mit Nicht genügend aufzusteigen, scheint mir sehr wichtig zu sein, weil man doch davon ausgehen kann, daß man als Erwachsener selbst in der Lage ist, zu beurteilen, was man im Laufe des Semesters nachholen kann.

Auch die Einbeziehung des Fernunterrichts beziehungsweise diesen auch schulunterrichtsgesetzlich zu verankern, scheint mir eine wichtige Maßnahme zu sein. Dabei ist klar, daß die berufliche Erfahrung – und einschlägige Erfahrung in sonstigen Bereichen – gerade von Studierenden, die nicht im Grundschulsystem beginnen, letztendlich natürlich auch Bedeutung hat. Die Möglichkeit, direkt in höhere Semester einsteigen können, scheint mir in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Maßnahme zu sein.

Als positiv erachte ich auch die Möglichkeit, daß punktuelle Prüfungen gegenüber der Feststellung der Mitarbeit im Vordergrund stehen, wonach zwar die Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht grundsätzlich aufrecht bleibt, es aber gleichzeitig eine weitgehende Sanktionslosigkeit gibt, die Rücksicht auf Beruf, auf Familie et cetera nimmt.

Gerade im Hinblick darauf, daß die Politik – in einer Zeit, in der die Arbeitsmarktsituation so angespannt ist wie in der heutigen – herausgefordert ist, alle Maßnahmen zu setzen, die uns die Chance geben, die Situation besser bewältigen zu können, wird meine Fraktion diesen Gesetzentwürfen die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.28

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Ludwig. – Bitte.

11.28

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! 1996 war das "Europäische Jahr für das lebensbegleitende Lernen". Ziel dieses Aktionsjahres war es, den Themenschwerpunkt "Erwachsenenbildung" in allen Staaten der Europäischen Union, so auch in Österreich, hervorzuheben und zu verankern. Ich sehe das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige unter diesem Gesichtspunkt – nämlich als Maßnahme, jungen Erwachsenen den Zugang zu Bildungseinrichtungen zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

Ich habe großen Respekt vor all jenen Berufstätigen, die sich trotz Mehrfachbelastung durch familiäre, aber auch berufliche Bedingungen dazu entschließen, einen weiteren Schulgang zu durchlaufen, sich in einer Schule für Berufstätige einzuschreiben und damit auch eine sehr große Belastung ihres Privatlebens auf sich zu nehmen. Trotz aller Belastung ist dies ein richtiger Weg, weil wir wissen, daß zusätzliche Ausbildung und zusätzliche Abschlüsse bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt garantieren. Besonders im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit junger Erwachsener sind zusätzliche Qualifikationen von großer Bedeutung, wenngleich wir heute auch wissen, daß es die Automatik: "Bessere Ausbildung ist automatisch ein sicherer Arbeitsplatz" nicht mehr gibt.

Ich möchte an dieser Stelle den Soziologen Ulrich Beck zitieren, der zu dieser Situation gemeint hat: Die Zertifikate, die im Bildungssystem vergeben werden, sind keine Schlüssel mehr zum Beschäftigungssystem, sondern nur noch Schlüssel zu den Vorzimmern, in denen die Schlüssel zu den Türen des Beschäftigungssystems verteilt werden. – Ich meine, dieses Zitat zeigt sehr deutlich, daß es zwar schwieriger geworden ist, selbst mit guten Ausbildungen, mit guten Qualifikationen einen Arbeitsplatz zu bekommen, daß aber dennoch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für besser Ausgebildete weitaus günstiger sind.

In diesem Gesetz werden alle Formen von Schulen für Berufstätige – allgemeinbildende höhere, berufsbildende mittlere und berufsbildende höhere Schulen und Lehranstalten – erfaßt und bekommen durch dieses Gesetz auch die notwendige Rechtssicherheit. Da es bei den Schulen


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