Bundesrat Stenographisches Protokoll 647. Sitzung / Seite 29

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Gottfried Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Herr Minister! Worin sehen Sie überhaupt die Schwerpunkte der zukünftigen Mittelstandspolitik?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In unserer Präsidentschaft, Herr Bundesrat, haben wir vor allem bei dem Seminar in Baden – es war ein informeller Ministerrat der Mittelstandsminister der Europäischen Union – remarkable Signale gesendet. Das erste war ein sozialer Dialog. Ich halte es für einen großen Erfolg, daß es während der österreichischen Präsidentschaft gelungen ist, die europäische Organisation der Großindustrie UNICE zu zwingen, mit der UEAPME, der Vertretung der Klein- und Mittelbetriebe, einen Vertrag zu schließen, sodaß künftig in den europäischen sozialen Dialog über diesen Vertrag auch die Klein- und Mittelbetriebe eingeschlossen sind.

Wir haben auch zum ersten Mal bei allen informellen Ministerräten Sozialpartnervertreter zur Diskussion eingeladen, um sie in alle Diskussionsphasen einzuschalten.

Zweiter Punkt: Wenn wir in Europa das bürokratische Regelsystem so vereinfachen, daß es auch von Klein- und Mittelbetrieben beherrschbar ist, haben wir auch die wesentlichen Binnenmarktbarrieren beseitigt.

Der dritte Punkt ist die Erleichterung von Betriebsübertragungen. In ganz Europa wird in den nächsten fünf Jahren fast die Hälfte der Unternehmen an eine neue Generation weitergegeben, wobei in diesem Fall vor allem der Übergang zum Euro eine entscheidende Rolle spielt. Die Älteren unter Ihnen werden sich noch daran erinnern, daß ähnliches in Österreich 1973 beim Umstieg zur Mehrwertsteuer der Fall war. Damals haben Zehntausende Unternehmer gesagt: Das tue ich mir nicht mehr an, das soll jetzt mein Bub oder meine Tochter machen. – Das werden wir in Europa steuern müssen.

Wir haben versucht, Transparenz vor allem bei den Förderprogrammen herbeizuführen. Europa hat nicht zuwenig Eigenkapital, es hat zuwenig Transparenz über die Kapitalform, Venture-Kapital-Finanzierungen. Diesbezüglich haben wir mit den Ländern Koordinationen getroffen. Wir haben uns entschlossen, bei der nächsten Runde der WTO – Weltfreihandelskonferenz –, der sogenannten Millenniumsrunde, ein stärkeres Augenmerk auf jene Bedingungen zu richten, sodaß auch Klein- und Mittelbetriebe im internationalen Handel mitmachen können.

Ein Beispiel: Was hilft der Beitritt Chinas zur WTO, wenn sich Kleinbetriebe dort nicht bewegen können, weil sie das Recht nicht kennen, weil sie schikaniert werden, weil sie keinen Bezug zu Gerichten haben? – Große Unternehmen können das über politische Macht und über Top-Anwälte schaffen, kleine nicht. Das wird eine der Bedingungen für die nächste Zeit sein.

Wir haben versucht, die Idee, die wir in Österreich auch vertreten, einer Verbesserung des Unternehmergeistes und der Unternehmerkultur in Europa auf die Bühne zu bringen. Einer der wichtigsten Faktoren war das gerade auch für die Klein- und Mittelbetriebe, weil sie nicht so selektieren können und der Ausbildungsstand ihrer Mitarbeiter und deren Weiterbildung zu einer der größten Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit wird.

Am Schluß bringe ich noch folgenden Hinweis: Wir haben versucht, in allen Ländern das Gefühl dafür zu wecken, daß sich, egal, wie ein Staat organisiert ist, das One-Stop-Shop-Prinzip durchsetzen muß, nämlich daß nicht ein Unternehmer wissen muß, wie viele Behörden er fragen muß, um was zu dürfen, sondern daß er nur zu einer Stelle zu gehen braucht und dort alle erforderlichen Genehmigungen erhält. Wir werden in Österreich diesbezüglich bald einen Umsetzungsbedarf im Sinne des einheitlichen Anlagenrechts haben.

Präsident Alfred Gerstl: Eine weitere Wortmeldung: Frau Bundesrätin Hedda Kainz, bitte.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite