Bundesrat Stenographisches Protokoll 639. Sitzung / Seite 116

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Meine Damen und Herren! Darüber, welche Bewertungsmethoden es gibt, kann auch jeder Unternehmer ein Lied singen und Geschichten schreiben, wenn es im privaten Bereich zu Eigentumsübertragungen kommt. Ich nenne nur ein Beispiel – und hier fehlt mir der Aufschrei des Wirtschaftsbundes –: Bei Betriebsübergaben wird alles, von der letzten Schraube und der kaputten Glühbirne angefangen bis hin zu den Baulichkeiten, bewertet. Es ist einfach unglaublich, welche Bewertungstortur die Privatwirtschaft gemäß Privatrecht bei Eigentumsübertragungen durchzumachen hat.

Meine Damen und Herren! Nicht zuletzt wissen Sie sicherlich auch, welche Verfahren man im Falle eines Nachlasses und Erbfalles über sich ergehen zu lassen hat. Ihnen ist bekannt, was in diesem Bereich alles bewertet wird, damit festgestellt wird, welcher Wert vererbt oder übertragen wird oder in die Hinterlassenschaft einfließt.

Im Bewußtsein dessen stellen Sie von den Regierungsparteien sich hin und wollen das Dorotheum ohne Bewertung, ohne über seinen Wert zu reden, in die ÖIAG eingliedern. Meine Damen und Herren! Da fehlt jede Logik und jede Vernunft, und das bedeutet nicht nur einen sorglosen Umgang mit Steuergeld, sondern im weitesten Sinn auch eine Verhöhnung des Bürgers und der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wenn es Ihr Ziel ist, die Bevölkerung mit dieser Vorgangsweise zu verhöhnen, dann sollten Sie den Mut haben, offen zu sagen, daß Sie zwischen öffentlichem und privatem Gut unterscheiden, daß öffentliches Gut von Ihnen anders behandelt und bewertet wird als privates Gut und privates Eigentum! Haben Sie den Mut, sagen Sie es dem Bürger! Handeln Sie nicht nur danach, sondern haben Sie auch den Mut, den Wählerinnen und Wählern, den Bürgern gegenüber zu dieser Entscheidung zu stehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.26

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann das Wort.

17.26

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich möchte mich in meinen Ausführungen auf den Tagesordnungspunkt 9, die Privatisierung des Dorotheums, beschränken, weil ich denke, daß einige Klarstellungen meinem Vorredner gegenüber nötig sind.

Meine Damen und Herren! Es war die Freiheitliche Partei, die in einem Entschließungsantrag vom 14. März 1996 von der Bundesregierung verlangt hat, raschest das Dorotheum zu privatisieren. Man hat in diesem Entschließungsantrag dem Finanzminister sogar eine Frist bis zum Sommer 1996 gesetzt. Nun aber möchte sich die Freiheitliche Partei mit einer mehr als fadenscheinigen Ausrede von diesem seinerzeitigen Antrag distanzieren. (Bundesrat Weilharter: Die Methode ist es, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren! Gerade die ÖIAG, der das Dorotheum übertragen werden soll, hat sich in den letzten Jahren als die Privatisierungsagentur der österreichischen Bundesregierung bewährt. (Bundesrat DDr. Königshofer: Austrian Industries, die haben Sie filetiert und verkauft!) Herr Kollege! Schauen Sie sich einmal die Berichte der ÖIAG der letzten Jahre an! Die ÖIAG hat im Ausmaß von 28,6 Milliarden Schilling privatisiert, und die ÖIAG-Aktienplazierungen gelten international als besonders wichtig und wertvoll. Ich glaube, die ÖIAG ist die einzige Institution, die diese Privatisierung durchführen kann.

Andere Länder wie Großbritannien schaffen eigene Privatisierungsagenturen. Ich glaube, wir können uns in diesem Fall durchaus des Know-hows der ÖIAG bedienen. Da Sie gesagt haben, Kollege Weilharter, es sei keine Bewertung durchgeführt worden, möchte ich Sie daran erinnern, daß die ÖIAG zu 100 Prozent dem Bund gehört. Das heißt, es ist kein Verkauf im eigentlichen Sinn, sondern das Dorotheum wird an die ÖIAG übertragen. Wenn Sie die Erläuterungen zum Gesetz genau gelesen hätten, wüßten Sie, daß darin die Bedingungen angeführt sind, unter


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