Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 28

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Meine Damen und Herren! Sie beugen und biegen in diesem Fall die Verfassung, wie es Ihnen beliebt. – Das ist der Vorwurf von seiten der Opposition!

Daß wir die Neutralität kritisch sehen, daß wir zu den Petersberg-Aufgaben positiv stehen, wissen Sie, deshalb fordern wir Sie auf: Machen Sie eine offene, ehrliche Politik in der Frage der Neutralität, führen Sie eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Neutralität und den Beitritt zur NATO durch! Es ist höchste Zeit, daß Sie das endlich tun! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir werden Ihnen in dieser Debatte heute klarmachen, daß Sie mit dem Amsterdamer Vertrag einen unzureichenden und in weiten Bereichen falsche Voraussetzungen schaffenden Vertrag unterzeichnen werden. Um die Europäische Union nämlich tatsächlich auf eine größere Mitgliederzahl einzustellen, wäre eine echte Reform der Entscheidungsprozesse, ein Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte und eine vollständige Neuorientierung der Agrar- und Strukturpolitik notwendig gewesen. All diese Bereiche werden im zu ratifizierenden Vertrag nur andeutungsweise berührt. Wir Freiheitlichen werden deshalb nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kone#ny. – Bitte.

15.25

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, daß ich irgendwie das Gefühl habe, im falschen Witz zu sein. Wir beraten heute den Amsterdamer Vertrag und werden ihn beschließen, und ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß es sich dabei im Verständnis der FPÖ um eine wehrpolitische Angelegenheit handelt. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Auch!) Richtig! Auweh! Das würde ich auch sagen. (Bundesrat Dr. Tremmel: Daß Sie seit neuestem unter Hörfehlern leiden, ist mir neu!) Es war Herr Kollege Bösch, der den Amsterdamer Vertrag in dieser Form abgehandelt hat.

Ich glaube, wer immer sich mit diesem Thema beschäftigt, sollte den Amsterdamer Vertrag studieren, sollte sich mit dem Projekt der Europäischen Union befassen und sich dann – von mir aus durchaus kritisch – mit der schrittweisen Entwicklung der Europäischen Union auseinandersetzen, die mit Sicherheit über ihre gesamte Bestandsdauer hin eine positive war und im Zuge welcher der Vertrag von Amsterdam, der uns veranlaßt hat, auch eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetz zu beschließen, einen neuen Schritt in einem großen Projekt des europäischen Verständnisses, der europäischen Humanität, aber auch der europäischen Prosperität darstellt. Das ist der Grund, warum wir diesen Vertrag von Amsterdam bejahen und warum wir natürlich diesen Vorlagen zustimmen werden.

Ich gebe ehrlich zu, daß das Projekt der Europäischen Union in seinem Kern sehr stark ökonomisch war. Die Verschiebung der politischen Gewichte, aber auch die gewonnene Erfahrung haben dazu geführt, daß es sich weiterentwickelt hat. Und wenn es ein Friedensprojekt ist – was es sicher ist –, dann ist es zunächst einmal ein Friedensprojekt zwischen den gegenwärtigen Mitgliedstaaten, von denen einige so lange historische Rechnungen miteinander haben, daß die Tatsache, daß diese Rechnungen ganz offensichtlich wirkungsvoll abgeschlossen und saldiert wurden, allein schon ein historisches Verdienst für diesen Kontinent ist.

Wir Sozialdemokraten, die wir heute in der glücklichen Situation sind, der Entwicklung der Europäischen Union in der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten prägend unseren Stempel aufzudrücken, haben mit dazu beigetragen, daß sich diese Union – das kommt im Amsterdamer Vertrag sehr deutlich zum Ausdruck; wenn Sie auch die diesbezüglichen Kapitel gelesen hätten, dann wüßten Sie das – in einem zunehmenden Maße auch als ein Projekt der sozialen Verantwortung versteht, was unter den heutigen Bedingungen bedeutet, daß sie auch ein Projekt der Sicherung der Beschäftigung auf diesem Kontinent ist.

Man kann sicherlich die Schwerpunkte unterschiedlich setzen, was man für besonders wichtig hält, aber für uns steht außer Zweifel: Besonders wichtig in diesem Vertrag von Amsterdam ist


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