Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 30

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Das ist natürlich eine offene Wunde. Sie ist anzugehen, aber sie läßt sich nicht mit einem Federstrich lösen.

Herr Kollege! Solidarität ist keineswegs ausschließlich ein militärischer Begriff. Ganz im Gegenteil: Solidarität ist ein zutiefst zwischenmenschlicher Begriff, weshalb die soziale Dimension, die ökonomische Dimension, die Gleichheitsdimension in allen Bereichen der Union für uns im Vordergrund stehen.

Wir alle haben – jeder einzelne für sich und in verschiedenen Gremien – immer wieder beklagt, wie wenig außenpolitische Gemeinsamkeit die Europäische Union zustande bringt. Auch in dieser Hinsicht bringt der Vertrag von Amsterdam eine neue Stufe, vielleicht nicht die endgültige Lösung, aber die Schaffung einer entsprechenden Koordinierungseinrichtung, nämlich von Mister oder Misses GASP, die Schaffung eines Generalsekretärs für diese Fragen und die Absichtserklärung, die außenpolitische Koordinierung zu verstärken und somit wirklich zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu kommen, sind schon viel wert.

Es ist von einer guten Symbolik, daß der österreichische Bundesrat heute, am zweiten Tag der österreichischen EU-Präsidentschaft, dem Amsterdamer Vertrag zustimmt, der einen weiteren Entwicklungsschritt möglich machen wird. Die österreichische Bundesregierung hat mit ihrer konkreten Absichtserklärung für dieses halbe Jahr deutlich gemacht, wiewenig der Vertrag von Amsterdam eine Endstufe ist, wieviel Neues und wie viele neue Ideen wir als Vorsitzland in die Entwicklung dieser Union einzubringen bereit sind. Wir hoffen und ersuchen unsere Partner, daß wir dabei Resonanz finden.

Aber eines ist klar: Die Ernsthaftigkeit des europäischen Projektes ist wohl von jenen zu vertreten, die es bejahen, und nicht von jenen, die es von vornherein abgelehnt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.36

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Professor Mautner Markhof. – Bitte.

15.36

Bundesrat Dr. h. c. Manfred Mautner Markhof (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Mit der Ratifizierung des Vertrags von Amsterdam, der am 2. Oktober 1997 von allen EU-Mitgliedern unterzeichnet worden ist, wird eine weitere Etappe der Europäischen Integration absolviert, denn mit diesem Vertrag, mit dem das Primärrecht der Europäischen Union geändert wird, werden bedeutende Weichen gestellt, etwa die verstärkte Zusammenarbeit auf den Gebieten Inneres, Sicherheit und Justiz, die Weiterentwicklung in den Bereichen Umwelt, Konsumentenschutz, Soziales oder die Ausweitung des Mitentscheidungsrechtes des Europäischen Parlaments, um nur einige zu nennen.

Nicht zuletzt befassen wir uns heute mit der Änderung des Artikels 23f der Bundesverfassung, der die Mitwirkung Österreichs an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – kurz GASP genannt – und Mitbestimmungsrechte des österreichischen Parlaments festschreibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den Eckpunkten des Amsterdamer Vertrages zählt zweifellos die Stärkung des EU-Parlaments, wobei auch die Institutionenreform angesprochen worden ist. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang bemerken, daß ich es begrüße, wenn man sich für die Diskussion dieser Bereiche ausreichend Zeit nimmt und nicht überstürzt handelt, denn eine Reform der EU-Institutionen gehört nach meinem Dafürhalten zu den wichtigsten Themen überhaupt, mit denen sich die EU zu befassen hat – nicht nur angesichts der anstehenden EU-Erweiterungen.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Subsidiaritätsprinzip zu sprechen kommen, das nicht nur in Amsterdam zur Maxime gemacht wurde, sondern auch auf dem jüngsten EU-Gipfel in Cardiff wurde wieder betont, daß dem Subsidiaritätsprinzip besonderes Gewicht zu geben ist. Auch bei der Konferenz "Österreich und die EU-Präsidentschaft", die Anfang Juni im Chatham House in London stattfand, organisiert von der Österreichischen Botschaft in London und dem


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